Grünes Licht für Freihandel - EU und USA beginnen Gespräche über Handelspartnerschaft
Von Simon Poelchau
Die Gespräche für die transatlantische Kooperation zwischen EU und USA sind geheim. Ein zivilgesellschaftliches Bündnis befürchtet negative Folgen für Umwelt und Verbraucher.
Die geplante »Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft« (TTIP) zwischen der EU und den USA kommt immer näher. Gestern begannen die Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und USA. Das teilte der britische Premierminister David Cameron an der Seite von US-Präsident Barack Obama am Rande des G8-Gipfels im nordirischen Lough Erne mit. Auch bei dem Gespräch zwischen Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch in Berlin wird der geplante Vertrag ganz oben auf der Tagesordnung stehen.
Den europäischen Spitzenpolitikern kann es nicht schnell genug mit der Ausarbeitung von TTIP gehen. Erst am Freitagabend hatte sich die Europäische Union auf Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten geeinigt. Bis 2015 sollen die Gespräche abgeschlossen sein. Mit über 800 Millionen Einwohnern und rund 60 Prozent der Weltwirtschaftsleistung wäre dies mit Abstand die größte Freihandelszone der Welt.
Kommissionspräsident Barroso erhofft sich durch das Abkommen einen Anstieg der Wirtschaftsleistung um 120 Milliarden Euro pro Jahr und 400 000 neue Arbeitsplätze in der EU. Eine Studie des ifo-Instituts im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ist sogar noch optimistischer: Sie geht davon aus, dass so viele Jobs alleine in Großbritannien entstehen würden. In allen Krisenstaaten würde die Arbeitslosigkeit zurück gehen. Mit 0,76 Prozentpunkten würde Portugal am meisten profitieren.
Doch ob die fantastischen Heilsversprechungen auch Realität werden, ist fraglich. Denn von dem, was am transatlantischen Verhandlungstisch beredet wird, sind nur einige Grundzüge bekannt. Das EU-Verhandlungsmandat wird weder den Parlamenten noch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Diese Geheimhaltungstaktik, die auch von der Bundesregierung unterstützt wird, kritisieren 22 Organisationen aus den Bereichen Landwirtschaft, Umweltschutz, Entwicklungs- und Handelspolitik. Sie haben ein Bündnis gegen das geplante Abkommen gegründet. Mit dabei sind unter anderem die Umweltorganisation BUND und Attac. Ihre Befürchtung: Bei den Gesprächen werden gesellschaftliche Interessen unter den Tisch fallen, während sich Wirtschaftsinteressen durchsetzen.
»Chevron und andere Konzerne freuen sich schon auf das Investitionskapitel des geplanten Vertrages«, sagt Peter Fuchs von der globalisierungskritischen Organisation PowerShift, die im Bündnis dabei ist. Denn Deutschland und die EU würden diesen Konzernen Sonderrechte geben wollen, mit denen sie vor geheimen Schiedsgerichten gegen gemeinwohlorientierte Politik klagen könnten.
Bernd Voß, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, sieht ganz konkret die Errungenschaften des europäischen Verbraucherschutzes in Gefahr. »Dadurch drohen Klonfleisch, Hormonmilch, Chlorhühnchen und noch mehr Gentechniklebensmittel auf den Tellern zu landen«, so Voß. Denn diese Produkte sind in den USA bereits erlaubt. Statt den europäischen Bauern das großindustrielle Agrarmodell der USA aufzuzwingen, fordert Voss, sollten soziale und ökologische Standards geschützt und weiterentwickelt werden.
Gemeinsam mit Verbündeten in den USA und der übrigen EU wollen Voß und seine Mitstreiter alles daran setzen, das Abkommen zu verhindern. »Eine transatlantische Partnerschaft für die sozial-ökologische Transformation, die wir im 21 Jahrhundert so dringend brauchen, sieht anders aus«, endet ihr Aufruf.
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