Standort-Aus zum Werksjubiläum - Opel-Spitze will die Fahrzeugproduktion in Bochum beenden/ Betriebsrat gibt sich gelassen
Von Marcus Meier
Bei Opel in Bochum soll mit der Fahrzeugproduktion Schluss sein. So jedenfalls hat es der Vorstand auf einer Belegschaftsversammlung angekündigt.
Rainer Einenkel, Betriebsratsboss von Opel Bochum, wirkte weder sarkastisch noch schicksalsergeben, als er am Montag vor laufenden Kameras seine Bilanz des Vormittags zog. Zuvor hatte der kommissarische Vorstandsvorsitzende von Opel Deutschland, Thomas Sedran, auf einer Belegschaftsversammlung im »RuhrCongress Bochum« vor gut 3000 Arbeitern das Aus angekündigt, was allenfalls im Detail noch überraschend war: Die Produktion von Fahrzeugen müsse am Ruhrgebietsstandort 2016 beendet werden. Danach verließ der ehemalige Unternehmensberater fluchtartig mit zwei Vorstandskollegen den Saal. »Durch den Hinterausgang«, wie Gewerkschafter Einenkel höhnte. Durchaus nicht zum ersten Mal sei von einem Vorstand das Standort-Aus angekündigt worden - doch von diesen Managern sei keiner mehr im Amt, sagte Einenkel, seit 40 Jahren Opelaner, nicht ohne Süffisanz. Er verwies auf frühere Kampferfolge und Kreativität, aber auch auf Zugeständnisse der Bochumer Kollegen. Und beschwor die Solidarität anderer Opel-Standorte und der Landespolitik.
Schließlich forderte er die Produktion des neuen »Zafira«-Modells (ab 2017) für Bochum ein. Auch Teile der Produktion des stark nachgefragten Familiengeländewagens »Mokka« könne die gebeutelte Region übernehmen. Sollte das Bochumer Werk abgewickelt werden, so drohe der Marke Opel ein irreparabler und lebensbedrohender Schaden.
Die Spitze der oppositionellen CDU in Nordrhein-Westfalen sprach von einem »schwarzen Tag« für Bochum. »Unsere Solidarität gilt den Opel-Beschäftigten«, behauptete auch Reiner Priggen, Landtagsfraktionschef der in NRW mitregierenden Grünen.
Das Management der Konzernmutter General Motors lasse Opel »am ausgestreckten Arm verhungern«, sagte der Vorsitzende der LINKE-Bundestagsfraktion, Gregor Gysi. Belegschaft und deutsches Management seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden. »Jetzt muss bis zur letzten Schraube gekämpft werden«, forderte LINKE-Landeschef Rüdiger Sagel und plädierte, an die Adresse der anderen Parteien gerichtet, dafür, »Druck auf den amerikanischen Mutterkonzern auszuüben«.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwarte sozialverträgliche Lösungen, verkündete ein Regierungssprecher in Berlin. Derweil lehnte ihr Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) staatliche Hilfen für Opel kategorisch ab. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück erwartet für den anstehenden Personalabbau eine »sozialverträgliche Lösung ohne betriebsbedingte Kündigungen«.
Rund 40 private Sicherheitsleute waren angeheuert worden, um im Kongresszentrum für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Laut IG-Metall-Funktionär Paul Fröhlich wurde der Vertrauenskörper-Leiter Dirk Grützner von Securities zu Boden geworfen und gewürgt, als er den davoneilenden Managern hinterherlief, um ihnen kritische Fragen zu stellen.
Sedran betonte, der Opel-Vorstand übernehme Verantwortung gegenüber allen Mitarbeitern. Aber die jüngsten Sparrunden würden nicht ausreichen, um die Kapazitäten an die schwächelnde Nachfrage anzupassen. Opel bleibe aber in Bochum präsent, Sedran nannte Logistik und Warenverteilung als Aufgaben.
Ausgerechnet in der Woche, in der das Werk Bochum seinen 50. Geburtstag feiern wird, wurde die schlechte Botschaft überbracht. Betriebsrat, IG Metall und Gewerkschaft wollen nun überlegen, wie weiter vorzugehen ist. Es sei kein blinder Aktionismus geplant, kündigte Rainer Einenkel an. Doch könne er nicht ausschließen, dass »bald die Räder still stehen«. Jedenfalls glaubt der Betriebsratsboss nicht, dass die Belegschaft bis zum bitteren Ende Qualitätsarbeit leisten werde.
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