Zeitarbeit für Steinmeier
Wahl zum SPD-Fraktionschef / Müntefering vor Rente / Gabriel und Nahles sollen's richten
Der Dienstag brachte dem neu gewählten Bundestag die ersten Personalentscheidungen. Union, FDP und SPD wählten ihre Fraktionschefs – einer davon muss allerdings auch nach der Wahl um seine Reputation fürchten: Frank-Walter Steinmeier.
Berlin (ND-Kalbe). Volker Kauder für die Unionsfraktion, Guido Westerwelle für die FDP, Frank-Walter Steinmeier für die SPD – diese Fraktionsvorsitzenden stehen fest. Gewählt wurden auch Peter Ramsauer als Landesgruppenchef der CSU, Norbert Röttgen, alter und neuer Parlamentarischer Geschäftsführer der Union, und Thomas Oppermann in der gleichen Funktion für die SPD. Während allgemein Frohsinn über die nahezu einmütigen Entscheidungen herrschte, wurde die Wahl Steinmeiers von heftigen Diskussionen sowie bereits Vorentscheidungen für den Bundesparteitag im November überdeckt. Steinmeier ist für Teile der Partei offenkundig auch als Fraktionschef nicht mehr tragbar. Am Abend teilte Steinmeier dann seinen Verzicht auf eine Kandidatur für den Parteivorsitz mit. Die Fraktion sei das Machtzentrum der Partei, begründete er dies wenig friedfertig.
Franz Müntefering machte am Abend wahr, was er tags zuvor angedeutet hatte. Er werde auf dem Parteitag nicht mehr als Vorsitzender antreten, sagte er. Im Tagesverlauf war bereits der Name von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel für diesen Posten ins Gespräch gebracht worden. Auch die Namen möglicher Stellvertreter wurden genannt: Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, der bisherige Bundesarbeitsminister Olaf Scholz und die nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft. Andrea Nahles, bisher Stellvertreterin, findet sich in den offenbar von gezielten Indiskretionen genährten Spekulationen als neue Generalsekretärin. Indirekt wurden die Gerüchte durch Mitteilungen von Generalsekretär Hubertus Heil und von Parteivize Peer Steinbrück gestützt, die ankündigten, zur Wahl nicht mehr anzutreten.
Die Personalquerelen wurden begleitet von Stellungnahmen, die den Unmut von Teilen der Partei über die Ambitionen der bisherigen Führungsmitglieder deutlich machten. Der Berliner Landesvorstand meldete sich mit einer Resolution zu Wort, in der ein Rückzug der Bundesspitze gefordert wird. Berlins Landeschef Michael Müller fügte öffentlich den Kommentar hinzu, Müntefering sowie seine Stellvertreter Steinmeier und Steinbrück seien »untrennbar mit der Agenda-Politik« von Ex-Kanzler Gerhard Schröder sowie der abgewählten Großen Koalition verbunden. »Das wird ein langer Prozess, inhaltlich und personell wieder glaubwürdig als Partei der sozialen Gerechtigkeit bei den Bürgern anzukommen«, wird Müller von dpa zitiert. Die Berliner kritisieren auch den Umgang der SPD mit der LINKEN. Sie habe diese »zunächst ignoriert, dann tabuisiert. Beides war wenig erfolgreich«. Wowereits Anwartschaft auf einen Sitz im engeren Vorstand erhält auch vor dem Hintergrund Gewicht, dass er der einzige Regierungschef einer rot-roten Koalition auf Landesebene ist.
Neben den Forderungen nach inhaltlichen und personellen Konsequenzen aus der verheerenden Wahlniederlage der SPD bleiben jedoch auch Stimmen vernehmbar, die sich für Steinmeier aussprechen.Ähnliche Artikel
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