Weltwirtschaft regulieren – ohne G20!
Vier Hollywoodfilme in der Preisklasse von Avatar, Iron Man 2, Spider Man 3 oder Fluch der Karibik könnten produziert werden, wenn man auf G20-Gipfel in Zukunft verzichten würde. Selbst das Handelsblatt konnte nicht widerstehen und listete dieses und sieben weitere Beispiele auf, was man mit 860 Millionen Euro machen könnte. Noch besser wäre es, wenn das Geld für die Entwicklungshilfe genutzt werden würde. Denn das 2005 in Gleneagles verkündete Versprechen der G8-Industrieländer, die Entwicklungshilfe bis 2010 um 50 Milliarden Dollar anzuheben, wurde bereits am ersten Tag des kanadischen ‚Weltgipfels’ gebrochen.
Die weiteren Ergebnisse des G20-Gipfels in Toronto sind kläglich: keine globale Finanzmarktsteuer, keine globale Bankenabgabe, keine Verschärfung der Eigenkapitalregeln für Banken. Aber noch immer wiederholt Angela Merkel mantraartig, ihre Konsequenz aus der Krise sei es, dass kein Finanzmarktprodukt der Welt mehr unreguliert bleiben dürfe. Welch eine Augenwischerei. Im Jahre drei nach dem Ausbruch der US-Immobilienkrise sieht die Realität komplett anders aus: Die Spekulationswelle auf Rohstoffe ist auf einem neuen Höhepunkt. Vermeintlich krisensichere Staatsanleihen sind zum Objekt wilder Preistreiberei geworden. Griechenland zahlt am heutigen Tag 8 Prozent mehr Zinsen auf seine Staatsschulden als Deutschland.
Anstatt diesen Spekulationssumpf auszutrocknen und sich mit der düsteren Rolle des Exportweltmeisters Deutschland in diesem Chaos auseinanderzusetzen, rollt über Europa jetzt auf Druck der Kanzlerin eine gigantische Kürzungswelle bei sozialen Ausgaben und öffentlichen Investitionen. Die Bundesregierung hat mit ihrem Sparpaket die Marschroute vorgegeben. Aus Angst vor der ‚Reaktion der Märkte’ und dem Druck der Spekulanten und Rating-Agenturen, die Europa durch Kreditausfallversicherungen und Zinsaufschläge auf Staatsschulden in die Knie gezwungen haben, überbieten sich jetzt die Regierungen in England, Spanien, Italien und Frankreich in ihren Sparzielen.
Schlimmer noch: Obwohl vor dem Gipfel die Liste der prominenten Kritiker des deutschen Sparwahns immer länger wurde, haben die G20 jetzt auch noch eine Schuldenbremse festgeschrieben. Bis 2013 wollen die Industrieländer ihre Defizite halbieren. Das zeigt deutlich wohin die Reise gehen soll. Die Schwellenländer China, Brasilien und Indien sichern durch ihre Nachfrage den deutschen Exportweltmeistertitel.
Das alles sind keine Wege aus der Krise. Die Sparpakete mitten in der schwersten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren werden die Wirtschaftskrise vertiefen. Die Schulden in Europa, den USA und Japan werden steigen, nicht sinken.
Warum verpflichten sich Notenbanken nicht einfach darauf, in Krisenzeiten, Staatsanleihen zu kaufen? Warum werden Derivatehändler nicht einfach gezwungen, Weizen zu kaufen, wenn ihr Derivatevertrag ausläuft. Warum legen die Notenbanken in Frankfurt, New York und Tokio nicht einfach Wechselkursziele fest, die ihrer wirtschaftlichen Stärke entsprechen? Warum verpflichtet man Länder mit Exportüberschüssen nicht einfach darauf ihre Binnennachfrage zu stärken?
Dann wären die Zinsen für staatliche Schulden um viele Milliarden geringer. Dann hätten Spekulanten ihre wichtigsten Betätigungsfelder verloren. Dann wären die weltweiten Ungleichgewichte in wenigen Jahren abgebaut. Dann wäre die Weltwirtschaft noch nicht gerechter, aber zumindest stabiler und berechenbarer.
All diese Vorschläge stammen übrigens von der UNO bzw. ihrer Konferenz für Handel und Entwicklung der UNCTAD. Was unterscheidet die UNO und ihre Vorschläge von denen der G20? Sie beruhen auf ökonomischem Sachverstand und nicht auf ideologisch konstruierten Sparzwängen. Sie sind frei vom Druck der weltweiten Bank- und Finanzlobby und sie sind entstanden in Diskussion mit Vertretern aus allen Regionen dieser Welt. Deshalb lautet die erste Forderung: G20 abschaffen und den Weg frei machen für einen demokratischen Neuanfang zur Regulierung der Weltwirtschaft!
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