Argumente gegen einen Antrag zur Direktfinanzierung von Staatsverschuldung durch die EZB

Barbara Höll/Axel Troost

24.11.2010 / 21.11.2010

1.) In einer wachsenden Volkswirtschaft wird eine wachsende Geldmenge benötigt. Volks­wirtschaftliche wie finanzpolitische Gründe sprechen dafür, dass das Geldmengen­wachstum über Direktkredite der Notenbank an den Staat bewerkstelligt wird. Entspre­chende Konzepte sind in der BRD Anfang der 1980er Jahre entwickelt worden, aber immer aus ordnungspolitischen Gründen von der Mehrheit verworfen worden (“dann druckt sich der Staat sein Geld selber und wir bekommen eine riesige Inflation”).

2.) Aus diesen Gründen wurde der EZB im Maastrichter Vertrag verboten, öffentlichen Haushalten Kredit zu gewähren. Eine Veränderung des Vertrages setzt Einigkeit zwi­schen allen Mitgliedstaaten der EU voraus und ist ein entsprechend langwieriger Pro­zess. Da Staaten wie Irland oder Griechenland schnelle Hilfe brauchen, ist dies kein gangbarer Weg. Angesichts deren aktuellen Schuldenproblemen und den nationalen Egoismen innerhalb der EU birgt das Neuaushandeln von Regelungen zum Euro zu­dem die Gefahr eines Zerfalls der Währungsunion. Auf letzteres wird bereits spekuliert.

3.) Selbst wenn der Maastrichter Vertrag an dieser Stelle aber geändert würde, wäre im­mer noch völlig offen, welche einzelnen Länder denn dann wie viel Zugang zu den Di­rektkrediten bekämen. Mehrheitlich würde dann wohl die Meinung vertreten, dass die Zuteilung nach den Bevölkerungsanteilen erfolgen sollte und nicht nach der besonderen aktuellen Bedürftigkeit. Auch hier wäre dann Irland und Griechenland nur wenig gehol­fen.

4.) Der auch in bürgerlichen Medien immer zu lesende angebliche Skandal, dass die EZB den Banken für 1% Geld zur Verfügung stellt und diese dieses Geld dann für höhere Zinsen an Mitgliedstaaten verleiht, ist wesentlich weniger brisant. Die EZB stellt in der Tat den Banken gegenwärtig in riesigen Mengen Geld (Liquidität) für jeweils 6 Monate zur Verfügung. Sie macht dies aus geldpolitischen Gründen, weil der Interbanken­markt immer noch weitgehend ausgetrocknet ist. Sie behält dabei aber vollständig ihre geldpolitische Hoheit. Sollte auch nur der Hauch einer Inflationsgefahr entstehen, würde sofort die weitere Kreditvergabe an die Banken eingestellt und die Liquidität Zug um Zug wieder abgebaut. Das kurzfristig den Banken zur Verfügung gestellte Geld können und dürfen die Banken überhaupt nicht mittel- und langfristig (für 4, 6 oder sogar 10 Jahre) an Staaten ausleihen.

Als Schlussfolgerung ergibt sich, dass wir dringend von einem Antrag zur Direktver­schuldung der krisengeschüttelten Staaten bei der EZB abraten.

Sinnvoll ist dagegen die Forderung nach dem Auflegen von gemeinsamen Euro-Anleihen. Hier gibt es erste Bewegungen auch in der Bundesregierung (vgl. beigefüg­ten Artikel aus der Financial Times Deutschland vom 18.11.10). Die günstigen Konditio­nen der gemeinsamen Euro-Anleihen kämen sofort (auch) den Krisenländern zugute, weil dann die gesamte Euro-Gemeinschaft für diese Anleihen haftet. Bisher war einer der deutschen Gründe gegen solche Anleihen, dass Deutschland dann höhere Zinsen als gegenwärtig bezahlen müsste. Es gibt allerdings auch gute Gründe für die Vermu­tung, dass durch die große Nachfragemacht der gemeinsamen Euro-Anleihen auch Deutschland noch davon durch niedrigere Zinsen profitieren könnte.

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Lesen Sie hier:

Euro-Retter greift Idee der Gemeinschaftsanleihe auf Von André Kühnlenz, FTD vom 18.11.2010