"Wir stellen uns jeder Kritik" - Aber der LINKEN-Abgeordnete muss draußen bleiben!
Offener Brief an den EDEKA-Vorstandsvorsitzenden, Herrn Mosa
Sehr geehrter Herr Mosa,
im Dezember 2012 erreichte mich in Berlin Ihr Schreiben mit der Überschrift "Herausforderungen für den genossenschaftlich strukturierten EDEKA-Verbund". In diesem Brief erläutern Sie die Entwicklung des EDEKA-Verbundes und seine wirtschaftliche Position in Deutschland. Außerdem führen Sie an, dass Sie trotz aller Erfolge "jeden Tag erneut" nicht nur bei Ihren Kunden"kämpfen müssen" - sondern stets und ständig darauf bedacht sind, wettbewerbsfähig zu bleiben und dass die Belange ihrer "4.500 selbständigen Lebensmitteleinzelhändler in der EDEKA-Genossenschaft, der 12.000 Märkte und der über 300.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" gehört werden sollen.
Ganz besonders in meinem Wahlkreis, dem Landkreis Leipziger Land, aber auch in dem angrenzenden Landkreis Nordsachsen habe ich die Belange der EDEKA-MitarbeiterInnen gehört. Konkret geht es dabei um die EDEKA-Lager in Borna und Hof, welche zu Gunsten eines neuen Lagers in Berbersdorf aufgegeben werden sollen. Nach Bekanntwerden dieses Vorhabens bildete sichein Aktionsbündnis, an dem neben den BetriebsrätInnen und der Gewerkschaft ver.di auch regionale PolitikerInnen teilnahmen. Auch ich war und bin Teil dieses Aktionsbündnisses. Als Bundestagsabgeordneter mit meinem Büro in Borna habe ich gleichfalls einen sehr direkten Bezug zu den lokalen EDEKA-Beschäftigten. In enger Absprache mit meinen LandtagskollegInnen Heike Werner und Enrico Stange und der Oberbürgermeisterin der Stadt Borna, Simone Luedtke, habe ich mit VertreterInnen der SPD und den Grünen sowie der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft, der Betriebsräte und der Kommunalpolitik nach sozial verträglichen Lösungen für alle Betroffenen MitarbeiterInnen gesucht.
Die hiesige EDEKA-Geschäftsführung hat uns diese Suchenicht unbedingt erleichtert. Wir reden immerhin von über 500 Arbeitsplätzen, die in unserer Region betroffen sind. In Berbersdorf sollen zukünftig nur knapp 300 dieser Arbeitsplätze erhalten bleiben.
In Ihrem Schreiben heißt es weiter: "Wir haben in derVergangenheit vielleicht zu wenig das Gespräch mit Ihnen gesucht und uns nur auf den schwierigen Alltag konzentriert. Andere haben mit Ihnen über uns geredet. Das wollen wir ändern. Deshalb werden wir sie in Zukunft regelmäßig informieren und auch zu einem Dialog einladen."
Und weiter: "Wir stellen uns jeder Kritik."
In Absprache mit Herrn Wolfgang Tiefensee (wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag und Bundesminister a.D.) und seiner Landtagskollegin, Frau Petra Köpping, wollte ich gern in dem nun terminierten Gespräch mit der "EDEKA-Handelsgesellschaft Nordbayern-Sachsen-Thüringen mbH" mit den für das o.g. Vorhaben Verantwortlichen ins Gespräch kommen. Unsere Bemühungen im Aktionsbündnis sah ich damit als ein ganzes Stück erfolgreich an.
Vor einigen Tagen erreichte mich dann die Nachricht, dass seitens der EDEKA das Gesprächsangebot ausschließlich an Herrn Tiefensee gerichtet und eine "einseitige Erweiterung" des Gesprächskreises nicht angedacht sei. Bis heute und damit bis zum Tag des terminierten Gesprächs, war es nicht möglich, diese Ausladung rückgängig zu machen.
Für mich, meine KollegInnen und meine MitarbeiterInnen ist diese Absage eine bodenlose Frechheit. Es stellt sich nicht die Frage, inwiefern der Regionalgesellschaft hier ein Lapsus unterlaufen ist und mit Sicherheit ist auch den dort Verantwortlichen Ihr Schreiben vom Dezember bekannt. Insofern kann ich derzeit keine rationale Begründung für dieses Vorgehen finden.
Ich fasse Ihr Schreiben vom Dezember so auf, dass ich als Gesprächspartner gemeint bin. Schließlich ist es an mich adressiert. In der geschilderten Problematik und auch sonst verstehe ich mein Bornaer Wahlkreisbüro nicht als Vorzimmer zur SPD.
In Gesprächen mit EDEKA-Beschäftigten, bei Besuchen der Streiks und nicht zuletzt während der Arbeit im Aktionsbündnis kamen bis heute ungeklärte Fragen auf, die ich ganz gern im Gespräch erörtert hätte.
- Wie trägt die EDEKA ihrer regionalen Verantwortung gegenüber ihren Beschäftigten Rechnung?
- Welche Nachnutzungskonzepte bestehen für die Standorte Borna und Hof? Bleibt bspw. in Borna im Stadtgebiet Leerstand zurück, der sich gar zur Ruine entwickeln kann?
- Welche Konzepte sieht die EDEKA in Bezug auf die 200wegfallenden Arbeitsplätze vor?
- Was passiert mit den MitarbeiterInnen, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht an den Standort Berbersdorf wechseln oder zumindest pendeln können?
- Bestehen Sozialpläne und wie sehen diese aus?
- Wie sehen die Beschäftigungsbedingungen am Standort Berbersdorf aus?
- Bleiben die bisherigen Arbeitsverträge bestehen oder werden neue Arbeitsverträge geschlossen?
- Welche Tarifvertragsbindung liegt dann noch vor und wird die betriebsrätliche Vertretung der Beschäftigten auch in Zukunft gesichert sein?
Mit Blick auf die Betroffenen, die um ihre Arbeitsplätze fürchten oder die zukünftig Mehrbelastungen auf sich nehmen müssen, stimmt mich dieses Verhalten traurig.
Ich werde dennoch weiter im Aktionsbündnis mitwirken und für die Interessen aller vom Standortwechsel Betroffenen streiten. In ihrem Interesse stehe ich auchzukünftig für wirklich ernst gemeinte Gesprächsangebote zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Axel Troost
Bundestagsabgeordneter, Stellvertretender Vorsitzender der Partei DIE LINKE.
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