Europäische Finanzaufsicht stärken statt schwächen!

Bundestagsrede von Axel Troost am 18.02.2016

22.02.2016 / linksfraktion.de, 18.02.2016

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auch nach der Diskussion gestern im Finanzausschuss und nach dem Vortrag von Herrn Radwan lässt mich Ihr Antrag nach wie vor ziemlich ratlos zurück.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Alexander Radwan (CDU/CSU): Dann können Sie ihn ja nicht einmal aus gutem Herzen ablehnen!)

Was versprechen Sie sich eigentlich von diesem Antrag? Er fasst in weiten Bereichen Allgemeinplätze zusammen. Wenn Sie schreiben, dass sich durch die Schaffung der neuen europäischen Aufsichtsbehörden eine „zunehmende ‚Regulierungsdichte‘“ entwickelt, dann ist das reichlich banal. Das genau war die Aufgabe. Die neuen Behörden wurden als Lehre aus der Finanzkrise ausdrücklich zu dem Zweck geschaffen, die nationale Aufsicht weiter zu vereinheitlichen und für eine wirksamere Regulierung und Aufsicht zu sorgen.

Wir haben immer kritisiert, dass die Regulierung und die Aufsicht nicht weit genug gehen. Aber ich kann mir nicht helfen: Der Grundtenor Ihres Antrags geht eher in die andere Richtung. Man hat das Gefühl, als wollten Sie das Wenige an verschärfter Finanzmarktregulierung eher zurückdrehen als es konsequent weiterentwickeln.

Gemeinsame europäische Standards für Regulierung und Aufsicht - dafür wurden diese Institutionen geschaffen - heißt natürlich auch, dass es zu einem gewissen Maß an Gleichmacherei kommen muss, weil die Einrichtungen und die Bankenstrukturen in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich sind. Aber das Ziel muss lauten: Eine Großbank muss in Deutschland, Irland und Spanien möglichst gleich gut reguliert und beaufsichtigt werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Alexander Radwan (CDU/CSU): So wie die Kreissparkassen und die Genossenschaftsbanken!)

Ein sicherlich ärgerlicher Nebeneffekt europäischer Standards ist, dass auch eine Großbank und eine kleine Volksbank innerhalb Deutschlands aufgrund der einheitlichen europäischen Standardisierung immer ähnlicher behandelt werden - eine Tendenz, die nun einmal in der Natur der Vereinheitlichung liegt, der man aber in der Praxis entgegentreten muss. Das haben wir bei allen möglichen Maßnahmen gemacht, als es um genau diese Sonderregelungen ging. In diesem Punkt sind wir uns völlig einig: Es muss aufgepasst werden, dass es hier nicht zu einer Überforderung gerade der kleinen Institute kommt.

(Manfred Zöllmer (SPD): Na ja, dann ist die Ratlosigkeit ja jetzt vorbei!)

Bei Ihnen bleibt aber als Hauptargument hängen, dass europäische Vorhaben zulasten Deutschlands gingen und man daher bei europäischen Finanzmarktprojekten zunächst einmal bremsen müsse. Das ist aus meiner Sicht so pauschal falsch und eher Stimmungsmache.

(Alexander Radwan (CDU/CSU): Das gilt aber auch für Kleinbanken in Italien!)

Ich erinnere an unsere Diskussion von heute Vormittag, auch über den Fall Deutsche Bank. Dank der Turbulenzen der letzten Wochen dürfte inzwischen jedem klar sein, dass auch ein Institut wie die Deutsche Bank nicht über jeden Verdacht einer ernsthaften Schieflage erhaben ist. Es gibt wohl niemanden hier im Raum, der glaubt, dass bei einer Schieflage der Deutschen Bank die Kosten allein mit Mitteln aus Deutschland auffangbar wären. Ich warne daher dringend davor, immer wieder den Eindruck zu erwecken, der Rest Europas hätte durch deutsches Geld und durch Deutschland als Zahlmeister Vorteile. Wir brauchen hier europäische Standards, auch als Absicherung.

(Beifall bei der LINKEN)

Viel schlimmer als die Auswirkungen der bisweilen übertriebenen Aufsichtsstandards der EBA für Sparkassen und Volksbanken sind aus meiner und unserer Sicht die nach wie vor unzureichenden Finanzregulierungen und Aufsichtsstandards für die Großbanken. Wir haben weiterhin keinerlei Lösungen für das Problem „too big to fail“. Die meisten Institute bzw. Großbanken sind seit der Krise nicht kleiner, sondern im Durchschnitt größer geworden. Wenn die nächste Bankenkrise kommt - und ich prophezeie Ihnen, sie wird kommen -, dann werden die Kosten angesichts der heutigen Großbankenstrukturen in Europa unvorstellbar sein. Statt diese Kosten aber vorausschauend zu begrenzen, sorgen Sie sich in Ihrem Antrag darum, dass „einem unkontrollierten Anwachsen der europäischen Aufsichtskosten ... entgegengewirkt“ wird. Sie rechnen kleinlich in Millionen und vergessen drei- oder vierstellige Milliardenbeträge. Ich fürchte, Sie haben das eigentliche Problem aus den Augen verloren.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sagen Sie den Aufsichtsbehörden nicht, was sie nicht machen sollen, sondern versuchen Sie, in einem Antrag festzulegen, was sie besser und anders machen sollen. Sagen Sie vor allen Dingen, wo klarer Handlungsbedarf ist. Solange Sie das nicht tun, werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können, weil er völlig unzureichend ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein letzter Punkt. Wir Linke und auch die Grünen waren diejenigen, die immer gesagt haben: Die Aufsicht darf nicht zur EZB. Sie haben von der Chinese Wall gesprochen und gesagt: Es gibt keine Alternative dazu; das müssen wir machen. - Wir haben uns immer über diese chinesische Mauer kaputtgelacht. Sie ist inzwischen ein Mäuerchen, über die man im Sitzen von der einen zur anderen Seite gucken kann. Es ist völlig klar: Wenn irgendeine Maßnahme Richtung Italien ergriffen wird, weiß keiner, ob das eine geldpolitische Maßnahme ist oder eine Maßnahme, die der Bankenrettung dient, weil man entsprechende Informationen durch die Aufsicht hat. - Dieses Problem haben Sie gegen unsere Vorstellungen geschaffen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN - Volker Kauder (CDU/CSU): Mit der Mafia hat das was zu tun! Damit kennt ihr euch ja aus!)