Ratlos im Rathaus
Kolumne von Katrin Kunert
Die Ignoranz der schwarz-gelben Bundesregierung gegenüber den seit Monaten anhaltenden Hilferufen aus den Städten und Gemeinden ist nicht hinnehmbar. Was muss eigentlich noch alles passieren, damit Union und FDP endlich merken, dass unser Staatsgefüge aus den Fugen gerät, wenn die Talfahrt der Kommunalfinanzen nicht gestoppt wird? Städte und Gemeinden sind das Fundament des Staates, hier wohnen, arbeiten und leben Bürgerinnen und Bürger. Hier spüren sie die Auswirkungen bundespolitischer Fehlentscheidungen direkt.
Nicht Stadträte und Bürgermeisterinnen sind verantwortlich für die Schließung von Bädern, Sport- und Kultureinrichtungen, für die Erhöhung von Gebühren. Die Verantwortung hierfür tragen in erster Linie Bund und Länder. Seit Jahren übertragen sie den Kommunen immer mehr Aufgaben ohne eine für die Erfüllung dieser Aufgaben angemessene Finanzausstattung - ein Missstand, der bereits seit mehreren Jahrzehnten anhält und der durch die Wirtschafts- und Finanzkrise ein bedrohliches Ausmaß annimmt. Die Folge ist, dass freiwillige Leistungen wie beispielweise bei Bus- und Bahn, in Kinder- und Jugendeinrichtungen immer mehr gestrichen und nur noch per Gesetz vorgeschriebene Aufgaben – und die in immer minderer Qualität – erfüllt werden.
Also alles, was kommunale Selbstverwaltung und die Lebensqualität in den Städten und Gemeinden ausmacht, wird den Bürgerinnen und Bürgern verwehrt. Das ist ein Verstoß gegen das Grundgesetz Artikel 28, denn "den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln". Das aber heißt, Bürgerinnen und Bürger müssen über das bereits in Gesetzen verankerte Notwendige hinaus entscheiden können, wie sie in ihrer Stadt und Gemeinde leben wollen. Dieser Gestaltungsspielraum macht kommunale Selbstverwaltung aus.
Es ist schon mehr als arrogant und zynisch zu behaupten, dass "vom Wachstumsimpuls – gemeint ist das Wachstumsbeschleunigungsgesetz - in erster Linie die Kommunen profitieren würden, wenn die Gewerbesteuerzahler wieder in die Gewinnzone kommen". So jedenfalls der O-Ton von Peter Götz, kommunalpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in seiner Reaktion auf den erneuten Hilferuf des Deutschen Städtetages an Bund und Länder am 3. Februar 2010. Ob das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das erste Großvorhaben der schwarz-gelben Bundesregierung seinen Zweck wirklich erfüllen wird, ist mehr als fraglich. Fest steht, dass es schon heute den Städten und Gemeinden schadet. Ihnen fehlen erneut 1,6 Milliarden Euro. Rechnet man die Belastungen der Kommunen zusammen, die unter der schwarz-roten bzw. schwarz-gelben Bundesregierung allein im Zeitraum von November 2008 bis Dezember 2009 beschlossen wurden, so kommt man auf insgesamt 21,4 Milliarden Euro für die Jahre 2009 bis 2013.
Fest steht übrigens auch, dass die Kommunen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz überproportional belastet werden. Kommunen sind am Steueraufkommen nur mit 13,5 Prozent beteiligt, an den Einnahmeverlusten dieses Gesetzes aber mit 18,5 Prozent und damit übermäßig. Insofern kann man dem Münchner Oberbürgermeister Ude nur zustimmen, wenn er sagt: "Wenn sich Bund und Länder auf solche Eingriffe in kommunale Kassen verständigen, ist dies nicht anderes als ein höchst sittenwidriger Vertrag zulasten Dritter." Gegen sittenwidrige Verträge muss man vorgehen. DIE LINKE fordert daher ein direktes und einklagbares Mitwirkungsrecht der Kommunen bei allen Vorhaben des Bundes, die kommunale Angelegenheiten berühren. Nur so kann verhindert werden, dass Entscheidungen zu Lasten der Kommunen getroffen werden. Die Kommunen sitzen mit am Tisch und können für sich selbst sprechen.
Von Katrin Kunert, kommunalpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
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