Zukunftsinvestitionen - Plädoyer für eine aktive Infrastrukturpolitik und nachhaltige Finanzwirtschaft
Von Alexander Fischer, Benjamin-Immanuel Hoff und Birgit Keller
Seit der Jahrtausendwende bewegt sich die Investitionsquote in Deutschland konstant, das heißt über alle Konjunkturzyklen und Krisen hinweg, unter dem Durchschnitt der OECD-Länder. Die Nettoanlageinvestitionen von Bund, Ländern und Gemeinden lagen im selben Zeitraum ebenfalls konstant im negativen Bereich, was nichts anderes heißt, als dass der Staat die Infrastruktur auf Verschleiß fährt. Die chronische Investitionsschwäche in Europa und insbesondere in Deutschland ist die Schattenseite einer über ausgeprägten Fokussierung auf die «schwarze Null» in den öffentlichen Haushalten. Hinzu kommen Einsparungen in den für Hochbau zuständigen Behörden der Länder, die dazu führten, dass Investitionsmittel nur langsam abfließen konnten und öffentliche Baumaßnahmen vielfach verspätet und deutlich teurer als geplant fertiggestellt werden konnten.
Zwischenzeitlich werden im politischen Raum Vorschläge diskutiert, innerhalb der EU die «goldene Regel der Fiskalpolitik» zu re-implementieren, also die Finanzierung der Nettoinvestitionen durch Kreditaufnahme zu ermöglichen oder im Haushaltsrecht des Bundes die Verpflichtung zu verankern, die Abschreibungen der öffentlichen Hand über einen bestimmten Zeitraum durch Investitionen zu kompensieren. Diese Diskussion kann nicht allein mit Blick auf die Ausgaben geführt werden. Die anhaltend hohen Steuereinnahmen dürfen nicht vergessen machen, dass politische Entscheidungen dazu geführt haben, dass – wie erst jüngst bei der Reform der Einkommensteuer zu betrachten – hohe und sehr hohe Einkommen und Erbschaften von einer gerechten Besteuerung ausgenommen sind. Diesen Missstand zu beheben ist Ausdruck ökonomischer Vernunft im Hinblick auf die Bereitstellung öffentlicher Güter, die zur Erzielung dieser Einkommen und Vermögen beigetragen haben, und insoweit gerecht.
Angesichts dessen und im Hinblick auf den Ende des kommenden Jahres zu verabschiedenden nächsten Doppelhaushalt der rot-rot-grünen Koalition in Thüringen unterbreiten die Autor_innen des vorliegenden Papiers Vorschläge zur Erhöhung des Stellenwerts öffentlicher Investitionen im Rahmen nachhaltiger Finanzpolitik. Dabei werden Erfahrungen mit dem Modell Öffentlich-Öffentlicher Partnerschaften (ÖÖP) in Hamburg kritisch ausgewertet. Unter Einbeziehung von vergleichbaren Investitions- und Finanzierungsmodellen in der rot-rot-grünen Koalition Berlins wird ein Vorschlag für die Umsetzung eines Thüringer Kulturinvestitionsprogramms, das auf rund zehn Jahre angelegt ist, zur Diskussion gestellt. Aktuelle Initiativen des Bundes, bei der Gründung einer Infrastrukturgesellschaft Verkehr und bei der Schulbau-Finanzierung zu einer Renaissance der ÖPP-Modelle beizutragen und die finanziellen und Rendite-Erwartungen Privater zu bedienen, werden in diesem Kontext als ebenso gefährlich wie kontraproduktiv eingeschätzt. Die Autor_innen versprechen sich stattdessen von einer Debatte über Alternativen zur bisherigen Investitionspolitik und einer progressiven ÖÖP-Praxis auch die Klärung von Fragen in der Bewertung von ÖÖP-Modellen, die im Prozess der Erstellung dieses Beitrags entstanden sind.
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