Alternative Wirtschaftspolitik gegen stillen Währungskrieg
Von Hermannus Pfeiffer
Nicht jede Festschrift muss langweilig sein: Das belegt der Sammelband zu Axel Troosts 60. Geburtstag.
Ohne Euro hätten wir heute »Währungskrieg«. Die Warnung stammt vom neuen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Sein Fazit: »Der Euro schützt Europa.« Ein europainterner Währungskrieg blieb uns in der Tat erspart. Doch die »stillen« Abwertungen durch Lohnkürzungen und Sozialabbau wirken auf viele Menschen ähnlich verheerend.
Die Autoren der Festschrift zum 60. Geburtstag des Politökonomen Axel Troost wollen dennoch nicht zurück in die Vor-Euro-Ära. Vielmehr fechten sie für ein Comeback der Politik in der Wirtschaft. Die Loslösung der Wirtschaft von Politik, Gesellschaft und Kultur ermöglichte die Durchsetzung ideologischer Exzesse wie der vier »Grundfreiheiten« im EU-Binnenmarkt für Waren, Kapital, Dienstleistungen und Arbeitskräfte.
Auf eine andere Schwachstelle des Marktextremismus weist die Bremer Ökonomin Mechthild Schrooten hin: Angesichts der derzeitigen Minikreditzinsen müsste »die Nachfrage derart hoch sein, dass das Kreditvolumen kräftig steigt«. Dass dies entgegen der (Lehrbuch-)Annahme nicht geschieht, liegt daran, dass das Kerngeschäft der Banken kriselt. Axel Troost, langjähriger Geschäftsführer der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik und heute LINKE-Bundestagsabgeordneter, weist darauf hin, dass es weniger Probleme mit dem Kreditangebot als mit der -nachfrage gebe. Und die werde bestimmt von Unternehmen und Staaten, die jedoch unterm Strich zu wenig investieren.
Den 18 Autorinnen und Autoren des Sammelbands geht es um Grundsatzkritik und auch um Lösungsvorschläge. Doch die sind komplex. Steffen Lehndorff warnt daher vor betörend einfachen Lösungen. Aber: »In der Summe würden unsere Maßnahmen wirken.« Viel hilft viel.
Anders als manche Festschrift leidet die vorliegende nicht unter einem lustlosen Abklatsch bekannter Thesen. So ist Rudolf Hickels Vision des »Euro ja, aber anders« ertragreich zu lesen. Wäre nicht die Finanzierung von wirtschaftsstrukturellen Aufbauprogrammen und Sozialmaßnahmen das bessere Bankenrettungsprogramm? An Hickels Beitrag über die »politische Systemkrise« und die ökonomisch-soziale Spaltung des Euroraums wird deutlich: Er bewegt sich doch. Im Fall der Bankenunion mögen die Großbankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank oder die Einlagensicherung für Sparer unzureichend sein, sie weisen aber in die richtige Richtung, um Krisen zukünftig sozialverträglicher zu gestalten.
Was aber auch zeigt, dass richtige Regulierungen Krisen nicht gänzlich verhindern können. Auch solche keynesianische Hoffnungen zerlegt der Sammelband. Die Autoren spannen darin einen weiten Bogen bis hin zu Geschlechterfrage, den Problemen Ostdeutschlands oder des Gesundheitswesens. »Lernen von Skandinavien«, empfiehlt Cornelia Heintze. In deutschen Kliniken muss eine Pflegekraft im Schnitt 13 Patienten versorgen - in Norwegen nur fünf.
Wenn es um bessere Wege geht, sollen noch Heinz-J. Bontrups Überlegungen zur Wirtschaftsdemokratie erwähnt werden. Der Ökonom sieht darin »die ordnungstheoretische Alternative« auch zu den untergegangenen Planwirtschaften. Seine Ideen sind so handfest, dass jeder Betriebsrat damit politisch arbeiten könnte. Letztlich tröstet uns der Band, dass eine (etwas) andere Politik schon heute möglich wäre. Oder wie Jubilar Troost meint: »Das Brückenbauen sehe ich schon als eine meiner Aufgaben.«
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