Ein Marshallplan für Europa

Vorschlag des DGB für ein Konjunktur-, Investitions- und Aufbauprogramm für Europa

13.12.2012 / DGB Bundesvorstand, 04.12.2012

Zusammenfassung:

Europa muss sich der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stellen. Angesichts der knappen natürlichen Ressourcen, der sozialen Schieflage, der wachsenden Arbeitslosigkeit, der demographischen Herausforderungen und der steigenden Wissens- und Technologieintensität des Wirtschaftens muss sich Europa neu aufstellen und seine Stärke für eine bessere, sozialere, prosperierende, demokratische und friedliche Zukunft mobilisieren.

Doch die wirtschaftliche Lage in Europa und insbesondere in der Eurozone verschlechtert sich zunehmend. Das politische Krisenmanagement aus Spardiktaten, Lohn-, Renten- und Sozialkürzungen hat zu einer wirtschaftlichen Talfahrt geführt. Die Rezession droht den ganzen Kontinent zu erfassen und sogar die Weltkonjunktur zu beeinträchtigen.

EU-Parlament

Es ist das Gebot der Stunde, mit einem Kurswechsel die Weichen für die Zukunft zu stellen und damit die Konjunktur zu stabilisieren. Europa benötigt einen langfristig angelegten Wachstums- und Modernisierungspfad, der unseren Kontinent zukunftsfest macht, die Jobs des 21. Jahrhunderts schafft und Wohlstand für alle ermöglicht.

Das erfordert Investitionen in nachhaltige Energieerzeugung, in die Reduktion des Energieverbrauchs, in nachhaltige Industrien und Dienstleistung, in Bildung und Ausbildung, in Forschung und Entwicklung, in moderne Verkehrsinfrastruktur, emissionsarme Städte und Gemeinden, in die Effizienz der öffentlichen Verwaltungen. Es erfordert auch die gerechte Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen an einer besseren Zukunft.

Die Zukunftsfähigkeit Europas setzt heute Investitionen voraus. Europa hat hierfür alle Ressourcen: Menschen, Wissen, Innovationskraft, Kapital, moderne Infrastrukturen, intakte öffentliche und private Einrichtungen, hoch entwickelte Industrie- und Dienstleistungszentren, soziale Sicherungssysteme, einen gemeinsamen Markt und eine gemeinsame Währung. All dies verbindet Europa. Wir müssen gemeinsam diese Stärken bündeln und sie für einen Umbau unserer Gesellschaften einsetzen.

Vor diesem Hintergrund haben wir einen Entwurf für einen „Marshallplan für Europa“ entwickelt, den wir der europäischen Öffentlichkeit, vor allem aber unseren europäischen Kolleginnen und Kollegen, zur Diskussion stellen. Wir nennen darin die für Deutschland wichtigen Handlungsfelder und appellieren an die europäischen Gewerkschaften genauso wie an die politischen Entscheider Europas zu prüfen, welche länderspezifischen Maßnahmen für das jeweilige Land geeignet sind. Vor allem Sozialpartner, Politiker und die Zivilgesellschaft sind aufgerufen, mit ihren konkreten Vorschlägen den von uns vorgeschlagenen Marshallplan zu ergänzen. Wir laden sie alle ausdrücklich ein, sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen und gemeinsam mit uns an der Erstellung eines Zukunftsprogramms mitzuarbeiten.

Die Gewerkschaften im DGB haben sich bei der Ausarbeitung des Zukunftsprogramms von folgenden Grundsätzen leiten lassen. Es muss

  • für ausreichend gute, zukunftsfähige und hochwertige Arbeitsplätze und für Wohlstand sorgen.
  • nachhaltig und so angelegt sein, dass die Substanz europäischer Gesellschaften erhalten und an ökologische, soziale und demografische Herausforderungen angepasst wird.
  • demokratisch kontrolliert werden durch die gewählten europäischen Institutionen, allen voran das Europäische Parlament, die wiederum von bestehenden europäischen Institutionen (z.B. die EIB) bei der Ausübung der Kontrolle unterstützt werden.
  • als ein gesamteuropäisches supranationales Projekt und nicht als Summe der Einzelinteressen der europäischen Länder verstanden werden.
  • vorausschauend und Konjunkturunabhängig sein, alsokurzfristig notwendige Maßnahmen in den Kontext der langfristigen Herausforderungen stellen und sich auch im Aufschwung fortsetzen.
  • dem Markt Regeln setzen und politische Orientierung geben und dabei auch private Investitionen in innovative Zukunftsprojekte lenken.
  • gerecht finanziert sein und gerecht verteilt werden. Finanzstarke soziale Schichten und ökonomisch stärkere Regionen müssen stärker zur Finanzierung der Zukunftsinvestitionen beitragen als die Schwächeren. Das gilt auch für die Teilhabe an einem solchen Programm.
  • solide finanziert sein. und gleichzeitig die Staaten Europas in die Lage versetzen, Steuereinnahmen für die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen und zum Abbau der öffentlichen Verschuldung zu generieren.

Kernelemente unseres Marshallplans

Unser „Marshallplan für Europa“ ist aus dem Verständnis entstanden, dass die kurzfristige Konjunkturentwicklung und das längerfristige Wachstumspotenzial eng zusammenhängen. Gefragt ist eine politische Strategie, die beides berücksichtigt. Der DGB-Marshallplan für Europa versteht sich als ein, auf 10 Jahre (von 2013 bis 2022) angelegtes Investitions- und Aufbauprogramm für alle 27 EU-Länder.

Wir gehen bei den Vorschlägen von unseren Erfahrungen aus und wissen um die unterschiedlichen Rahmen- und Ausgangsbedingungen in unseren europäischen Partnerländern. Wir schlagen einen Mix aus institutionellen Maßnahmen, direkten öffentlichen Investitionen, Investitionszulagen für Unternehmen und die Konjunktur stabilisierenden Konsumanreizen vor. Letztere dienen der kurzfristigen Krisenbekämpfung und sind zum überwiegenden Teil befristet. Die öffentlichen Investitionen und Investitionszulagen hingegen entfachen ihre Wirkung erst mit einer zeitlichen Verzögerung, dienen aber dazu, langfristige Wachstums- und Beschäftigungsperspektiven in Europa durch die Stärkung und Förderung moderner Industrien und Dienstleistungen zu sichern. Sie eignen sich zugleich für gesellschaftlich notwendige bildungs-, sozial- und klimapolitische Weichenstellungen und unterstützen qualitative Wachstumsziele. Die Wachstums- und Beschäftigungseffekte solcher Maßnahmen ermöglichen eine sich selbsttragende, höhere Wachstumsdynamik.

Im Zentrum unserer Vorschläge stehen ein Umbau und eine Modernisierung unserer europäischen Volkswirtschaften mit dem Ziel, energiearm und ressourcenschonend zu wirtschaften und uns damit langfristig von Brennstoffimporten unabhängig zu machen und zugleich den CO2-Ausstoß in Europa massiv zu reduzieren. Die europäischen Staaten haben sich bereits dazu verpflichtet. So will die EU bis 2020 die CO2-Emissionen um 20% senken und den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromproduktion auf 20% steigern. Es wird angestrebt, bis 2050 den CO2-Ausstoß sogar um 80% bis 95% unter den Stand von 1990 zu senken. Hierfür hat die Europäische Kommission einen „Energiefahrplan 2050“ [1] vorgelegt Wir wollen mit unserem Vorschlag einen solchen Energiefahrplan für die nächsten 10 Jahre massiv stützen, ohne Wirtschaft und Gesellschaft und vor allem Arbeitnehmerhaushalte im Übermaß zu belasten. Wir nennen dieses ambitionierte Programm in Anlehnung an den deutschen Fahrplan für einen Ausstieg aus der Atomenergie „Europäische Energiewende“ und veranschlagen dafür in Anlehnung an den „Energiefahrplan 2050“ jährliche Investitionen von 150 Mrd. Euro.

Wir wollen unsere Städte und Gemeinden auf eine alternde Gesellschaft vorbereiten, die Bildung und Ausbildung der Menschen fördern, den Bestand an öffentlicher und privater Infrastruktur modernisieren und ausbauen sowie die Industrie- und Dienstleistungszentren der Zukunft erschließen. Wir verstehen den modernen Sozialstaat als Produktivkraft und wollen Innovationen, Forschung und Entwicklung als die schöpferische Treiber eines neuen Wirtschaftens stärken.

Unser Marshallplan setzt darüber hinaus an verschiedenen Stellen an: er stärkt Europas industrielle Wertschöpfung und öffentliche Dienstleistungen, hilft die Verkehrsinfrastruktur zu modernisieren und den Ausbau von Breitbandnetzen zu beschleunigen, sorgt für mehr Investitionen in Bildung und Ausbildung und eine nachhaltige Bewirtschaftung der knappen Wasserressourcen. Vor allem aber wird er die Kooperation zwischen den europäischen Ländern verbessern, die die gewaltigen Herausforderungen von Zukunftsgestaltung und Krisenmanagement nur gemeinsam bewältigen können.

Dafür sind europaweit massive Investitionen von durchschnittlich 110 Mrd. Euro jährlich erforderlich, wenn eine solche Modernisierungsoffensive die gesamte EU erfassen sollte. Insgesamt ergibt sich ein jährlicher Finanzierungsbedarf von durchschnittlich 260 Mrd. Euro. Das entspricht knapp über 2% des europäischen BIP.

Ein so langfristig angelegtes ambitioniertes Investitionsprogramm kann nicht von einem einzigen Land allein gestemmt werden. Vor allem finanziell angeschlagene Krisenländer können gegenwärtig aus eigener Kraft eine solche Modernisierungsoffensive nicht umsetzen. Deswegen brauchen wir gemeinsame Anstrengungen und neue europäische Einrichtungen mit stabilen und soliden Finanzierungsquellen.

Finanzierung des Marshallplans

Langfristige durchschnittliche Kosten und Nutzen durch den Marshallplan pro Jahr für EU-27

Kosten des Marshallplans:

  • Durchschnittliche jährliche Investitionen in europäische Energiewende: 150 Mrd. Euro
  • Weitere Investitionen: 110 Mrd. Euro
  • Summe der jährlichen Investitionen: 260 Mrd. Euro

Nutzen des Marshallplans (Wachstum, Arbeitsplätze, Einnahmen, Einsparungen etc.):

  • Zusätzliches Wachstum des Bruttoinlandsproduktes: 3 Prozent
  • Zusätzlicher Wachstumsimpuls: 400 Mrd. EUR
  • Zusätzliche Vollzeitstellen: 9 bis 11 Millionen
  • Zusätzliche Steuereinnahmen für EU-Staaten: 104 Mrd. Euro
  • Zusätzliche Einnahmen an SV-Beiträgen: 56 Mrd. Euro
  • Zusätzliche Einsparungen bei den Kosten der Arbeitslosigkeit: 20 Mrd. Euro
  • Durchschnittliche jährliche Einsparungen an Brennstoffimporten: 300 Mrd. Euro

Finanzierung und Tilgung des Marshallplans:

  • Durchschnittliche jährliche Emission von „New Deal Anleihen“: 180 Mrd. Euro
  • Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer: 75-100 Mrd. Euro
  • Tilgung der Kredite an private und öffentliche Investoren: 100 Mrd. Euro

Vor dem Hintergrund des massiven Modernisierungsbedarfs Europas hat der DGB bereits in einem „4-Punkte-Programm" von 2011 den Vorschlag unterbreitet, einen „Europäischen Zukunftsfonds“ zu gründen und ihn finanziell so auszustatten, dass er Investitionen europaweit finanzieren und in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten umsetzen kann. Unser Ziel ist es, Europa in seiner Gesamtheit zukunftsfähig zu machen.

Der „Europäische Zukunftsfonds“ braucht eine europäische Finanzierung, um damit die erforderlichen Investitionen fördern zu können. In Westeuropa stehen 27.000 Mrd. Euro an Geldvermögen einer schrumpfenden Zahl von sicheren und rentablen Anlagemöglichkeiten gegenüber: Diese Situation birgt die große Chance, das vorhandene Kapital Europas für die Investitionen in seine Zukunft umzulenken. Zu diesem Zweck emittiert der „Europäische Zukunftsfonds“ ähnlich wie Unternehmen oder Staaten verzinsliche Anleihen, die wir „New Deal Anleihen“ nennen. Anleger bekommen damit endlich gute und sichere Anlagemöglichkeiten, die EU sichert die Finanzierung dieser Modernisierungsoffensive.

So kann der „Europäische Zukunftsfonds“ den jährlichen Investitionsbedarf in genauer Höhe durch die Emission von 10jährigen „New Deal Anleihen“ finanzieren, für die jährliche Zinsen anfallen würden. Diese Zinsverpflichtungen, für die der Zukunftsfonds selbst aufkommen muss, können aus den Einnahmen einer Finanztransaktionssteuer (Financial Transaction Tax, FTT) finanziert werden. Wir sind uns darüber im Klaren, dass die FTT nicht aus dem Stand in allen 27 Staaten eingeführt werden wird. Gegenwärtig stellen sie lediglich 12 EU-Länder in Aussicht. Mit unserem Marshallplan zeigen wir aber den noch skeptischen Regierungen einiger EU-Länder, dass der Einführung der FTT ökonomische und ökologische Vorteile gegenüberstehen. Das kann die Bereitschaft der Länder zur Einführung der FTT und damit auch die Einnahmen erhöhen. Führen einige EU-Staaten trotz dieser Vorteile die Finanztransaktionssteuer nicht ein, dann reduzieren sich die Einnahmen aus der FTT, aber auch die Investitionen um ihren Anteil.

Dennoch: Auch ein Anfang auf Basis einer FTT nur in 12 Ländern kann zeigen, dass in diesen Ländern kurzfristig konjunkturstabilisierende Maßnahmen und langfristige Modernisierung ihrer Volkswirtschaften finanziert werden können. Dieses Vorbild könnte die anderen EU-Länder dazu bewegen, sich dem Konjunktur-, Investitions- und Aufbauprogramm anzuschließen. Daher haben wir uns in unserem Marshallplan an der Langfristperspektive orientiert und ein Programm für die EU in ihrer Gesamtheit entworfen. Wir haben für unsere Berechnungen jährliche Einnahmen von 75 bzw. 100 Mrd. Euro zugrunde gelegt, wenn die FTT, wie in den Berechnungen der Kommission, in allen EU-Staaten eingeführt würde. Allerdings haben wir die Bemessungsgrundlage um Devisenhandel erweitert und alle Transaktionen – anders als im Vorschlag der Europäischen Kommission – mit einem einheitlichen Steuersatz von 0,1% versehen. Damit kann der „Europäische Zukunftsfonds“ zu einem die anfallenden Zinsenverpflichtungen finanzieren und zum anderen den jährlichen Finanzierungsbedarf und damit das Volumen der emittierten „New Deal Anleihen“ reduzieren.

Um den Zinssatz auf die „New Deal Anleihen“ möglichst niedrig zu halten, muss der „Europäische Zukunftsfonds“ an den Finanzmärkten als solventer Schuldner mit hoher Bonität gelten können. Deshalb muss der Zukunftsfonds bereits bei seiner Gründung mit ausreichend Eigenkapital ausgestattet werden. Da bis heute ausschließlich Steuerzahler bzw. Arbeitnehmer die Hauptlast der Krisenbekämpfung tragen, ist es an der Zeit, dass die Gruppe der Vermögenden und Reichen an der einmaligen Finanzierung der Kapitalausstattung des Zukunftsfonds beteiligt werden. Für Deutschland schlagen wir eine noch zu konkretisierende einmalige Vermögensabgabe von 3% auf alle privaten Vermögen ab 500.000 Euro bei Ledigen bzw. 1 Mio. Euro bei Verheirateten vor. Ihr Volumen sollte allein in Deutschland einmalig zwischen 50 und 70 Mrd. Euro liegen, die für den „Europäischen Zukunftsfonds“ eingenommen werden. Die anderen EU-Länder sollten ihre Vermögenden und Reichen ebenfalls mit vergleichbaren Maßnahmen heranziehen. Dabei können sie sich an den in ihren Ländern bereits geltenden Regeln zur Vermögensbesteuerung orientieren, die über die deutsche Gesetzeslage weit hinausgehen. Insgesamt könnten europaweit zwischen 200 und 250 Mrd. Euro mobilisiert werden. Damit wäre der Europäische Zukunftsfonds mit genügend Eigenmitteln ausgestattet, um am Markt als erstklassiger Schuldner zu gelten und niedrige Zinsen für seine „New Deal Anleihen“ zu entrichten. Bis das Geld bei den Vermögenden eingesammelt wird, können entweder der ESM oder die Euroländer mit der Bereitstellung von Garantien in Vorleistung gehen.

Als neue europäische Einrichtung soll der „Europäische Zukunftsfonds“ einer strikten Kontrolle durch das Europäische Parlament unterliegen. Anknüpfend an die Vorschläge von neun Außenministern zur Zukunft Europas muss das Europäische Parlament allen Mittelabflüssen aus dem Zukunftsfonds zustimmen. Voraussetzung dafür ist eine enge Einbindung des EP in alle Entscheidungsprozesse. Sollten sich anfangs nicht alle EU-Staaten am Zukunftsfonds beteiligen, so werden auch nur die Abgeordneten aus teilnehmenden Mitgliedstaaten in die Entscheidungen eingebunden.

Makroökonomische Effekte des Marshallplans

Unser Marshallplan zeigt, dass Nachhaltigkeit, Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand keine Gegensätze sind. Zudem sind sie auch finanzierbar. Wir belasten zwar einmalige die Vermögenden und Reichen mit einer Vermögensabgabe wie in unserem Vorschlag in Deutschland, bieten aber andererseits den Anlegern eine sichere verzinsliche „New Deal Anleihe“. Ihre Anlageprobleme werden dadurch gemildert. Davon profitieren vor allem Versicherungen, Pensionsfonds und öffentliche Anleger. Auf der anderen Seite belasten wir mit der Besteuerung von vor allem hochspekulativen Finanztransaktionen diejenigen Finanzmarktakteure, die die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit 80 Jahren hauptsächlich verursacht haben. Von den Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer profitieren deshalb nicht nur Umwelt, Beschäftigten, Staaten und die Realwirtschaft, sondern auch diejenigen Anleger, die auf sichere Anlagen und bescheidene Zinseinnahmen setzen.

Stellt man den durchschnittlichen jährlichen Kosten dieses ambitionierten Programms die Einsparungen bei Brennstoffimporten gegenüber, ergeben sich nicht nur die Vorteile bei der Reduktion des CO2-Ausstoßes, sondern auch die wichtige Entkopplung der Energieversorgung Europas von den Brennstoffimporten. Damit leistet Europa einen erheblichen Beitrag zur Verminderung der weltweiten Klima-Krise und wird zum Vorbild für andere Wirtschaftsregionen der Welt.

Der DGB-Marshallplan beinhaltet entscheidende Impulse für qualitatives Wachstum sowie neue und zukunftsfähige Arbeitsplätze. Die vorgeschlagenen Investitionen und Investitionsförderungen in Höhe von jährlich 260 Mrd. Euro bestehen aus 160 Mrd. Euro Direktinvestitionen und Investitionszulagen und aus 100 Mrd. Euro zehnjähriger günstiger Kredite an private Investoren. Diese Kombination aus langfristigen günstigen Krediten und Investitionszulagen soll zusätzliche private Investitionen anregen und dadurch flächendeckend private Modernisierungen befördern. Diese wiederum würden weitere private Investitionen nach sich ziehen und einen jährlichen zusätzlichen Wachstumsimpuls von insgesamt 400 Mrd. Euro erzielen. Das entspräche einem zusätzlichen Wachstumsimpuls von über 3% des Bruttoinlandsprodukts der EU im Jahr 2011.

Die hohe Wachstumsdynamik geht auch mit positiven Effekten für die Beschäftigung einher. Die Substitution der mit geringen heimischen Arbeitsplätzen einhergehenden Öl- und Gas-Importe durch eine CO2-arme Energieversorgung, die wesentlich höhere Beschäftigungsquote aufweist, wird langfristig die Beschäftigung erhöhen und damit die Haushalte der EU-Länder entlasten.

Unsere Investitionsoffensive in eine energetische Grundsanierung der europäischen Volkswirtschaften kann langfristig 9 bis 11 Millionen neue und zukunftsfähige Vollzeitarbeitsplätze hervorbringen. Zukunftsfähige Arbeitsplätze sind die besten Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit.

Quantitatives Wachstum und ein hohes Beschäftigungsniveau sind auch die beste Grundlage für den Schuldenabbau und eine nachhaltige Haushaltsführung. Von unserem Programm profitieren die EU-Staaten doppelt: Die Investitionen belasten ihre Haushalte nicht. Stattdessen erhalten sie zusätzliche Wachstums- und Beschäftigungsimpulse und können daraus wesentlich höhere direkte und indirekte Steuereinnahmen aus Lohn-, Mehrwert-, Unternehmen- und Körperschaftsteuern sowie Soziailversicherungsbeiträge generieren und die Kosten der Arbeitslosigkeit einsparen.

Das würde bedeuten, dass durch die 400 Mrd. Euro an zusätzlichem BIP 104 Mrd. Euro zusätzliche Steuern eingenommen werden. Das Wachstum sorgt für 56 Mrd. Euro an zusätzlichen Sozialversicherungsbeiträgen. Zudem würden Einsparungen von 20 Mrd. Euro aufgrund geringerer Kosten der Arbeitslosigkeit anfallen. Insgesamt sind 180 Mrd. Euro an Mehreinnahmen und Einsparungen zu generieren, die einzig und allein den EU-Ländern zufließen würde. [2]

Wir sehen in diesem Programm den besten Impuls nicht nur für ein Ressourcen schonendes und zugleich Wohlstand förderndes Wirtschaften. Zudem lässt sich damit auch die öffentliche und private Verschuldung in Europa reduzieren. Wie sich die Zahlen im Einzelnen herleiten, wird in der Tabelle detaillierter ausgeführt.

[1] Vgl. Energiefahrplan 2050, MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN , Brüssel, 12.12.2011.

[2] Multiplikatoreffekte wurden nach den methodischen Vorgaben der Europäischen Kommission berechnet. Vgl. EUROPEAN COMMISSION DIRECTORATE GENERAL ECONOMIC AND FINANCIAL AFFAIRS: NEW AND UPDATED BUDGETARY SENSITIVITIES FOR THE EU BUDGETARY SURVEILLANC (Information note for the Economic and Policy Committee), Brussels, 30 September 2005)

Die Langfassung des Beschlusses finden Sie im folgenden PDF-Dokument