Rede Axel Troosts zur Verkürzung der Aufbewahrungsfristen sowie zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In meinen fast acht Jahren Bundestag habe ich in diesem Parlament einiges an Mätzchen und Spielchen erlebt.
(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Meinen Sie Herrn Steinbrück?)
Die Abläufe im Zusammenhang mit dem Jahressteuergesetz 2013 bekommen in einer Liste der Absurditäten auf jeden Fall einen Spitzenplatz: Der Bundestag hat gegen die Opposition ein Gesetz verabschiedet. Dieses Gesetz ging an den Bundesrat. Im Vermittlungsausschuss war im Prinzip Konsens hergestellt; doch dann ist alles an einem Punkt gescheitert. Anstatt dass man versuchte, wenigstens die restlichen Punkte vernünftig abzuarbeiten, wurde ein neuer Vorschlag gemacht. Dieser Vorschlag
wurde vom Bundestag verabschiedet, ging wieder an den Bundesrat und lag wieder im Vermittlungsausschuss. Jetzt sollen in einem dritten Anlauf noch einmal Veränderungen vorgenommen werden.
(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Sie müssen nur zustimmen; dann wäre das kein
Problem! – Dr. Daniel Volk [FDP]: Sie hätten zustimmen können!)
Meine Redezeit ist leider begrenzt; aber ich will noch einmal auf die geplante Verkürzung der Aufbewahrungszeiten eingehen. Zurzeit müssen Unternehmen Unterlagen zehn Jahre aufbewahren. Jetzt wird vorgeschlagen, diese Frist auf fünf Jahre zu verkürzen.
(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Falsch gelesen! Es sind acht Jahre!)
– Es sind je nachdem zehn Jahre oder acht Jahre; es geht ja um unterschiedliche Unterlagen.
(Zuruf von der FDP: Nein, nein, nein!)
Für die Unternehmen ist eine Verkürzung der Aufbewahrungsfristen natürlich angenehm. Ich habe selbst ein Unternehmen und weiß, was für Aktenberge man da aufbewahren muss.Die Bundesregierung hat in ihrem Gesetzentwurf geschätzt, dass die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für den Staat Kosten von 1 Milliarde Euro verursacht. Wir haben die Bundesregierung gefragt: Wie kommt
diese Milliarde zustande? Die Antwort war: Ursächlich ist, dass die Auswertung von Steuerunterlagen für Betriebsprüfungen und Steuerfahndung zeitlich nur eingeschränkt möglich ist.
(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Es geht um den Zeitraum!)
Zu deutsch: Wenn die Aufbewahrungsfristen verkürzt werden, sind die Steuerprüfer nicht mehr in der Lage, so zu prüfen, wie sie das eigentlich machen müssten, und dadurch entstehen Steuerausfälle von – geschätzt; es sind möglicherweise viel mehr – 1 Milliarde Euro. Das ist doch absurd. Haben Sie denn aus dem Fall Hoeneß und aus anderen Fällen überhaupt nichts gelernt?
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP: Was hat denn die Aufbewahrungsfrist damit zu tun?)
Sie marschieren genau in diese Richtung weiter. Jetzt sagen Sie: Da müssen die Länder ran, das ist
doch deren Problem. Nehmen wir einmal das Land Bayern. In Bayern wird ein mittelgroßes Unternehmen im Durchschnitt nur alle 20 Jahre geprüft, ein Kleinunternehmen sogar nur alle 40 Jahre.
(Olav Gutting [CDU/CSU]: Das sind alles ehrliche Leute in Bayern! – Dr. Daniel Volk
[FDP]: Das sind alles ehrliche Steuerzahler!)
– Alles ordentliche Steuerzahler, und es gibt keinerlei Rückstände. Aber warum sollen dann die Aufbewahrungsfristen verkürzt werden mit dem Argument, dass die Unternehmen entlastet werden sollen? Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Es geht nicht nur um die Einnahmen,
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die Prüfquote wird nicht besser!)
es geht in dieser Republik auch um Steuergerechtigkeit.
(Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Was Sie hier machen, hat damit überhaupt nichts zu tun, sondern ist das genaue Gegenteil.
(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das ist in guter Tradition!)
Das Gleiche gilt für die Cash-GmbH im Bereich der Erbschaftsteuer. Sie haben sich sozusagen durchgesetzt damit, dass bei der Vererbung von Betriebsvermögen ein Sonderweg gewählt werden kann.
(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja! Vernünftig!)
Jetzt ist aber klar: Der wird, wie immer, bis zum Gehtnichtmehr missbraucht.Sie haben jetzt einen Kompromiss aufgelegt, der aber kein wirklicher Kompromiss ist, weil er das Ganze nur
eingeschränkt verändert. Der ursprüngliche Vorschlag vom Bundesrat und vom Vermittlungsausschuss hätte wesentlich mehr Ergebnisse gebracht. Insofern ist auch dieser Weg für uns nicht akzeptabel.
Wegen dieses ganzen Kuddelmuddels werden wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, wohl wissend, dass darin zum Beispiel Regelungen für Bühnenregisseure und andere enthalten sind, denen wir gerne helfen würden.
(Dr. Daniel Volk [FDP]: Dann stimmen Sie zu!)
Wir können aber nicht zustimmen, wenn das mit solchen Kröten verbunden ist.Insofern wird das Gesetz noch einmal in den Vermittlungsausschuss gehen, und wir werden dann mit RotRot-Grün und nach Diskussionen mit Ihnen hoffentlich zu einem vernünftigen Ergebnis kommen.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)
Das Video der Rede können Sie nachfolgend sehen
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