Reformbedarf Mehrwertsteuer: Soziale Gestaltung und Bekämpfung von Steuerbetrug

Rudolf Hickel

16.09.2010 / Professor für Finanzwissenschaft, Forschungsleiter „Finanzpolitik“ am „Institut Arbeit und Wirtschaft“ (Universität Bremen)

"Die Mehrwertsteuer (allgemeine Umsatzsteuer) ist die wichtigste Einnahmequelle der öffent­lichen Haushalte in Deutschland. Aus dieser Gemeinschaftssteuer flossen 2009 dem Bund 54,7%, den Ländern 43,3% und ca. 2% den Kommunen zu. 2009 konnten durch die inlän­dische Umsatzsteuer (142 Mrd. ¤) sowie der Einfuhrumsatzsteuer (35 Mrd. ¤) insgesamt 177 Mrd. ¤ an staatlichen Einnahmen erzielt werden. Während der Anteil der Einnahmen am gesamten Steueraufkommen 1950 noch bei 21,7% lag, sind 2009 knapp 34% erreicht werden. Seit Anfang dieses Jahrtausends hat die Mehrwertsteuer die „Königin der Steuern“, die Lohnsteuer mit einem Anteilswert von 25,8% am Gesamtsteueraufkommen in 2009 überholt. Gesamtwirtschaftlich erweist sich diese Steuer selbst im konjunkturellen Zyklus als eine recht stabile Einnahmequelle. Diese Einnahmenstabilität wird maßgeblich durch die Bemessungsgrundlage privater Konsum, dessen Wachstumsrate allerdings seit 2003 im Trend stagniert, bestimmt. Einnahmensprünge sind maßgeblich auf die Veränderung der Steuersätze zurückzuführen. In der finanzwissenschaftlichen Literatur wird oftmals von einer „heimlichen Steuer“ gesprochen. Allerdings hat der seit der Einführung der Mehrwertsteuer größte Sprung beim Normalsteuersatz von 16% auf 19% ab dem 1.1.2007 eine intensive Debatte über die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen vor allem auf das Preisniveau, die Benachteiligung der mittleren und kleinen Zulieferfirmen sowie die zunehmende Umgehung durch Schwarzarbeit ausgelöst. (1) Die Kennzeichnung als „heimliche Steuer“ geht darauf zu­rück, dass es sich im Gegensatz etwa zur Einkommensteuer um eine indirekte Steuer han­delt. Nach dem Gesetz soll die Mehrwertsteuer über die verschiedenen Stufen der Produk­tion und des Handels auf den Endverbrauch überwälzt werden (legale Inzidenz). In wel­chem Ausmaß die Überwälzung gelingt, hängt von der gesamtwirtschaftlichen Lage sowie vor allem der Preissetzungsmacht der Unternehmen ab. Unternehmen mit Marktmacht sind in der Lage, die Überwälzung der Mehrwertsteuer durch abhängige Zulieferfirmen zu blo­ckieren. (...)"

Das vollständige Dokument können Sie im Anhang als PDF-Datei lesen.

---------
(1) Rudolf Hickel. Gründe gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Normalsteuersatz) Belastung des privaten Konsums, des Handwerks und des von Großkundenaufträgen abhängigen Mittelstands;
www.iaw.uni-bremen.de/rhickel