Schnelle Hilfe und langfristige Unterstützung für Pakistan
Von Niema Movassat
Die Menschen in Pakistan leiden unter einer schrecklichen Flutkatastrophe, die zu einer der größten humanitären Katastrophen der jüngeren Geschichte geführt hat: Ein Fünftel des Landes steht unter Wasser, 20 Millionen Menschen sind obdachlos, ganze Dörfer sind verschwunden, die ersten Kinder sterben an Unterernährung. Die Vereinten Nationen haben die Auswirkungen der Flut als schlimmer bezeichnet, als die Zerstörungen durch den Tsunami, das Erdbeben in Pakistan von 2005 und das Erdbeben in Haiti.
Ein Ende des Dramas ist noch nicht absehbar. Nach wie vor regnet es, und die Flüsse steigen weiter an. Dies alles geschieht in einem der ärmsten Länder der Welt. In Pakistan müssen 17 Prozent der Bevölkerung mit weniger als einem US-Dollar pro Tag überleben. Kinderarbeit ist weit verbreitet. 23 Prozent der Bevölkerung - vorwiegend Kinder - galten schon vor dem Hochwasser als unterernährt.
Die Menschen in Pakistan benötigen dringend unsere Hilfe und Solidarität. Die Spendenbereitschaft ist indes laut Hilfsorganisationen bisher recht gering. Viele Menschen haben Sorge, dass ihre Hilfsgelder nicht ankommen, weil die Regierung Pakistans als inkompetent und korrupt gilt. Außerdem wird ihr vorgeworfen, der Krise gleichgültig gegenüberzustehen. Auch die anti-islamische Haltung wichtiger Leitmedien hat sicher dazu beigetragen, dass viele Menschen in Deutschland nun ihre Hilfe verweigern. Und schließlich haben die Aussagen von Politikern, dass man nun helfen müsse, damit die Taliban nicht von der Katastrophe profitieren, viele abgeschreckt. Sie verweigern ihre Hilfe wegen der Terrorismusvorwürfe gegen Pakistan.
Dies ist indes wenig plausibel: Dass die Staatlichkeit in Pakistan zunehmend kollabiert, liegt zuvorderst am Westen, der während der sowjetischen Besetzung Afghanistans die Taliban erst regelrecht aufgebaut und so Pakistan destabilisiert hat und dies bis heute mit seinem Afghanistankrieg fortsetzt. Auch für die Atomwaffenpolitik ihrer Regierung können die Menschen in Pakistan nichts. Die Bevölkerung in Pakistan ist schon lange Geisel einer geostrategischen Dominanzpolitik des Westens, die Pakistan gezielt gegen eine mögliche indische Dominanz in Südasien aufgebaut und lange als bevorzugten Ausgangspunkt für Operationen in Zentralasien benötigt hat.
Gerade in Anbetracht der Spendenmüdigkeit der Bevölkerung muss die Bundesregierung das Thema Pakistan viel höher auf die politische Agenda setzen. Zwar wurde die Nothilfe nun mittlerweile auf 15 Millionen Euro erhöht. Gebraucht werden nach aktuellen Schätzungen 459 Millionen US-Dollar – davon steht allerdings bisher erst ein Drittel zur Verfügung. In dem Zusammenhang ist die Soforthilfe, die die Bundesregierung bisher zugesichert hat, noch deutlich zu wenig.
Allerdings wird Pakistan auch langfristig Unterstützung brauchen, um die Folgen der Flutkatastrophe zu überwinden. Hier muss die Regierung klare Aussagen machen, in welcher Form sie unterstützend tätig werden will. Geld ist genügend vorhanden. Es darf nicht sein, dass Deutschland für den Krieg im Nachbarland Afghanistan hunderte Millionen Euro ausgibt und ausgegeben hat, aber faktisch nur Almosen für die vielen Millionen Flutopfer in Pakistan übrig hat.
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