Super-Mario ratlos
Von Lucas Zeise
Lange habe der Zentralbankrat die Frage diskutiert, ob man den schon rekordniedrigen Leitzins von einem halben Prozent noch weiter senken solle, berichtete Mario Draghi am Donnerstag bei der Pressekonferenz über die kurz zuvor abgeschlossene Sitzung des Entscheidungsgremiums der Europäischen Zentralbank. Dieses Mal sei dafür noch keine Mehrheit zustandegekommen. Aber dafür habe der Rat sich festgelegt, die Zinsen auf lange Sicht mindestens so niedrig zu halten wie bisher. Ein »beispielloser Schritt«, fand »Super-Mario«, wie die Presse den obersten Zentralbanker im Euro-Gebiet auch nennt, weil er mit der bloßen Ankündigungen, wenn nötig, Staatsanleihen in großer Menge zu kaufen, die Finanzmärkte vor einem guten Jahr erfolgreich beruhigt hatte.
Normalerweise versprechen Notenbanker nicht, wie hoch ihre Zinsen in zwei Wochen sein werden, die sie von den Banken für Kredite abverlangen. Die Zusage, die Zinsen über eine längere Zeit, also mehr als ein Jahr lang niedrig zu halten, ist deshalb zumindest ungewöhnlich. Da hat Draghi recht. Allerdings hatte schon sein ehrenwerter Kollege, der Chef der US-Notenbank Ben Bernanke, solche Versprechungen gemacht, um den Märkten Zuversicht zu vermitteln. Nur leider ist Bernanke von diesem vor zwei Wochen ein klein wenig abgerückt, weil die Konjunktur in den USA angeblich auf dem Weg der Besserung sei. Dieses Abrücken kam am Finanzmarkt nicht gut an. Die Zinsen für US-Staatsanleihen stiegen steil an. Die Aktien und Währungen der Schwellenländer sackten ab. Bernankes Zinsversprechen hatten zwar zuvor die Finanzmärkte beflügelt, die reale Wirtschaft aber kalt gelassen.
Wenn Draghi und sein EZB-Rat jetzt diese Taktik versuchen, kann man nicht wirklich annehmen, daß sie so blöd sind zu glauben, allein dadurch komme Schwung in die Euro-Zone. »Die Wirtschaft geht noch immer nach unten, aber mit vermindertem Tempo, die Verschlechterung wird langsamer«, charakterisierte der EZB-Chef die Lage und prognostizierte, in diesem Jahr und im nächsten werde es dank sich erholender Weltkonjunktur und anziehender Binnennachfrage zu einer Verbesserung kommen. Wie er darauf kommt, daß die Weltkonjunktur sich erholen werde, wenn die USA tiefer in die Krise geraten und das Wachstum in China und den anderen Schwellenländern immer noch schwächer wird, bleibt sein Geheimnis. Die Kräftigung der Binnennachfrage in Euro-Land werde sich dank der lockereren Geldpolitik der EZB einfinden, sagte Draghi auch. Das dürfte ähnlich gemeint sein wie die Erwartung von Angela Merkel, durch die von ihr veranstaltete Konferenz in Berlin werde sich an der Jugendarbeitslosigkeit in EU-Europa auch nur das geringste ändern.
Merkel, Bernanke und Draghi führen uns Politikrituale vor. Sie dienen dem unmittelbaren Zweck, Finanzmarkt und Politikbetrieb am Laufen und die Proteste dagegen zu schwächen. Super-Marios Ratlosigkeit ist nicht gespielt. Denn ein Politikwechsel, der auf Kosten der wirklich Vermögenden ginge, bleibt selbstverständlich ausgeblendet.
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