Schäuble schnürt drittes Hilfspaket - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will von weiterer Unterstützung für Griechenland nichts wissen
Von Simon Poelchau
Ende 2014 läuft das zweite Hilfspaket für Griechenland aus, doch die Wirtschaft des Landes ist gerade wegen der Hilfe weiterhin am Boden. Ein drittes Paket ist jetzt im Gespräch.
Griechenland ist jetzt doch Wahlkampfthema. Es werde dort »noch einmal ein Programm geben«, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Dienstag bei einer Wahlkampfveranstaltung in der Nähe von Hamburg und kündigte damit ein drittes Hilfspaket für Athen an. Dieser Satz kam überraschend. Denn damit hat die Union das unliebsame Thema Griechenland-Hilfen und Eurorettung selber wieder zum Wahlkampfthema gemacht. Bisher wollte die Bundesregierung die Debatte über Griechenlands Finanzierung nach dem Ende des jetzigen Hilfspakets bis nach der Wahl verschieben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versuchte dann auch schon am Montagabend, das Fass, das ihr Minister aufgemacht hatte, wieder zu schließen. »Welche Summen gegebenenfalls notwendig sind, kann ich heute nicht sagen. Das können wir erst Mitte nächsten Jahres sagen«, erklärte die Kanzlerin in einem Fernsehinterview. Zugleich erteilte sie einem möglichen zweiten Schuldenschnitt für das Krisenland eine Absage.
Zuvor hatte die »Süddeutsche Zeitung« berichtet, dass weitere Hilfen für Athen aus dem EU-Haushalt stammen könnten. Das dritte Programm solle deutlich kleiner ausfallen als die beiden ersten. »Auch werden die Reformauflagen weit weniger streng sein, weil Griechenland ja einen erheblichen Teil der nötigen Veränderungen bereits eingeleitet hat«, hieß es laut der Zeitung aus Berliner Regierungskreisen.
Griechenland bekommt seit Mai 2010 Finanzmittel von der sogenannten Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Die beiden bisherigen Hilfspakete machen knapp 240 Milliarden Euro aus und haben eine Laufzeit bis Ende 2014. Davon flossen bereits 210 Milliarden Euro nach Athen.
Schon seit längerem steht ein drittes Hilfspaket im Raum. Dies deuteten in der Vergangenheit der IWF und die Bundesbank an. Denn Griechenlands Wirtschaft ist am Boden. So sackte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal 2013 um 4,6 Prozent ab. Die Arbeitslosigkeit betrug im Mai dieses Jahres 27,6 Prozent. Bei den unter 25-Jährigen waren es sogar knapp zwei Drittel.
In Griechenland wurde Schäubles Ankündigung nicht gerade mit Freude begrüßt. »Sie sind gescheitert und wollen uns wieder retten - Schäuble droht uns mit neuer Hilfe«, schrieb etwa die Zeitung »Efimerida ton Syntakton«. Die bisherigen Programme der Troika waren mit harten Sparauflagen verbunden. Erst am Dienstag hatte der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras seinen Ministerrat dazu aufgerufen, die hierfür notwendigen Reformen zu beschleunigen.
Dabei stürzen diese Reformen die Bevölkerung nicht nur in Arbeitslosigkeit und Armut. Sie sind auch Gift für den griechischen Staatshaushalt. Laut der hellenischen Statistikbehörde ELSTAT brachen die öffentlichen Einnahmen von 24,8 Milliarden Euro im vierten Quartal 2012 auf 16,7 Milliarden Euro im ersten Quartal 2013 ein. Die Ausgaben gingen im selben Zeitraum um lediglich 3,7 Milliarden Euro zurück.
So betragen die griechischen Verbindlichkeiten trotz Schuldenschnitts wieder über 160 Prozent des BIP. Tendenz steigend. Bereits im Juni dieses Jahres hat der IWF deswegen Fehler bei den Hilfspaketen eingeräumt. Man sei von zu optimistischen Entwicklungen der Schuldenquote ausgegangen und habe die negativen Auswirkungen der Sparmaßnahmen auf die Wirtschaft unterschätzt, hieß es in einem Bericht.
Immerhin funktioniert eines wieder in Griechenland: Nach zehnwöchiger Pause sendete der griechische Staatsrundfunk erstmals wieder ein Live-Programm. Die Regierung hatte Anfang Juni den Sender »ERT« aus Kostengründen geschlossen. Sein Nachfolger heißt jetzt »DT«.
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