Axel Troost: "Kreditklemme: Entschlossen handeln statt naiv appellieren"

10.12.2009

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Alle Fraktionen im Haus sehen mit Sorge die schleppende Kreditversorgung und befürchten ernsthafte Engpässe. Wir ziehen daraus aber anscheinend alle völlig unterschiedliche Schlussfolgerungen.

Die Vorgängerregierung und die neue Bundesregierung üben das Wehklagen und die hohe Kunst des Appellierens: Die Banken sollten bitte, bitte mehr Kredite vergeben. Es könne doch nicht sein, dass Banken im Kapitalismus nur noch an sich selbst denken. Schließlich hätten sie eine gesellschaftliche Verantwortung.
Meine Damen und Herren mit wirtschaftspolitischem Sachverstand, nehmen Sie sich eigentlich mit solchen Überlegungen noch ernst?

(Beifall bei der LINKEN)

Wollen Sie dann zum Beispiel in der nächsten Werftenkrise auch an die Stahlindustrie appellieren, den Werften besseren und günstigeren Stahl zu liefern? Denken Sie plötzlich an faule und missgünstige Banker, denen man ins Gewissen reden muss, weil sie kein Interesse mehr an einem profitträchtigen Geschäft haben?
Die einzige parlamentarische Kraft, die seit vielen Monaten eine Alternative fordert, ist die Linke, die fordert, dass wir endlich die ideologischen Scheuklappen ablegen und etwas Wirksames unternehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das heißt praktisch: Wir müssen eine realistische Bewertung der Papiere in den Bankbilanzen vornehmen und dann die Schrottpapiere zwangsweise aus den Bilanzen ausgliedern.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Die dabei realisierten Verluste müssen die Eigentümer der Banken tragen, so wie sie vorher jahrzehntelang die gigantischen Gewinne des Kasinokapitalismus eingestrichen haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein solcher Schritt würde das Eigenkapital vieler Banken ganz oder teilweise aufzehren. Deswegen muss und soll in einem zweiten Schritt neues Eigenkapital vom Bund in die Banken eingebracht werden. Das führt selbstverständlich zu einem Eigentümerwechsel, weil dieses Kapital auch mit Stimmrechten versehen werden muss. Aber das ist eben dann auch neues Kapital.

(Widerspruch bei der FDP)

- Es gibt aber keine Alternative dazu.

(Dr. Daniel Volk (FDP): Doch! Marktwirtschaft! Staatskapitalismus haben wir vor 20 Jahren erlebt!)

- Wir sehen ja derzeit, was Marktwirtschaft mit zu wenig Eigenkapital in diesem Sektor bewirkt. Es ist logisch, dass das für Sparkassen und Kreditgenossenschaften nicht zutrifft, weil sie keine faulen Papiere und insofern auch keinen Rekapitalisierungsbedarf haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie setzen dagegen auf moralische Appelle und auf die Übernahme weiterer Risiken zulasten der öffentlichen Hand. Das ist aus unserer Sicht die Strategie eines perspektivlosen Mittelweges. Hier gilt leider die Volksweisheit: „In Gefahr und höchster Not ist der Mittelweg der Tod.“ Das stimmt, weil man in der Tat nichts erreicht, dafür aber den öffentlichen Haushalten zunehmend Risiken aufbürdet.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Große Koalition hat im Sommer ein halbherziges Bad-Bank-Gesetz verabschiedet, das nichts anderes als ein Mittelweg ist. Es ist genau das passiert, was alle Kritiker schon damals befürchtet haben: Es wirkt überhaupt nicht und wird nicht angenommen. Keine einzige Bank hat bisher dieses Instrument auf freiwilliger Basis genutzt. Hier muss in der Tat ein Wechsel vorgenommen werden. Es kann nicht sein, dass das nur auf freiwilliger Basis geschieht; denn dann ist in der Tat die Bank, die das als Erste macht, die Verliererin. Vielmehr muss es zur Pflicht werden. Damit wird wieder Klarheit in der Bilanzpolitik der Banken geschaffen.

Ich nehme interessiert zur Kenntnis, dass nun Positionswechsel stattfinden, die letztlich dazu führen, dass gar nichts passiert. Die Große Koalition gibt es nicht mehr. Die SPD sagt inzwischen - ich fand die Rede von Herrn Schneider sehr gut - Das Prinzip der Freiwilligkeit muss in der Tat überdacht werden. Wir müssen also etwas anderes machen.

Kollege Toncar von der FDP hatte in der Debatte über die Errichtung einer Bad Bank in diesem Hohen Haus gesagt, dass die Bewertungsprobleme mit dem Gesetz nicht gelöst sind und dass Alternativen erforderlich sind. Nun, da die FDP in der Regierung ist, sagen Sie: Wir brauchen keine Veränderungen.

Wir müssen dringend den Weg beschreiten, der seit langem von Wirtschaftswissenschaftlern wie Professor Huffschmid aus Bremen, vom Nobelpreisträger Krugman und vom Institut für Wirtschaftsforschung, das praktikable Vorschläge gemacht hat, gefordert wird. Wir haben diese Vorschläge in unseren Antrag aufgenommen. Wir glauben, dass wir in der Diskussion einen ganzen Schritt weiterkommen müssen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)