Unternehmen dürfen weiter steuertricksen
Von Axel Troost
Glaubt man dem Europäischen Parlament, dann gehen jährlich pro EU-Bürger annähernd 2000 Euro durch Steuerbetrug, Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und aggressive Steuervermeidung verloren. Durch Steuerhinterziehung wie im Fall Uli Hoeneß oder Klaus Zumwinkel entgehen dem Fiskus zwar schon erkleckliche Summen, ein viel größerer Teil geht jedoch durch Steuertricks von Unternehmen verloren. Denn Google, Facebook, Starbucks und Co. schieben durch künstliche Vorkehrungen ihre Gewinne in Staaten, die kaum oder keine Steuern erheben. So zahlt Apple auf seine Auslandsgewinne nur einen Steuersatz von 1,9 Prozent. Auch Amazon zahlt trotz eines Umsatzes von 8,7 Milliarden Euro lediglich 3,2 Millionen Euro Unternehmensteuer an den deutschen Fiskus.
Doch drei Beispiele zeigen exemplarisch, was von den vielen Ankündigungen zum Kampf gegen Steuervermeidung zu halten ist.
Bekämpfung von Steueroasen
NGOs fordern seit langem, Geschäftstätigkeiten von Unternehmen in Steueroasen mit Hilfe einer schwarzen Liste dieser Staaten zu sanktionieren. Auch das EU-Parlament will harsche Auflagen für Geschäfte mit Steueroasen. Die EU-Kommission hat die Idee zwar aufgegriffen. Doch alles Weitere überließ sie den einzelnen Mitgliedstaaten – bei denen der Vorschlag seither in Frieden ruht.
Länderspezifische Berichterstattung durch Unternehmen
Wenn Unternehmen offenlegen müssten, wo sie welche Umsätze und Gewinne erzielen und welche Steuern zahlen, könnten Steuerschlupflöcher auf mittlere Sicht durch geeignete Gegenmaßnahmen gestopft werden. Nach jahrelangen Kampagnen müssen in der EU künftig immerhin Unternehmen aus dem Rohstoff- und Forstsektor sowie Banken entsprechende Angaben veröffentlichen. Doch die Ausdehnung der länderbezogenen Rechnungslegung auf weitere Unternehmen wurde nicht zuletzt durch die Bundesregierung vereitelt.
Schließen von Steuerschlupflöchern
Die Industriestaaten haben sich im September auf einen Aktionsplan zum Schließen von Steuerschlupflöchern verständigt. Doch die darin angeregten "Maßnahmen" beschränken sich weitgehend darauf, zu den jeweiligen Problemen eingehendere Studien anzuregen.
Wo solche Absichtserklärungen meist enden, lässt sich an der EU-Zinsrichtlinie beobachten: Trotz anderslautender Ankündigen haben es Luxemburg und Österreich kürzlich wieder verhindert, dass Kapitaleinkünfte in der EU automatisch an die Finanzämter gemeldet werden müssen. Doch dies ist eine wesentliche Maßnahme, um Steuerhinterziehung effektiv zu unterbinden.
Trüber Ausblick
Der ganz normale Steuerwettbewerb in Europa setzt sich unterdessen ungehindert fort. Mit Griechenland, Irland und Zypern sind Staaten von der Krise betroffen, die aktiv zur Steuergestaltung eingeladen haben. Doch obwohl die EU diesen Staaten umfangreiche Strukturreformen aufgedrückt hat, kamen Maßnahmen gegen Steuerflucht darin kaum vor. Ende Juli gab nun auch die portugiesische Regierung bekannt, den Körperschaftsteuersatz von 25 auf 19 zu Prozent zu reduzieren.
Wie wenig ernst die EU es offenbar mit dem Kampf gegen Steueroasen meint, hat sie im Übrigen zuletzt durch den Beschluss gezeigt, Lettland in die Eurozone aufzunehmen. Lettland versucht zunehmend, sich als das Zypern des Nordens zu etablieren: Gleichzeitig mit der Euro-Einführung am 1. Januar 2014 werden dort weitere Steuererleichterungen für Holdings eingeführt, obwohl der Unternehmenssteuersatz mit 15 Prozent ohnehin schon zu den niedrigsten in der EU gehört.
Statt die Steueroasen innerhalb der EU auszutrocknen, werden sie also mit offenen Armen und ohne Konditionen in der Eurozone willkommen geheißen. EU und OECD blasen zwar zur Jagd gegen Steuersünder. Nur leider ist noch niemand losgeritten.
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