Die Pleitebank des Nordens meldet weitere Verluste
Von Joachim Bischoff
»Die HSH Nordbank hat in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres weitere Fortschritte bei der Umsetzung des neuen Geschäftsmodells, der ›Bank für Unternehmer‹, gemacht.« Mit diesem Satz eröffnet die HSH Nordbank den Kommentar zu ihrem Quartalsbericht. Unverkennbar ist: An peinlichem, übersteigertem Selbstbewusstsein mangelte es den Bankern aus Kiel/Hamburg in den letzten fünf Jahren nie. Unverfroren wird ein deutlicher Verlust in eine positive sprachliche Hülle gesteckt.
Das Bankmanagement ist offenkundig unbelehrbar, denn diese
anhaltenden Meldungen eines Aufwärtstrends werden längst nicht mehr
ernst genommen. Die These von der Ausweitung des Neugeschäftes
kommentiert beispielsweise die Financial Time Deutschland so: »Bei
Provisions- und Zinserträgen – dort schlägt sich der operative
Erfolg einer Bank nieder – zeigte sich der Erfolg jedoch noch
nicht: Beide Posten gingen deutlich zurück.« Und trotz des wieder
verkündeten Prinzips Hoffnung wird die Bank ihren Abwärtskurs
beschleunigen.
Fakt ist: Für den Zeitraum Januar bis
September 2012 muss die Landesbank von Hamburg und
Schleswig-Holstein einen Verlust von 25 Mio. Euro ausweisen. Nach
sechs Monaten hatte die Bank noch einen Gewinn von 70 Mio. Euro
ausgewiesen. Verantwortlich für diese Negativentwicklung sind nach
Aussagen der HSH Nordbank die Euro-Staatsschuldenkrise, die weltweite
konjunkturelle Eintrübung und insbesondere die weiter verschärfte
Lage der internationalen Seeschifffahrt. Für die ersten neun Monate
des laufenden Geschäftsjahres musste die Bank ihre Risikovorsorge um
458 Mio. Euro erhöhen, gegenüber 365 Mio. Euro Auflösung im
Vorjahreszeitraum. Insbesondere belasteten Wertberichtigungen bei
Sanierungsengagements in den Shipping-Portfolien. Die Landesbank hat
nun fast eine halbe Milliarde Euro in die Risikovorsorge gesteckt.
Diese Summe wäre noch wesentlich höher ausgefallen, wenn nicht die
Länder Schleswig-Holstein und Hamburg für alte Kreditbestände die
Garantie übernommen hätten. Die Entlastung bei der Risikovorsorge
durch die öffentlichen Garantien beträgt im Saldo 441 Mio.
Euro.
Die Risikovorsorge resultiert vorwiegend aus
Altbeständen, d.h. den toxischen Papieren, und insofern wird die
Zweitverlustgarantie der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein davon
tangiert. Die Auslastung der Zweitverlustgarantie ist im
Jahresverlauf um 868 Mio. Euro auf 2.393 Mio. Euro gestiegen. Die
Bank geht davon au , dass erstmalig im Jahr 2019 effektive Zahlungen
aus dieser Zweitverlustgarantie geleistet werden müssen. Nach Abzug
der von der Bank selbst zu tragenden Erstverlusttranche summieren
sich die erwarteten effektiven Zahlungen aus der Zweitverlustgarantie
bis zum Jahr 2025 auf maximal 1,3 Mrd. Euro.
Logischerweise hat diese Risikovorsorge auch Auswirkungen auf die Kapitalquote. Der Rückgang der Kapitalquote von 10,3% am Jahresultimo 2011 auf nunmehr 9,4% ist die Folge eines deutlichen Anstiegs der risikogewichteten Aktiva, der maßgeblich auf die Krise in der Schifffahrt und die dadurch verschlechterten Risikoparameter zurückzuführen ist. Dieser Anstieg konnte nur zum Teil durch kapitalstärkende Maßnahmen, den fortgesetzten Abbau von nicht-strategischen Portfolien sowie die Zweitverlustgarantie ausgeglichen werden.
Die Lage der Bank ist also ernst.
Das toxische Erbe und die schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen
werden die Geschäftsentwicklung auch im weiteren Jahresverlauf
maßgeblich beeinflussen. Die HSH Nordbank stellt angesichts deutlich
eingetrübter Erwartungen in einzelnen Märkten, insbesondere der
Schifffahrt, weitere Verlust in Aussicht.
Die Krise der
Schifffahrt trifft auch andere große Schiffsfinanzierer wie die
Commerzbank und die Nord/Lb. Die Commerzbank ist dabei, aus dem
Geschäftsfeld ganz auszusteigen und auch die Nord/LB schätzt die
weitere Entwicklung kritisch ein. Die Schiffskrise wird sich auch im
Jahr 2013 und 2014 fortsetzen. Insbesondere für das vierte Quartal
2012 muss mit einem »großen Nachschlag« bei den Kreditrisiken
gerechnet werden. Das lässt nichts Gutes für die Ergebnisse der HSH
im vierten Quartal erwarten. Es gehört wenig Mut dazu, für das
Gesamtjahr 2012 einen deutlich höheren Verlust als im Vorjahr (-263
Mio. Euro) zu prognostizieren.
Die HSH Nordbank muss zudem sicherstellen, dass sie ihre harte Kernkapitalquote über dem geforderten Mindestwert von neun Prozent hält. Ohne zusätzliche Garantien und/oder Kapitalzuführung dürfte dies nicht machbar sein. Es ist ein Jammer, in welchem Ausmaß dieses marode Finanzinstitut die klammen Finanzressourcen von Hamburg und Schleswig-Holstein bindet. Für die Freie und Hansestadt Hamburg dürfte dieses Institut mittlerweile mit rund zwei Mrd. Euro Vermögensverlusten zu Buche schlagen. Ein Ende ist immer noch nicht in Sicht. Was könnte mit diesem verpulverten öffentlichen Gelder nicht alles an Wirtschafts- und Strukturförderung auf den Weg gebracht werden.
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