Wenn Not und Elend sich zusammentun
Joachim Bischoff / Norbert Weber: Fusionsgespräche zwischen BayernLB und WestL
BayernLB und WestLB wollen bis Jahresende Möglichkeiten einer Fusion ausloten. Politiker und Experten fordern schon länger eine Konsolidierung bei den Landesbanken. In vergangener Zeit haben sowohl die BayernLB mit ihrem Österreich-Engagement als auch die West LB mit ihren Wertpapiergeschäften und diversen anderen dubiosen Transaktionen Schieflagen erlitten, beide konnten nur über öffentliche Hilfen und Gründungen von so genannten Bad Banks ihre Existenz aufrecht halten.
Die WestLB hat in möglichen Verhandlungen eine schlechtere Verhandlungsposition. Falls die Fusion gelingt, entstünde die nach Deutscher Bank und Commerzbank drittgrößte deutsche Bank. Die Bayern LB hat eine Bilanzsumme von 340 Milliarden Euro und 10.800 Mitarbeiter, die West LB verfügt über 240 Milliarden Euro Bilanzsumme und 5.500 Mitarbeiter.
Seit dem Jahr 2007 hat es viele Anläufe gegeben, die krisengeschüttelte West LB in der Sparkassen-Gruppe unterzubringen. Landesbank Baden-Württemberg, Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) und Dekabank haben unabhängig voneinander einen Zusammenschluss geprüft, wegen der Risiken der West LB aber verworfen. Der Bund musste sich daraufhin über den Bankenrettungsfonds SoFFin mit drei Milliarden Euro erstmals an einer Landesbank beteiligen.
Wegen des von der EU-Kommission angeordneten Verkaufs der West LB, der noch in diesem Monat eingeleitet und bis Ende 2011 abgeschlossen sein muss, ist die Debatte um die Neuordnung der maroden acht deutschen Landesbanken neu aufgeflammt. Bis Ende September 2010 muss als Auflage die WestLB eine Verkaufsanzeige schalten, Januar 2011 dürfte die EU sogar einen eigenen Treuhänder einsetzen, der die Verkaufsverhandlungen hin zu einem Eigentümerwechsel führt. Bis Ende 2011 muss der Verkauf erfolgt sein. Diese Auflage war Bedingung der EU für die Genehmigung der Bad-Bank-Gründung, in die die WestLB einen problematischen Wertpapierbestand über 77 Milliarden Euro auslagern durfte.
Der BayernLB, die bereits 49,9% an der SaarLB hält, muss es deutlich schlechter gehen als bekannt ist, da ist wohl noch einiges an Hiobsbotschaften zu erwarten. Die Kontaktaufnahme zu einer weiteren Landesbank lässt erfahrungsgemäß weitere negative Nachrichten befürchten. Ein möglicher Zusammenschluss mit – ausgerechnet – der WestLB, die gleichfalls Probleme mit sich herumschleppt, löst nicht ein einziges davon!
Die EU wird eine derartige Fusion vermutlich weder dulden noch genehmigen. EU-Wettbewerbskommissar Almunia wörtlich: „Allein ein Zusammengehen der beiden Institute, die nur mit öffentlichen Geldern überleben konnten, sichere nicht automatisch ihre langfristige Lebensfähigkeit.“
Die Fusion zweier maroder Landesbanken zu einer Großbank wäre für den Staat und die Steuerzahler eine veritable Bedrohung. Beide Banken sind in ihrer Refinanzierung auf die öffentlichen Garantien auf längere Zeit angewiesen und verfügen zudem über kein tragbares Geschäftsmodell. Die Fusion liefe auf eine Programmierung weiterer öffentlicher Mittel hinaus.
Bereits bei relativen Banalitäten wie der Frage, wo denn nun der Hauptsitz sein soll, wird man sich schwer tun. Beide Vorstandsvorsitzenden bringen sich in Stellung und werben in Zeitungsinterviews für Ihren jeweiligen Standort. BayernLB Chef Gerd Häusler erhebt einen Führungsanspruch aufgrund der Tatsache, die BayernLB „sei der größere Partner“. WestLB Chef Dietrich Voigtländer wird mit den Worten zitiert: „Diese Sichtweise passt nicht mehr in die Zeit. Größe ist nach der Finanzkrise heute nicht entscheidend, sondern Schlagkraft, Schnelligkeit und Durchsetzungsvermögen.“ Dieses nimmt er für sich und das von ihm geführte Institut in Anspruch.
Fest steht, dass ein Zusammenschluss das eigentliche Problem der deutschen Landesbanken nicht im Ansatz lösen würde. Dadurch, dass sich problembehaftete Banken zusammentun, lösen sich deren Schwierigkeiten weder automatisch in Luft auf, noch können sie jeweilis gegeneinander aufgerechnet werden. Die BayernLB – zu 95% im Eigentum des Landes Bayern – musste mit 10 Mrd. Euro Steuergeldern gestützt werden, für die WestLB stehen im Zweifelsfalls die BürgerInnen des Landes Nordrhein-Westfalen mit 3,75 Mrd. Euro gerade. Zusätzlich haften die Sparkassen in NRW über 1,25 Milliarden Euro. Man will 25% an Kosten in einem Zeitfenster von 24 Monaten einsparen, was wie üblich zu Lasten der MitarbeiterInnen gehen dürfte.
Derzeit haben folgende Landesbanken riesige Probleme:
- die HSH Nordbank
- die Landesbank Baden-Württemberg mit der ehemaligen SachsenLB, jetzt Sachsen Bank (unselbstständiger Bestandteil der Landesbank Baden-Württemberg)
- die BayernLB
- die WestLB.
Bei den fünf anderen Landesbanken – nach der Bilanzsumme die kleineren – handelt es sich um die Bremer LB, die Helaba, die NordLB, die SaarLB und die Landesbank Berlin. Diese konnten sich bisher allein und ohne großartige öffentliche Hilfen am Markt halten, doch sind auch hier die strukturellen Probleme latent vorhanden. Sie sind lediglich noch nicht auf die Ergebnisse durchgeschlagen oder die Häuser sind bereits in vergangener Zeit saniert worden, wie die Landesbank Berlin.
Eine Fusion von BayernLB und WestLB, ein Zusammenschluss von zwei mit den größten monetären Problemen betroffenen Instituten, bringt weder Erleichterung noch gar eine Lösung des Landesbankenproblems. Wenn schon Handlungsbedarf existiert, und das dürfte unbestritten sein, dann müsste die Chance genutzt werden, die bisherigen Strukturen in Frage zu stellen und eine Gesamtlösung des bundesdeutschen Landesbankenproblems zu finden – und zwar schnellstmöglich. Ansonsten wird es nur eine Frage von wenigen Wochen sein, bis die SteuerzahlerInnen erneut mit Riesigensummen, die jetzt bereits an allen Ecken und Kanten fehlen, einspringen müssen. Dass Finanzminister Wolfgang Schäuble alle mehr oder minder maroden Landesbanken zu einem Gespräch über die weiteren Perspektiven eingeladen hat, dürfte ein Ausdruck der zugespitzten Lage sein. Die Erwartungen über das Ergebnis solcher Konsultationen sind eher bescheiden.
Fusionen von maroden Landesbaken sind keine Lösung. Die Sparkassen verspüren zudem wenig Neigung, durch ein stärkeres Engagement die eigene ökonomische Existenz zu gefährden. So bleibt, sofern keine grundlegenden Alternativen in Aussicht genommen werden, schließlich der Verkauf an Finanzinvestoren, sobald die gröbsten Fehlentwicklungen wertmäßig verarbeitet sind – und das meist deutlich unter Wert.
Sollte die Aufwärtsbewegung an den Wertpapierbörsen und der Realökonomien anhalten, werden wir spätestens im Jahr 2012 Verkäufe sehen. Die Landesbanken werden dann zu Niedrigstpreisen verschleudert. Beispiel die HSH Nordbank: Vor dem Ausbruch der Subprime- und Großwirtschaftskrise wurde die Aktien mit 93 Euro das Stück eingestuft. Gegenwärtig steht das Wertpapier noch mit 19 Euro in den Büchern der öffentlichen Haushalt und Sparkassen. Selbst die in Gutachten angesetzte Untergrenze von 10 Euro je Aktie ist kein realistischer Marktpreis. Die öffentlichen Eigentümer können aus heutiger Sicht froh sein, wenn ihre Aktienbestände von auf Schuldenverwertung spezialisierten Hedgefonds für den symbolischen Preis von einem Euro übernommen werden.
Für die Freie und Hansestadt Hamburg bedeutet ein solches Geschäft: Die Wertberichtigungen im Zeitraum von 2006 bis heute machen ca. zwei Milliarden Euro aus. Zudem hat der schwarz-grüne Senat das Eigenkapital in zwei Schritten um 2,5 Milliarden Euro aufgestockt. Der faktische Verlust könnte sich so auf rund sechs Milliarden Euro belaufen und die Freie und Hansestadt Hamburg froh sein, dass sie für weitere Einlagen nicht mehr zusätzlich in Haftung genommen wird.Ähnliche Artikel
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