Zur Reform des Länderfinanzausgleichs - eine Notwendigkeit?

Achim Truger und Dieter Vesper

27.09.2014 / IMK Study 37, September 2014

Kurzbeschreibung

Der bundesdeutsche Länderfinanzausgleich bedarf der Reform, weil seine rechtlichen Grundlagen, das Maßstäbegesetz und das Finanzausgleichgesetz, bis 2019 befristet sind. Zudem haben mit Bayern und Hessen zwei Geberländer Verfassungsklage gegen die jetzigen Regelungen eingereicht. Die immer wieder geäußerte Kritik an der vermeintlich mangelnden Steuerautonomie, den angeblich negativen Anreizeffekten sowie der übermäßigen Belastung der Zahlerländer erweist sich jedoch als wenig stichhaltig. Vielmehr erscheinen die Probleme in den horizontalen Finanzbeziehungen eher von nachrangiger Bedeutung, denn das deutsche System der föderalen Finanzbeziehungen und des Länderfinanzausgleichs ist durchaus effektiv und erfüllt wichtige fiskalische sowie verteilungs- und stabilisierungspolitische Funktionen. Der tatsächliche Reformbedarf besteht in der strukturellen Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte. Vor allem die finanzschwachen Bundesländer und Kommunen leiden zudem unter besonderen strukturellen Problemen. Diese Probleme konstituieren besondere Bedarfe, die im bisherigen Finanzausgleichssystem nicht hinreichend berücksichtigt werden. Angesichts der geringen fiskalischen wie politischen Handlungsspielräume der Länder und erst recht der Kommunen ist vor allem der Bund in der Verantwortung. Die Bundesregierung hat sich mit ihrer im Koalitionsvertrag fixierten Ablehnung jeglicher Steuererhöhungen und der unbedingten Festlegung auf das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushaltes selbst die Hände gebunden. Unter diesen Bedingungen wird es wohl nicht zu einer dauerhaften Lösung der Finanzprobleme der Gebietskörperschaften kommen. Eine Minimallösung könnte darin bestehen, dass dem Konnexitätsprinzip besser Rechnung getragen wird, indem der Bund seine Spielräume – insbesondere jene, die durch das Auslaufen des Solidarpakts II entstehen – entsprechend nutzt. Die Übernahme der BAFÖG-Finanzierung sowie die Übernahme von 1 Mrd. Euro der Kosten der Wiedereingliederungshilfe sind Schritte in die richtige Richtung, aber noch weit entfernt von einer nachhaltigen Lösung der Probleme.

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Inhaltsverzeichnis

  • 1 Einleitung S.3
  • 2 Länderfinanzausgleich und Entwicklung der Länderfinanzen S.5
    • 2.1 Föderale Finanzbeziehungen S.5
    • 2.2 Das System des Länderfinanzausgleichs S.7
      • 2.2.1 Die Steuerzerlegung S.7
      • 2.2.2 Elemente des horizontalen Finanzausgleichs S.9
    • 2.3 Quantitative Bedeutung des Finanzausgleichs S.14
      • 2.3.1 Wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung der Länder S.14
      • 2.3.2 Länderfinanzausgleich und Länderhaushalte S.20
      • 2.3.3 Länderfinanzausgleich und Länderhaushalte S.30
  • 3 Reformbedarfe und -optionen in den föderalen Finanzbeziehungen: Eine kritische Analyse S.31
    • 3.1 Übergang zum Wettbewerbsföderalismus nicht angezeigt S.31
    • 3.2 Negative Anreizeffekte hoher Abschöpfungsquoten wenig plausibel S.35
      • 3.2.1 Negative Anreizeffekte für die Wirtschafts- und Standortpolitik theoretisch und empirisch zweifelhaft S.35
      • 3.2.2 Negative Wirkungen auf die Steueranspannung nicht völlig auszuschließen S.40
      • 3.2.3 Verringerung des Ausgleichsgrades kontraproduktiv S.41
    • 3.3 Überforderung der Zahlerländer nicht zu erkennen S.44
    • 3.4 Bedeutung von Vereinfachung und höherer Transparenz unklar S.46
    • 3.5 Das vernachlässigte Hauptproblem: Die strukturelle Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte S.48
    • 3.6 Fiskalische Stärkung von Ländern und Kommunen dringend erforderlich S.52
      • 3.6.1 Generell Stärkung der Länder- und Gemeindefinanzen erforderlich S.53
      • 3.6.2 Konsequentere Durchsetzung des Konnexitätsprinzips notwendig S.55
      • 3.6.3 Zusätzliche (vertikale) Maßnahmen zur Bekämpfung struktureller Probleme angezeigt S.57
    • 3.7 Andere Steuerverteilung/-zerlegung zur Entlastung des Finanzausgleichs? S.59
    • 3.8 Vollständige Einbeziehung der Gemeindesteuern in den Finanzausgleich grundsätzlich sinnvoll S.60
    • 3.9 Besondere Einwohnerwertung der Stadtstaaten gerechtfertigt S.61
      • 3.9.1 Strukturelle Besonderheiten der Stadtstaaten S.61
      • 3.9.2 Ansätze zur Messung der strukturellen Andersartigkeit S.63
    • 3.10 Berlins Status im Länderfinanzausgleich – Kostgänger der Flächenländer? 69
  • 4 Reformperspektiven S.75
  • 5 Fazit S.76
  • 6 Literatur S.78