Gute Löhne sind systemrelevant!

Von Jutta Krellmann, Sprecherin für Arbeits- und Mitbestimmungspolitik der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

28.08.2012 / Beitrag in der Reihe: Was ist systemrelevant? -auf www.linksfraktion.de

29.400 Euro beträgt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der durchschnittliche Lohn eines abhängig Beschäftigten im Jahr. Der Vorstandschef der Volkswagen AG hingegen verdient 17,5 Millionen Euro im Jahr. Wenn man unterstellt, dass er dafür an 250 Tage im Jahr jeweils 12 Stunden arbeitet, dann verdient dieser Vorstandschef ganze 5.833 Euro pro Stunde. Das Jahreseinkommen eines durchschnittlichen Beschäftigten verdient er somit in etwa fünf Stunden.

Die Verhältnisse laufen komplett aus dem Ruder. Während die Profite der Banken und Superreichen mit Steuergeldern abgesichert werden und die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen in Deutschland kräftig gestiegen sind, stagnieren die Löhne und Gehälter, wächst der Niedriglohnbereich in unerträglicher Weise. Fast jeder vierte Beschäftigte in Deutschland verdient weniger als 9,15 Euro in der Stunde. 4,1 Millionen Menschen arbeiten müssen sogar für Löhne unter 7 und 1,4 Millionen für unter 5 Euro arbeiten.

Interessen der Mehrheit schützen und befördern

"Systemrelevant“, so heißt es immer, wenn es um die Interessen der Konzerne und Wohlhabenden geht. Aber "systemrelevant" müsste es doch sein, die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung – der Allgemeinheit – zu schützen und zu befördern. Der Zusammenhalt einer Gesellschaft verträgt die immer größere Einkommensungleichheit nicht. Aber gerade diese Ungleichheit und die damit einhergehenden sozialen Probleme wurden durch die Politik der Bundesregierungen von Schwarz-Gelb wie Rot-Grün bewusst gefördert. Gerhard Schröder setzte mit der Agenda 2010 auf eine aggressive Billiglohnstrategie und die CDU-Kanzlerin trieb diese weiter voran.

Die verschärften Sanktionsmöglichkeiten, die die Hartz-Gesetze mit sich brachten, zwangen Hunderttausende von Menschen in schlecht bezahlte Arbeitsverhältnisse. Sie erhöhten auch die Angst vor Arbeitslosigkeit unter denjenigen, die Arbeit hatten und erhöhten die Bereitschaft gegebenenfalls auch schlechtere Löhne und Arbeitsbedingungen zu akzeptieren. Die Hartz-Gesetze haben deshalb nicht nur die Situation der Erwerbslosen deutlich verschlechtert, sondern auch den Beschäftigten geschadet. Niedriglöhne sind so heute nicht mehr nur ein Problem für geringqualifizierte Beschäftigte. Auch unter den Facharbeitern und Hochschulabsolventen wächst die Zahl derjenigen, die als Leiharbeits- oder Werkvertragsbeschäftigte deutlich weniger verdienen als ihre regulär beschäftigten Kollegen.

Versteckte Form des Lohnraubs

„Systemrelevant“ ist für die herrschende Politik auch seit Jahren schon die immer wieder beschworene "Senkung der Lohnnebenkosten“. Die aber ist nichts anderes als eine versteckte Form des Lohnraubs, die den Beschäftigten immer stärker die sozialen Risiken von Krankheit oder Alter aufbürdet, die vorher auch von den Unternehmen mit abgesichert wurden.

Die Bundesregierung und ihrer Vorgängerinnen wollten mit dieser Lohnsenkungsstrategie vor allem die Konkurrenzfähigkeit deutscher Unternehmen auf dem Markt steigern und deren Profite auf Kosten der Weltmarktkonkurrenz erhöhen. Die Profite deutscher Unternehmen wuchsen in den letzten Jahren tatsächlich kräftig. Bei den meisten Beschäftigten aber kam nichts davon an.

Schlimmer noch: Die Dumping-Strategie der Bundesregierung hat den Druck auf die Löhne in anderen Ländern beträchtlich erhöht.

Die Bundesregierung will uns weismachen, dass sich auf der Grundlage bescheidener Löhne ein stabiles Wirtschaftswachstum erreichen lässt und will ihre Billiglohnstrategie jetzt den anderen Euro-Ländern als "Erfolgsmodell“ vorschreiben. Aber der vorgeschlagene Weg führt nur in einen Unterbietungswettbewerb nach unten. Und das ist keine Lösung der Krise. Die Krise wird dadurch sogar noch verschärft.

Menschen vor Profite

Für eine erfolgreiche Anti-Krisenpolitik ist es erforderlich, die Interessen der Mehrheit als "systemrelevant“ zu behandeln. Das würde bedeuten, einen gesetzlichen Mindestlohn von nicht weniger als 10 Euro einzuführen, die Leiharbeit zu verbieten und endlich wieder Ordnung auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen. Das heißt: der regulären Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt den Vorrang zu geben. Das Leben von Millionen von Menschen würde sich auf einen Schlag merklich verbessern und auch den Druck auf die durchschnittlichen Lohn- und Gehaltsbereiche ausbremsen.

DIE LINKE ist die einzige Partei, die eine Strategie für gute Löhne konsequent verfolgt. Wir sagen "Menschen vor Profite", ohne Wenn und Aber. Es muss Schluss damit sein, dass die herrschende Politik vor diesem korrupten und menschenverachtenden Wirtschaftssystem den Rücken krumm macht. Relevant sind gerechte Verhältnisse vor Kapitalinteressen - das ist unsere Devise.

linksfraktion.de, 24.08.2012