CDU/CSU und FDP schaffen "soziale Stadt" ab
Von Katrin Kunert, kommunalpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Kommunen sind die Orte, in denen Menschen arbeiten und leben. Die Bundes- und Landesebene ist für Bürgerinnen und Bürger entbehrlich, Städte und Gemeinden nicht. Wenn eine Bundes- oder Landesbehörde schließt, merkt das kein Mensch. Werden dagegen Theater, Schulen oder Stadien geschlossen, regt sich Protest, denn es geht ein Stück Lebensqualität verloren.
DIE LINKE ist sich des Stellenwertes der Kommunen bewusst. Kommunalpolitik hat bei ihr ein gutes Standing. Die Bilanz der zurückliegenden vier Jahre kann sich sehen lassen. Die Bilanz von Schwarz-Gelb dagegen nicht, obwohl CDU/CSU und FDP mit der Antwort auf die Große Anfrage, über die der Bundestag am Donnerstag berät, den Anschein erwecken möchten, sie seien die kommunalfreundlichste Bundesregierung, die es je gegeben hat.
Sicher ist die Übernahme der Kosten bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch den Bund eine Entlastung für die Kommunen. Aber bezogen auf die Kommunalfinanzen ist dies der einzige Punkt, der positiv zu Buche schlägt. Schaut man sich alles andere etwas genauer an und setzt es ins Verhältnis zur Realität, entsteht ein anderes Bild. So hat Schwarz-Gelb nichts zur Verbesserung der Einnahmeseite der Kommunen getan. Im Gegenteil allein durch die Änderung von Steuergesetzen entsteht den Kommunen ein Minus von 7,2 Milliarden Euro.
Mittel aus dem Bundeshaushalt für Städtebauförderung, für Altschuldenhilfe der Wohnungsunternehmen, Arbeitsmarktförderung, Gebäudesanierung, für Förder- beziehungsweise Bundesprogramme, die für Kommunen wichtig sind, wurden Jahr für Jahr reduziert oder ganz gestrichen. So wurden zum Beispiel die Mittel für das Programm soziale Stadt von 105 Millionen Euro auf 50 Millionen Euro gekürzt - ein Programm, das in vielen Städten Deutschlands, so auch bei mir in Stendal, seit vielen Jahren für Integration und sozialen Zusammenhalt steht. Die schwarz-gelbe Koalition schaffte de facto die "soziale Stadt" ab, auch weil die verbliebenen Mittel nicht mehr für soziale Projekte genutzt werden dürfen. Diese Bundesregierung investiert nicht mehr in Köpfe, sondern nur noch in Beton. Das Programm ermöglichte Bewohnerinnen und Bewohnern, aktiv Verantwortung für ihren Stadtteil zu übernehmen. Mit den beschlossenen Kürzungen standen und stehen unter anderem Projekte zur Integration von Migrantinnen und Migranten vor dem Aus.
Das Konjunkturpaket II war nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Ergebnisse des vor kurzem veröffentlichten KfW-Kommunalpanels 2012 zeigen: Die Infrastruktur in den Städten und Gemeinden verfällt weiter. Der Nachholbedarf an Investitionen beträgt mittlerweile 128 Milliarden Euro. "Das ist nicht nur ein Ärgernis für die Bürgerinnen und Bürger, die sich über marode Straßen, schlecht ausgestattete Schulen und fehlende Breitbandanschlüsse beschweren, sondern stellt zusehends auch eine Belastung für den Wirtschaftsstandort Deutschland dar", so Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes.
Ein kommunale Investitionspauschale des Bundes für Kommunen in strukturschwachen Regionen, wie sie DIE LINKE seit Jahren fordert, lehnen indes CDU/CSU und FDP ab. Bei der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur wollen sie sich sogar ganz aus der Verantwortung stehlen. Ginge es nach der Bundesregierung, sollen Investitionen in Bus und Bahn sowie in Straßen in der Region ab 2020 nur noch durch Länder und Kommunen getätigt werden. Die Verhandlungen zwischen Bund, Länder und Kommunen haben hierzu bisher zu keinem Ergebnis geführt. Die Folge ist, dass bereits geplante Maßnahmen für 2014/2015 in Frage stehen.
Die Koalition steht für "Privat vor Staat". Nachdem ihre Privatisierungsstrategie nicht aufgegangen ist, versucht sie Privatisierungen durch die Hintertür zu organisieren, übrigens gegen den Willen der Mehrheit der Kommunen und deren Bürgerinnen und Bürgern. 1,2 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland haben die Europäische Bürgerinitiative "Wasser ist ein Menschenrecht" unterschrieben. Sie wollen nicht, dass Wasser privatisiert und die Wasserwirtschaft liberalisiert werden. Auch BürgermeisterInnen aller Parteien und kommunale Unternehmen laufen dagegen Sturm. Sie fordern die Herausnahme der Wasserversorgung aus der Richtlinie. Die Bundesregierung ignoriert dies.
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