Heuschrecken stoppen - Private-Equity und Hedge-Fonds an die Kandare nehmen

12.04.2008 / Arbeitskreis II: Wirtschaft, Arbeit, Finanzen, DIE LINKE.

"I. Weshalb das Heuschrecken-Modell risikoreich und gefährlich ist

Unternehmen kaufen, ausquetschen und schnell wieder verkaufen – das ist die Strategie der sogenannten Heuschrecken. Über den Tiervergleich mag man streiten. Aber an der Tatsache, dass viele Finanzinvestoren gemäß diesem Dreiklang und mit sehr kurzfristigen Verwertungsinteressen handeln, gibt es keinen Zweifel.

Auch in der Bundesrepublik sind Heuschrecken zunehmend aktiv. Vor allem Private-Equity-Fonds verfolgen bei ihren Unternehmensbeteiligungen häufig Anlagestrategien, die darauf zielen, in möglichst kurzer Zeit sehr hohe Renditen auf das angelegte Kapital zu erzielen. Dabei spielt die langfristige Perspektive der Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle.


Auch Hedge-Fonds bedienen sich zunehmend dieser Strategien, indem sie einen „shareholder activism“ betreiben. Dabei kaufen sie sich mit kleinen Anteilen in große börsennotierte Konzerne ein, deren Aktienkapital breit gestreut ist. In derartigen Konzernen genügt oft schon ein kleiner Kapitalanteil, um erheblichen Einfluss auf das Management auszuüben, wie der Fall von Blackstone als Anteilseigner der Deutschen Telekom zeigt.

Wenn mehrere Hedge-Fonds gemeinsam solche Kapitalanteile kaufen, können sie leicht zur dominierenden Macht in großen Konzernen werden und die Geschäftspolitik nach ihren Interessen lenken. Ein Beispiel ist die Deutsche Börse AG. Sie wurde durch Hedge-Fonds in ihren strategischen Möglichkeiten erheblich eingeengt.

Mit dem Begriff „Heuschrecken“ für diese Finanzinvestoren ist in der Regel ein bestimmtes Geschäftsmodell gemeint. Zentrale Elemente dieses Geschäftsmodells sind ein extrem mit Krediten finanzierter Kauf von Unternehmen, die anschließende Aufbürdung der Kredite auf diese Unternehmen und ihre anschließende Umstrukturierung. Dies geht zu Lasten zukunftsweisender technisch-organisatorischer Innovation sowie der Qualität und der Sicherheit der Beschäftigung.


Das eigentliche Ziel ist nicht die längerfristige Unternehmensentwicklung, sondern eine möglichst kurzfristige Maximalrendite. Häufig ziehen die neuen Eigentümer kurzfristig Eigenkapital aus dem Unternehmen ab, filettieren es und verkaufen seine Einzelteile. Alternativ werden die gekauften Unternehmen als Ganzes mit möglichst hohem Gewinnentweder an der Börse oder an einen strategischen Investor beziehungsweise an eine andere Private-Equity-Firma weiterverkauft.

Die kurzfristige Renditemaximierung von Finanzinvestoren ist nicht nur eine Gefahr für Innovation und Beschäftigung in den betroffenen Unternehmen, sondern auch für die Stabilität der internationalen Finanzmärkte, da die Fonds mit einem riskanten Kredithebel arbeiten. Nicht nur die Unternehmensbeteiligungen werden von Hedge-Fonds auf Pump getätigt, sondern auch Spekulations- und Arbitragegeschäfte.

Die mit dieser exzessiven Kreditfinanzierung verbundenen Gefahren zeigen sich eindrucksvoll im Rahmen der anhaltenden Finanzmarktkrise. Sie hat bereits mehrere Banken in Mitleidenschaft gezogen und wurde vom Kollaps einiger Hedge-Fonds mit ausgelöst. Zwar hat diese Krise den positiven Nebeneffekt, dass sich die Kreditaufnahme von Private-Equity- und Hedge-Fonds deutlich verteuert. Falsch aber wäre die Schlussfolgerung, dass „Heuschrecken“ eine Plage von gestern sind. Im Gegenteil: Gerade weil die Schönwetterperioden des Geschäftsmodells vorbei sein dürften, werden die Zeiten härter. Um die geforderten Renditen zu erzielen, könnte sich die Gangart gegenüber den Unternehmen und Beschäftigten zusätzlich verschärfen.

Ungeachtet der negativen Auswirkungen genießen Private-Equity-Fonds in Deutschland umfassende steuerliche Privilegien. Die sehr hohen Gewinne von Finanzinvestoren sind zwar nur zu einem kleinen Teil diesen Steuervergünstigungen geschuldet. Sie sind aber ein wesentliches Moment für die Entscheidung, ob ein Fonds nicht nur Übernahmeaktivitäten in Deutschland vornimmt, sondern sich auch mit dem Geschäftssitz in Deutschland niederlässt. Ohne diese Privilegien jedenfalls würden – nach Aussagen der Branche – Ausländer deutlich seltener in Fonds investieren, die in Deutschland ihren Sitz haben.

„Heuschrecken“ sind nicht – wie der Begriff suggeriert – als naturwüchsige Plage über die Unternehmen und Beschäftigten hergefallen. Sie sind vielmehr nach Deutschland gelockt worden, nicht zuletzt durch Steuergeschenke und Änderungen der Kapitalmarktgesetze. Dadurch sind neue und aggressivere Strategien der Erschließung von Profitquellen entstanden.

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Dem Arbeitskreis II gehören die Abgeordneten Dr. Axel Troost, Dr. Barbara Höll, Ulla Lötzer, Kornelia Möller, Prof. Dr. Herbert Schui, Sabine Zimmermann, Werner Dreibus an. Zum AK gehören ferner die MitarbeiterInnen der Abgeordneten, die AK-Koodination und die FraktionsmitarbeiterInnen der Themenfelder Wirtschaft, Arbeit und Finanzen.

Redaktion: Dr. Fritz Hellmer, Büro Dr. Axel Troost, MdB