Tröglitz: Der pragmatische Rassismus

Von David Begrich

01.05.2015 / aus: Blätter für deutsche und internationale Politik, 5/2015, Seite 9-12

Seit im März der Widerstand gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in Tröglitz eskaliert ist, hat die kleine Ortschaft in Sachsen-Anhalt traurige Berühmtheit erlangt. Zunächst trat der ehrenamtliche Bürgermeister des Ortes nach Drohungen aus der rechten Szene zurück, dann wurde Feuer in der geplanten Flüchtlingsunterkunft gelegt, und schließlich musste der zuständige Landrat nach Todesdrohungen unter Polizeischutz gestellt werden. Und doch sehen wir hier bloß eine Momentaufnahme einer seit zwei Jahren andauernden Mobilisierung fremdenfeindlicher Ressentiments. Sie richtet sich gegen die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen und ereignet sich vor allem – aber nicht nur – in den ostdeutschen Bundesländern. Dabei tritt ein Rassismus in Erscheinung, der sich zunehmend pragmatisch und bürgernah gibt und auf offenen Neonazismus weitgehend verzichtet. Genau das macht ihn so gefährlich – für die Flüchtlinge, aber auch für alle, die sie willkommen heißen wollen.
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