Ein guter Tag
Die SPD fordert die Finanztransaktionssteuer und verbindet so das Nützliche mit dem Praktischen. Sie schärft ihr linkes Profil und sorgt für Streit in der Koalition
Die SPD fordert die Einführung einer internationalen Finanztransaktionssteuer. Ein entsprechender Antrag der Partei steht am morgigen Freitag im Bundestag auf der Tagesordnung. Der Entwurf fordert die Bundesregierung auf, die „europäischen Partner, die G20 und die OECD“ von der wirtschaftlichen Nützlichkeit einer solchen Steuer zu überzeugen. Sollte die Regierung dabei scheitern, fordert der Entwurf, eine Börsenumsatzsteuer im Alleingang in Deutschland einzuführen.
Dabei legen die Sozialdemokraten ein sehr weit gefasstes Konzept vor. Sie fordern eine Steuer auf „alle börslichen und außerbörslichen Transaktionen von Wertpapieren, Anleihen und Derivaten und alle Devisentransaktionen“. Damit geht die Forderung weit über die so genannte Tobin-Steuer hinaus. Deren Konzept, entwickelt bereits 1972 von dem Wirtschaftswissenschaftler James Tobin, sieht nur eine Abgabe auf Devisenspekulationen vor. Ausgenommen sind im SPD-Konzept lediglich Banküberweisungen und Geldabheben am Automaten.
"Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ist ökonomisch sinnvoll, weil sie Finanzspekulationen verhindert. Sie ist technisch problemlos möglich und wird von der Wissenschaft gefordert", sagt der SPD-Abgeordnete Carsten Sieling, einer der Initiatoren des Antrags. Die Menschen seien nicht mehr bereit die Lasten der Krise alleine zu tragen. "Die Verursacher der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise müssen an den Kosten beteiligt werden", so Sieling.
Der SPD-Politiker weiß die Öffentlichkeit auf seiner Seite. Die Idee einer Finanztransaktionssteuer ist populär. Eine entsprechende Online-Petition beim Deutschen Bundestag haben bereits rund 40.000 Menschen unterzeichnet. Und sogar US-Präsident Barack Obama forderte kürzlich eine „Financial Stability Fee“, damit in Zukunft „Wall Street die Rechnung bezahlt – und nicht der amerikanische Steuerzahler“.
Der Antrag der Sozialdemokraten konnte zudem einen weiteren für sie positiven Nebeneffekt haben: nämlich den Streit in der schwarz-gelben Bundesregierung über das Thema weiter anfachen. In weiten Teilen der CDU gibt es Sympathien für eine Finanztransaktionssteuer. Unionsfraktionschef Volker Kauder fordert eine solche Abgabe. „Es kann nicht sein, dass Banken weitermachen wie bisher. Sie müssen ihrer Verantwortung für die von ihnen angerichteten Schäden gerecht werden“, sagte er kürzlich in einem Interview. Auch der Bundeskanzlerin werden Sympathien für das Projekt nachgesagt.
Die FDP hingegen hat sich bereits klar gegen eine solche Steuer positioniert. „Die Börsenumsatzsteuer führt dazu, dass alle an der Börse gehandelten Produkte teurer werden“, sagte Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel noch im vergangenen Jahr. Eine solche Steuer brauche man nicht. Die Kanzlerin pfiff den Liberalen daraufhin zurück. Es sei noch zu früh für definitive Festlegungen, lies sie ihm öffentlich durch ihren Pressesprecher ausrichten.
Diese Vielstimmigkeit der Koalition dürfte die SPD in ihrer Entscheidung bekräftigt haben einen entsprechenden Antrag einzubringen. Für sie ist es eine Win-Win-Situation: Sie verknüpft ihren Namen mit einer populären Initiative und schaut dabei zu, wie die Koalition sich bei den Beratungen entweder selbst widerspricht, oder ein großer Teil der Abgeordneten aus politischen Gründen gegen ihr Gewissen abstimmen muss. Freitag dürfte – nach langer Zeit – wieder ein guter Tag für die Sozialdemokraten werden.
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