HSH-Nordbank: Eine Entscheidung „zwischen Pest und Cholera"
– oder: Kein konsequenter Bruch mit einer desaströsen Finanzpolitik
Die Hamburger Bürgerschaft stimmte am Mittwochabend dem 13 Milliarden Euro umfassenden Rettungspaket für die angeschlagene HSH Nordbank zu. Am Freitag wird der Landtag in Schleswig-Holstein dem Hamburger Votum wohl folgen. Über zwei Stunden wurde über HSH-Nordbank-Krise diskutiert.
Der Vorsitzende der GAL-Fraktion, Jens Kerstan, verteidigte die Zustimmung seiner Partei zu dem Hilfspaket. Es gebe keine verantwortbare Alternative zur Rettung der Bank. Der Fraktionschef der CDU, Schira sah bei Ablehnung dieses Rettungsplans „eine Gefährdung der Existenz der beiden norddeutschen Bundesländer", als auch die Gefahr des Verlustes von hunderttausenden Arbeitsplätzen.
Noch am Vormittag hatte sich die SPD mit der CDU und GAL auf einen interfraktionellen Zusatzantrag geeinigt, der fast wortgleich der Resolution der beiden Fraktionsvorsitzenden Stegner (SPD) und Wadephul (CDU) aus Schleswig-Holstein folgt. In dem Papier wird unter anderem gefordert, dass der Zufluss von drei Milliarden Euro zu einem Anteil der Bundesländer von zusammen mindestens 85 Prozent führt. Außerdem soll ein Vorstandsmitglied der Bank pro Jahr nicht mehr als 500.000 Euro verdienen dürfen.
Ferner müsse das Geldinstitut eine weitgehende und transparente Trennung in eine Kernbank und eine Abbaubank vornehmen. Wichtig ist den drei Fraktionen zudem, dass Bank und Anteilseigner den Einstieg des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) vorbereiten. Damit soll gesichert werden, dass künftige Bedarfe an Kapital und Garantien nicht zu Lasten der beiden Länder gehen.
DIE LINKE hatte nach reiflicher Prüfung entschieden, den vorliegenden Rettungsplan abzulehnen. In der heutigen Presselandschaft werden die dafür vorgetragenen Argumente nicht mehr gewürdigt. Deshalb an dieser Stelle noch einmal die Hauptargumente in Kürze:
- Mit dem vorgelegten Rettungsplan
werden falsche Gewichte gesetzt: Der Großteil der Finanzressourcen geht
zur Rettung der Landesbank drauf - im Geschäftsjahr 2008 allein für
Hamburg 2,5 Milliarden Euro. „Demgegenüber wenden sie für eine
Antikrisenpolitik in der regionalen Wirtschaft für zwei Jahren -
zusammen mit Bundesmitteln - gerade einmal 550 Millionen Euro auf, also
pro Jahr ein Zehntel der Mittel für die HSH Nordbank“, so der
Abgeordnete der LINKEN, Dr. Joachim Bischoff.
Es gilt in Hamburg wie anderswo: man kann die Finanzinstitute nicht auf eine gesunde Basis stellen, wenn der Maschinenbau, Schiff- und Flugzeugbau oder auch die Hafenwirtschaft mit hoher Geschwindigkeit abwärtssausen. - DIE
LINKE teilt die Bewertung des Großteils der Medien und des früheren
Wirtschaftsministers Marnette, dass die vermeintliche
Alternativlosigkeit durch ein absolut schlechtes Krisenmanagement
herbeigeführt wurde. Finanzsenator Freytag hat im Januar 2008 in einer
öffentlichen Debatte die Notwendigkeit von Wertberichtigungen und eine
sich daraus kritische Lage für die HSH Nordbank glatt verneint. Im Mai
2008 bei der Einleitung der Kapitalaufstockung von 2 Milliarden Euro
wurde vom Senator jeder Bezug auf eine kritische Geschäftsentwicklung
abgestritten. Laut Prüfbericht des Jahresabschlusses war die
Risikotragfähigkeit, die quartalsweise festgestellt wird, schon am Ende
des 2. Quartals, also zum 30.6. 2008, kritisch und kippte danach rasch
in negative Raten.
DIE LINKE findet es unverantwortlich nach dieser Krisengeschichte Herrn Freytag weiterhin damit zu beauftragen, die Neuorganisation der Bank und die Durchsetzung einer neuen Kultur im Unternehmen mit durchzuführen.Zurecht sind gegen Vorstand und Aufsichtsrat der HSH Nordbank Strafanzeige erstattet worden. Es ist nur zu begrüßen, wenn auch in Hamburg staatsanwaltschaftliche Ermittlungen aufgenommen werden.
- Die unterstellten Annahmen für die Risikovorsorge, damit für die Höhe der auch von der Bank für 2009 und 2010 erwarteten Verluste und die Frage einer eigenständigen Perspektive des Unternehmens nach 2011 sind auf Sand gebaut. Schon heute bestreitet keiner mehr, dass es wahrscheinlich zu weiteren Kapitaleinschüssen in Milliardenhöhe kommen kann, die aber die beiden Länder nicht mehr schultern können.
- Es geht nicht um ein unkontrolliertes Gehen in die Insolvenz, sondern - wie es in der Senatsdrucksache heißt - um eine kontrollierte Abwicklung. Diese Alternative ist weder geprüft noch genauer durchgespielt worden. In der Tat reichen das bisherige Instrumentarium und der entsprechende Rechtsrahmen nicht aus. Im Übrigen existiert auch keine Erfahrung darüber, mit welchen Prozessen gerechnet werden muß, wenn die BAFin ein Moratorium über eine angeschlagene Bank verhängt und eine kontrollierte Abwicklung eröffnet.
- Es
ist aber für die Fraktion DIE LINKE politisch ziemlich fragwürdig, wie
mit der weiteren Sanierung der Landesbanken umgegangen wird. Fest
steht, die Bundesregierung betreibt eine rechtliche Neuregelung zur
Rettung angeschlagener Banken jenseits der Enteignung. Es geht im Kern
darum, ein systemrelevantes und bedrohtes Finanzinstitut, das ohne
Staatshilfen insolvent wäre, unter eine staatliche
Restrukturierungsverwaltung zu stellen.
Dabei könnten Aktionärsrechte zeitweise außer Kraft gesetzt werden. Ein Sanierungsberater könnte von der Finanzaufsichtsbehörde BAFin mit den Rechten eines Sonderbeauftragten ausgestattet werden. Er könnte damit die Geschäftspolitik konkret bestimmen und Maßnahmen ergreifen, die zur Umsetzung eines Sanierungsplanes nötig sind oder eine kontrollierte Abwicklung einleiten. Es geht weiter um die Umwandlung von Forderungen in Gesellschaftsanteile.
Diese Alternativen sind vor der Entscheidung von Seiten der CDU/GAL und SPD gar nicht ernsthaft geprüft worden.
Die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der die Vorgänge um die HSH-Nordbank untersuchen soll, die zu diesem Desaster geführt haben, wird von der LINKEN energisch unterstützt werden.
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