Gleichwertige Lebensverhältnisse nur durch einen solidarischen Länderfinanzausgleich möglich
Bundestagsrede von Axel Troost zum Länderfinanzausgleich am 25.11.2014
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der Bundesfinanzminister ist nicht nur für den Bundeshaushalt zuständig, sondern bundesseitig auch für den Prozess des Länderfinanzausgleichs. Dazu möchte ich meine Rede heute halten.
Bis 2019 laufen zentrale Elemente des Länderfinanzausgleichs aus und müssen neu verhandelt werden - eine große Aufgabe, weil Länderfinanzausgleich heißt, einen Ausgleich zwischen finanzstarken und finanzschwachen Ländern und ihren Gemeinden zu schaffen. Die Gemeinden sind in diesem Zusammenhang immer ganz wichtig; die kommunalen Finanzen hängen vom Länderfinanzausgleich zentral ab.
Das Ganze ist eine große Aufgabe. Alle hatten eigentlich erwartet, dass man zu ihrer Erfüllung wieder eine Föderalismuskommission, die Föderalismuskommission III, einsetzt. Die Große Koalition ist einen anderen Weg gegangen. Sie hat gesagt: Wir brauchen keine neue Föderalismuskommission; wir regeln das irgendwie so. - Dann haben auf einmal die Bundeskanzlerin und der Finanzminister gemeinsam mit den Ministerpräsidenten im Sommer gesagt: Wir machen das jetzt ganz schnell; wir versuchen bis zum 11. Dezember dieses Jahres, das in Geheimverhandlungen schnell zustande zu bringen. Dies ist im völligen Chaos geendet und muss jetzt erst einmal neu angegangen werden.
Wir haben bereits bei der Föderalismuskommission II kritisiert, dass die Länderparlamente und Kommunen nicht mit am Tisch waren, obwohl sie zentrale Elemente sind. Diesmal ist es so: Der Bundestag ist außen vor, die Länderparlamente sind außen vor, die Kommunen werden überhaupt nicht gefragt, und dies ist ein Skandal.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Ergebnis, das jetzt vorliegt, ist, dass wir eine völlige Zerstrittenheit zwischen dem Bund und den 16 Bundesländern haben und das Ganze erst einmal, wie eine Zeitung geschrieben hat, im Abklingbecken hängt. Das ist aber natürlich auch eine Chance, weil nach wie vor der Artikel 72 des Grundgesetzes die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse vorschreibt, und das heißt eben nicht „Ellenbogenprinzip“ - jedes Bundesland kämpft für sich selbst -, sondern das heißt, gemeinsam ein Konzept zu entwickeln: Wie könnte ein solidarischer Finanzausgleich aussehen?
(Beifall bei der LINKEN)
Dazu sind faire und transparente Verhandlungen notwendig.
Die Linke hat sich sehr intensiv mit dieser Frage beschäftigt, hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe gebildet und dort ein sehr gutes, so glaube ich, Konzept ausgearbeitet. Alle, die das interessiert, können das auf meiner Internetseite einsehen. Es gibt eine Langfassung. Es gibt eine Kurzfassung. Es gibt eine relativ populär gehaltene Broschüre, in der dargestellt ist, nach welchen Prinzipien man eigentlich vorgehen müsste. Da ich lediglich fünf Minuten Redezeit habe, will ich hier an dieser Stelle nur vier Punkte einbringen:
Erstens. Die reichen Bundesländer mit reichen Kommunen können sich insofern nach wie vor armrechnen, als ein Teil der kommunalen Steuereinnahmen nicht in den Länderfinanzausgleich einfließt. Es gibt sogar Positionen, die sagen: Das soll noch stärker der Fall sein. Wir sind der Ansicht: Die kommunalen Einnahmen müssen zu 100 Prozent mit berücksichtigt werden. Das führt dazu, dass die strukturschwachen Länder in Ost und West deutlich besser dastehen, als es jetzt der Fall ist.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Zweitens. Auf der Kostenseite - das ist auch ganz zentral - muss die Strukturblindheit aufhören. Wir haben arme Kommunen, die durch die Sozialausgaben immer mehr in Bedrängnis geraten sind. Deswegen sagen wir: Alle bundeseinheitlich geregelten Sozialleistungen müssen im Länderfinanzausgleich Berücksichtigung finden, dazu zählen die Ausgaben nach dem Sozialgesetzbuch II, für Arbeitslose, Asylsuchende, sozial benachteiligte Kinder und vieles andere mehr. Das entspricht nur dem Konnexitätsprinzip. Das ist vom Bund so beschlossen worden, und der Bund soll die Ausgaben dann auch entsprechend übernehmen. Man kann über Ausgleichszahlungen nachdenken, aber die Situation, dass strukturschwache Regionen immer weiter abstürzen, wird damit geheilt.
Drittens. Wir glauben, dass auch die Zinszahlungen in Zeiten der Schuldenbremse vergemeinschaftet werden müssen, und fordern deswegen einen bundeseinheitlichen Länderaltschuldenfonds, in den auch die Schulden der Kommunen mit einfließen, um die entsprechenden Zinszahlungen gemeinsam zu tragen.
Viertens. Wir brauchen weiterhin einen Solidarpakt III als Ergänzung, als Erweiterung des Solidarpakts II, nicht mehr bezogen auf Ost und West, sondern auf alle strukturschwachen Regionen. Wer den Soli abschaffen will, schafft Solidarität ab. Das, was die Ministerpräsidenten von SPD und Grünen jetzt beschlossen haben, nämlich „Wir legen das einfach auf die Länder und Kommunen um“, heißt: Da, wo viel Geld ist, kommt noch viel mehr dazu, und da, wo wenig ist, kommt auch nur wenig dazu. - Deswegen: Der Solidarpakt muss sozusagen verlängert werden. Der Soli muss für gemeinschaftliche Ausgaben weiter genutzt werden.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)
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