Mit Denunziation gegen Sozial-Missbrauch
Internetforum sammelt Meldungen / Kritik von Erwerbsloseninitiativen
Private Vereine und der Außendienst der Arbeitsagenturen fahnden nach angeblichem Hartz-IV-Missbrauch und stehen deshalb in der Kritik von Erwerbslosengruppen.
Nicht nur in den Boulevardmedien ist der angebliche Missbrauch von Sozialleistungen von Hartz-IV-Empfängern ein Dauerthema. Auch der »Verein für soziale Aufgaben in Brandenburg e.V.« hatte eine besondere Idee. Auf der Internet-Homepage **** können Nutzer unter der Rubrik »Nachbarn bewerten Nachbarn« Altenpfleger, Eltern oder Politiker bewerten, aber auch angeblichen Sozialmissbrauch melden.
Es gehe dabei nicht um die Diskriminierung von Hartz-IV-Empfängern, sondern darum, die Schwarzen Schafe zu finden, erklärt Joachim Rosseburg gegenüber ND das Ziel dieser Initiative. Der ehrenamtliche Aktivist des Vereins kann in der Internetinitiative keinen virtuellen Pranger erkennen. Alle eingetroffenen Angaben würden genau geprüft. Ergeben sich Hinweise auf einen tatsächlichen Missbrauch von Hartz-IV-Geldern, würden die Daten an die Staatsanwaltschaft übergeben. »Betrug ist Betrug, das gilt für Manager wie für Hartz-Empfänger«, so Rosseburg. Mit dieser Auffassung würde er auch Zustimmung erfahren. Erst kürzlich sei eine größere Geldspende eingegangen.
Allerdings gab es auch harsche Kritik an der Initiative des Vereins. So forderte der Sprecher des Erwerbslosenforums Deutschland, Martin Behrsing, in einer Pressemitteilung, dem »Verein für soziale Aufgaben in Brandenburg« die Gemeinnützigkeit zu entziehen, weil der satzungsgemäße Sinn und Zweck in keinem Fall dem tatsächlichen Handeln nach außen entspreche. »So fordert der Verein ganz offen dazu auf, vermeintliche Sozialleistungsbetrüger in einem öffentlichen Internetforum zu benennen. Für jede erfolgreiche Verurteilung würde der Verein 1000 Euro Belohnung bezahlen. Der eigentliche Vereinszweck ist aber laut Satzung die häusliche Betreuung und Krankenpflege«, moniert Behrsing. Die Internetplattform »Nachbarn bewerten Nachbarn« bezeichnet er als »übelste Denunziation, die an Hetze gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen grenze«. Für Behrsing sind die Hartz-IV-Gesetze und nicht deren angeblicher Missbrauch das Problem.
Daher wendet sich das Erwerbslosenforum auch gegen den bei den Arbeitsagenturen der Städte angesiedelten Außendienst, der zum Aufspüren von Leistungsmissbrauch gegründet wurde. Dessen Aufgaben sind in einer ca. 15-seitigen Arbeitshilfe festgehalten, die der Redaktion vorliegt. Die Überprüfung der Wohnverhältnisse und des Vermögens der Antragsteller und die Feststellung von Bedarfsgemeinschaften gehört dazu. Bei Verdacht auf besonders schwerwiegenden Leistungsmissbrauch könne auch zum Mittel der Observierung gegriffen werden. In der Arbeitshilfe werden auch die »Vorsprache bei Banken und Versicherungen«, »Gespräche mit Nachbarn oder Vermietern« und Hausbesuche bei den Antragstellern zu den Aufgaben der Außendienstmitarbeiter gezählt. Da der Antragsteller keine Mitwirkungspflicht habe, könne der den Zugang zu seiner Wohnung verweigern. Die Folgen werden in der Arbeitshilfe aber auch nicht verschwiegen. »Wird der Zutritt zu der Wohnung dauerhaft verweigert und ist eine anderweitige Sachaufklärung nicht möglich, ist die beantragte Leistung wegen Unaufklärbarkeit des Sachverhalts abzulehnen.«
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