Schulden, Schulden und wie weiter – wer zahlt für die Corona-Krise?

Aufzeichnung 2. ISM-Forum online

03.12.2020 / Institut Solidarische Moderne

Im 2. ISM-Forum am 30. November haben Cansel Kiziltepe (SPD), Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) und Axel Troost (DIE LINKE) diskutiert, was es für eine sozial-gerechte Finanzierung der Corona-Ausgaben braucht. Wie kann eine Antwort von links aussehen?

Schulden, Schulden und wie weiter – wer zahlt für die Corona-Krise? | 2. ISM-Forum am 30.11.2020

Zum Thema: 

Mit der Corona-Pandemie ist in der Bundesrepublik die Schwarze Null gefallen – die Ausnahmeklausel wird wohl auch 2021 noch wirksam bleiben. Milliardenschulden werden aufgenommen, um Betriebe, Arbeitsplätze und Einkommen zumindest mittelfristig zu stützen. Die Frage, auf wessen Schultern die Finanzierung gestemmt werden wird, ist jedoch noch offen. Klar ist: Wenn die großen Vermögen nicht belangt werden, wird auch diese Krise soziale Ungerechtigkeit und Ungleichheit enorm vergrößern. Es bleibt die Frage des Wie? – über eine Vermögensabgabe oder eine Vermögenssteuer?      

Veranstaltungsrückblick: 

Einig waren sich alle drei Diskussionsteilnehmer*innen, dass es gegenwärtig und auch 2021 keine Alternative zu einer sehr massiven Kreditaufnahme gibt und geben wird. Dies muss aber im Verhältnis betrachtet werden: Denn auch nach der Corona-Krise wird der Staatsschuldenstand in der Bundesrepublik in Relation zum Bruttosozialprodukt kein Problem darstellen. Die geltende Schuldenbremse im Grundgesetz erzwingt gegenwärtig aber einen Tilgungsplan, d.h. die hohen Kreditaufnahmen müssen in den nächsten Jahren getilgt werden. Auf der Bundes- und den Länderebenen gibt es dann nicht nur eine „Schwarze Null“ bzw. ein Neuverschuldungsverbot, sondern aus dem jährlichen Steueraufkommen gehen Ausgaben für die Schuldentilgung vorab verloren.

Große Einigkeit bestand in der Diskussion, dass eine Versteuerung der Vermögen dringend erforderlich ist – sowohl wegen der Verteilungsgerechtigkeit als auch wegen der zusätzlichen Staatseinnahmen für wichtige zusätzliche Ausgaben. Im Detail gab es allerdings Differenzen: Lisa Paus machte sich für eine einmalige Vermögensabgabe analog zum Lastenausgleichsgesetz von 1952 stark, deren Aufkommen – gestreckt z.B. über 20 Jahre – dem Bundeshaushalt zugute kommen würde. Cansel Kiziltepe befürwortete dagegen die Wiedererhebung einer verfassungskonformen jährlichen Vermögensteuer, deren Aufkommen den Bundesländern zusteht. Axel Troost wollte sich zwischen beiden Alternativen nicht festlegen und plädierte eher für ein mittelfristig gemeinsames Konzept. Einigkeit bestand darin, dass es dringend erforderlich ist, die Erbschaftsteuer massiv zu schärfen, um die Vererbung von Betriebsvermögen nicht durch geschickte legale Steuervermeidung weiter nahezu abzuwenden.

Die Veranstaltung, an der über 70 Personen teilgenommen haben, wurde von allen als eine sinnvolle Dialogform angesehen. Die drei Diskutant*innen haben sich darauf verständigt, dass im nächsten Jahr eine Fortsetzung mit einer Debatte in dieser Zusammensetzung über die CO2-Besteuerungstattfinden soll.

Inputs: 

Cansel Kiziltepe ist Bundestagsabgeordnete der SPD und Mitglied im Finanzausschuss.    

Lisa Paus ist Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied im Finanzausschuss und Vorstandsmitglied im ISM. 

Axel Troost ist stellvertretender Parteivorsitzende DIE LINKE, Vorstandssprecher im ISMund war von 2005 bis 2017 finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE.  

Moderation: Claus Neuberger (Vorstandsmitglied bei Weed (Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung) und Schatzmeister des ISM) und Johannes Angermüller (Professor an der Open University, Milton Keynes, UK und Sprecher des ISM-Kuratoriums).