Atomlobby blitzt mit Einladung ab
Umweltverbände: »Friedliche Koexistenz« von Atomstrom und Erneuerbaren läuft aus
Die deutschen AKW-Betreiber haben den Erzeugern von Ökostrom bei der gestern in Dresden begonnenen Jahrestagung Kerntechnik eine »Allianz« zum Klimaschutz angeboten. Umweltverbände sehen in der Offerte indes nicht mehr als ein »Scheinangebot«.
Die Einladung zum Schulterschluss war in Betttuchgröße an einem Geländer des Dresdner Kongresszentrums angebracht. »Kernenergie und Erneuerbare«, steht auf dem Transparent: »CO2-frei in die Zukunft«. Das Laken flatterte ein wenig im Schatten eines überdimensionalen grünen Würfels, auf dem sich die Betreiber deutscher Atomkraftwerke zugute halten, ihre Anlagen sparten jährlich 150 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Bei den Kernkraftgegnern, die sich in weißen Overalls vor dem Tagungszentrum zum Protest versammelt hatten und alle Stunden unter lautem Sirenengeheul einen Atomunfall simulierten, sorgt das Mini-Transparent indes für großen Ärger.
Die Parole bringt schließlich eine Offerte auf den Punkt, die Walter Hohlefelder, Präsident des Deutschen Atomforums, auf dessen seit gestern in Dresden stattfindender Jahrestagung lanciert hatte. Hohlefelder plädierte für eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten, um die bevorstehende Stilllegung von sieben der 17 Kernkraftwerke in der Bundesrepublik noch zu verhindern, weil das die Versorgungssicherheit gefährde. Als »politischen Preis« sei man nach der Bundestagswahl im Herbst bereit zu Verhandlungen darüber, die Gewinne aus der Erzeugung von Atomstrom teilweise in erneuerbare Energien zu stecken. Die Rede war von einer »Allianz« zwischen Kernkraft- und Ökostrom-Erzeugern.
Bei Umweltverbänden wird diese Offerte aufmerksam registriert. Sie sei Teil einer neuen Strategie der Atomlobby, die unter anderem mit Postkarten für Kernkraft werbe und sich »auf cool, locker und offen trimmt«, so Dirk Seifert, Energiereferent bei »Robin Wood«. Zugleich werde verstärkt auf Dialog mit Kritikern gesetzt: Auf ein Podium bei der Tagung wurde auch ein Vertreter von Greenpeace eingeladen, der aber absagte.
Im Ökostrom-Lager hält man die angebotene Allianz für ein Marketingmanöver im Wahlkampf. Es sei zu begrüßen, dass »auch die Atomlobby den Klimawandel entdeckt«, sagt Seifert. Ein Pakt sei aber »völlig überflüssig«. Dass Ökostrom seinen Marktanteil auf 15 Prozent ausgebaut habe, sei dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zu danken. Dieses sei eine gute Grundlage, um den Anteil bis 2020 auf 48 Prozent zu steigern. Kippe aber nach der Wahl der Atomausstieg, werde der Ausbau der regenerativen Energien blockiert. Auch Rainer Baake, Chef der Deutschen Umwelthilfe, betont, zwischen Atomstrom und Erneuerbaren gebe es »kein Sowohl-als-auch, sondern ein Entweder-oder«. Die »Ära der friedlichen Koexistenz«, erklärte er, gehe »unwiderruflich zu Ende«.
Dass die Bundestagswahl für das künftige Kräfteverhältnis entscheidend wird, wissen indes auch die Kernkraftgegner. Sie haben daher für den 5. September eine Großdemonstration in Berlin geplant, der ein »Treck« über alle Endlager-Standorte vorangehen soll. Die Aktionen gestern in Dresden waren dafür eine Einstimmung – ungeachtet der Offerte am Geländer.
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