Finanztransaktionssteuer: Besser spät als nie
Von Axel Troost für Sachsens Linke
Eine alte Forderung der LINKEN bekommt neuen Schwung: Die Finanztransaktionssteuer, eine Steuer auf den Handel mit Finanzprodukten. Gemeint ist aber nicht das Abheben vom Geldautomaten oder Omas Sparbuch, sondern der Handel mit Aktien, Anleihen, Währungen und Derivaten. Wer im Minutentakt an den Finanzmärkten mit Wertpapieren jongliert, kann bei einer solchen Steuer einpacken: Es lohnt sich einfach nicht mehr. Genau das ist der Zweck dieser Steuer. Der zweite Zweck sind Einnahmen: Mit europaweit 50 Milliarden Euro im Jahr rechnet die EU-Kommission. Andere Schätzungen liegen weitaus darüber. Seit die Finanzmärkte offensichtlich versagt haben und die Kassen darum noch leerer sind als sonst, ist die Steuer kein reines linkes Projekt mehr ist. Allerdings ist es bisher bei Ankündigungen geblieben.
Die EU-Kommission wird nun in Kürze einen Vorschlag für eine EU-weite Finanztransaktionssteuer vorlegen. Die deutsche und die französische Regierung haben bereits Eckpunkte für einen eigenen gemeinsamen Vorschlag vorgelegt. An Großbritannien mit dem weltweit größten Casino in London droht die Steuer aber zu scheitern – zumindest auf Ebene der 27 Mitgliedsstaaten der EU. Das wäre aber nicht das Ende der Steuer, sondern der Grund für weiteren Zoff in der Regierungskoalition. Die Steuer könnte dann nämlich auch nur in der Eurozone eingeführt werden. Sie wäre dann zwar weniger wirksam, aber immer noch sehr sinnvoll. Ein paar Banker würden dann nach London ziehen. Auf sie könnte man aber getrost verzichten. FDP und Teile der Union sehen dabei aber den Finanzplatz Deutschland in Gefahr und drohen mit einem Veto.
Die Gegenargumente sind dabei mitunter absurd, etwa dass die Steuer den Kleinsparer treffen würde. Der Ökonom Max Otte ist dieser Behauptung bereits im letzten Jahr auf den Grund gegangen. Fazit: Einen Kleinsparer, der über 20 Jahre hinweg jährlich 1200 Euro einzahlt, kostet die Steuer insgesamt 74 Euro. Die Gebühren der Bank lägen dagegen bei über 8000 Euro, also dem Vielfachem der Steuer. Das Kleinsparer-Argument ist aber scheinbar nicht totzukriegen.
Auch die Realwirtschaft soll angeblich unter der Steuer leiden. Dabei wurden die Märkte inzwischen von Spekulanten gekapert und zweckentfremdet. Das gehandelte Produkt ist nebensächlich, entscheidend sind kurzfristige Profite. Das äußert sich in Umsätzen an den Finanzmärkten, die gegenwärtig das siebzigfache des weltweiten Bruttosozialprodukts betragen. Es äußert sich darin, dass Unternehmen kaum noch planen können, weil die Preise für Rohstoffe wilde Kapriolen schlagen, seit Rohstoffe als Vermögensanlage entdeckt wurden. Auch hier verhält sich die FDP als Handlanger der Finanzbranche.
Dabei liegen die diskutierten Steuersätze von etwa 0,05 Prozent in einer Größenordnung, auf welche die FDP mit ihren Wahlergebnissen zusteuert. Das Berliner Wahldebakel der FDP ist äußerst hilfreich: Ein Drei-Prozent-Zwerg, so die aktuellen bundesweiten Umfragewerte, hat schlechte Verhandlungschancen. Wenn die LINKE und die Zivilgesellschaft weiter Druck machen, hat die Steuer eine realistische Chance auf Verwirklichung. Die Finanztransaktionssteuer wird nicht alle Probleme lösen. Sie ist aber ein kleiner Schritt zur Entwaffnung der Finanzmärkte und zur Wiedergewinnung demokratischer Kontrolle.
(Beitrag für Sachsens Linke)
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