Korruption und Steuerverkürzung durch länderbezogene Rechnungslegung bekämpfen
Bundestagsrede von Axel Troost am 01.10.2015
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wie unterschiedlich man Gesetzentwürfe doch interpretieren kann. Ich habe meiner Kollegin eben gesagt, hier gehe es auch um Entwicklungsländer und Entwicklungspolitik. Sie hat mich ganz komisch angeschaut, weil das alles gar nicht vorkam.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie setzen wir europäische Vorgaben um. Es geht um die Meldepflicht von börsennotierten Unternehmen. Dabei ist aus meiner Sicht besonders zu würdigen, dass nun Rohstoff- und Holzindustrie in ihren Bilanzen stärker offenlegen müssen, was sie in einzelnen Ländern betreiben. Das ist wichtig, weil diese Unternehmen in Entwicklungsländern oft nicht zum Nutzen der Menschen agieren. Gerade in Ländern mit großen Rohstoffaufkommen wird die Bevölkerung häufig vom vorhandenen Reichtum ausgeschlossen, während eine kleine Minderheit sich bereichert. Oft wird die Bevölkerung sogar noch durch Konflikte, mafiöse Seilschaften und Umweltzerstörung ins Elend gestürzt. Da sind natürlich auch westliche Konzerne in erheblichem Umfang mit betroffen. Die neue Berichtspflicht sorgt nun dafür, dass Zahlungen an Regierungen projekt- und länderbezogen offengelegt werden müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Das bietet eine gute Grundlage, um Korruption und Misswirtschaft zu bekämpfen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die neue Regelung ist nicht vom Himmel gefallen, sondern geht auf jahrelange Arbeit und das Wirken von Nichtregierungsorganisationen zurück. Insbesondere in den USA ist man hier aktiv geworden. Jetzt hat man in Europa nachgezogen. Insofern geht mein Lob nicht so sehr an die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen,
(Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Aber schon auch!)
sondern an die Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich in diesem Punkt haben durchsetzen können. Das ist ein gutes Signal.
(Beifall bei der LINKEN)
Aber das sollte nur der Anfang sein. Wir fordern zusammen mit den Grünen, dass auch weitere Taten folgen. Durch die erweiterte Berichtspflicht für Banken, die wir vor zwei Jahren beschlossen haben, zeigen sich erste sehr positive Ergebnisse. Die länderbezogene Berichtspflicht sollte also dringend auch auf weitere Branchen ausgeweitet werden. Ich nenne hier nur einmal exemplarisch die Telekommunikation und die Bauwirtschaft; das sind zwei Branchen, in denen besonders offene Flanken für Missbrauch und für Korruption bestehen.
Die länderbezogene Rechnungslegung spielt natürlich auch im Bereich der Steuer eine große Rolle, um Gewinnverlagerungen und Gewinnkürzungen zu bekämpfen. Deswegen sollten wir aus unserer Sicht nicht auf halbem Wege stehen bleiben, sondern das in der Tat ausweiten. Insofern sollten Sie unserem Antrag zustimmen und diese Ausweitung entsprechend vornehmen.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Transparenzrichtlinie enthält aber natürlich mehr. Jetzt komme ich noch einmal auf die vorher angesprochenen Punkte. In der Tat sind in den letzten Jahren häufig durch ganz kurzfristige Ankündigungen Kursrutsche an der Börse ausgelöst worden, und Kleinanleger konnten Aktien dann entweder gar nicht mehr oder nur zu Spottpreisen verkaufen. Hier bestand sicherlich Handlungsbedarf, und hier hat die Bundesregierung jetzt entsprechende Maßnahmen vorgenommen. Die Frage ist aus unserer Sicht, ob es richtig ist, dass die Abfindung auf den Börsenkurs abstellt. Denn zum Teil systematisch unterbewertete Aktien sind damit für Kleinanleger, aber auch für Rentenkassen, Versicherungen und Minderheitsaktionäre möglicherweise dennoch nicht zu vernünftigen Werten zu verkaufen.
Es bleibt dabei ‑ es ist eben auch angesprochen worden ‑: Für uns ist nicht wirklich nachvollziehbar, warum der Rückzug von der Börse nicht in der Hauptversammlung beschlossen werden muss, sondern vom Vorstand allein beschlossen werden kann. Die Tatsache, dass das bei der Aktienausgabe so ist, muss keineswegs bedeuten, dass das auch beim Rückzug von der Börse ‑ davon sind ja Leute betroffen ‑ die richtige Maßnahme ist.
Ich will einen letzten Punkt ansprechen. 2013 sind sogenannte Schiffserlöspools vorübergehend steuerbefreit worden, um die deutsche Seeschifffahrt aus der Krise zu holen. Jetzt wird mit diesem Gesetzentwurf diese zeitweilige Begünstigung permanent festgeschrieben. Das lehnen wir eindeutig ab. Seit der Gründung des Maritimen Bündnisses haben die Reedereien schon eine halbe Milliarde Euro an Subventionen bekommen, obwohl sie keine ihrer Zusagen im Rahmen dieses Bündnisses eingehalten haben. Von daher sollte auch für die Reedereien gelten: keine Leistung ohne Gegenleistung.
Wir werden uns bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf enthalten. Wir halten Nachholbedarf an manchen Stellen für zwingend erforderlich. Wir fordern Sie noch einmal auf, unserem Entschließungsantrag, in dem eine Ausweitung der Richtlinie vorgesehen ist, zuzustimmen.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)
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