Europa-Gericht bestätigt Rettungsschirm - ESM verstößt nicht gegen die Nicht-Beistandsklausel
Von Simon Poelchau
Der Euro-Rettungsschirm ESM ist rechtmäßig. Das hat gestern der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden. Damit wurde auf der höchsten europäischen Gerichtsebene grünes Licht für den Stabilitätsmechanismus geben. Gegen ihn hatte zuvor der irische Abgeordnete Thomas Pringel geklagt, der das Haftungsverbot der Euroländer für andere Mitgliedsstaaten in Gefahr sah.
Seit dem 8. Oktober ist der dauerhafte Stabilitätsmechanismus in Kraft und ersetzt den temporären Euro-Rettungsschirm EFSF. Mit einer Kapitalausstattung von 700 Milliarden Euro kann er notleidenden Euro-Krisenländern laut Vertrag Kredite in Höhe von insgesamt bis zu 500 Milliarden Euro geben. Das meiste Kapital dafür kommt mit rund 190 Milliarden Euro aus Deutschland. Der irische Anteil ist mit elf Milliarden Euro beziehungsweise 1,6 Prozent am Gesamtkapital relativ gering.
Doch bei einem Staatshaushalt von rund 76 Milliarden Euro wie im Jahr 2011 sind diese elf Milliarden Euro viel Geld für Irland. Das Land musste vor zwei Jahren wegen der Rettung seiner maroden Banken selber Hilfskredite beantragen und leidet unter einer schweren Rezession und hoher Arbeitslosigkeit.
Der unabhängige irische Abgeordnete Thomas Pringel klagte gegen den ESM, weil er durch ihn die sogenannte No-Bail-Out-Klausel des Vertrags über die Europäische Union verletzt sah. Pringel argumentierte, dass die Haftung für Schulden anderer Staaten verboten und der Mechanismus deswegen nicht rechtmäßig sei. Mit seiner Beschwerde wendete sich der Parlamentarier zunächst an das höchste Gericht in Irland. Dies leitete sie an den europäischen Gerichtshof weiter. Dort hatte die Klage von vornherein wenig Aufsicht auf Erfolg. Schließlich hätte ein positives Urteil den Rettungsschirm und damit eins der wichtigsten Instrumente in der europäischen Krisenpolitik grundlegend infrage gestellt.
So schrieb das europäische Gericht in einer Mitteilung, dass die Nicht-Beistandsklausel nicht verbiete, dass »ein oder mehrere Mitgliedsstaaten einem Mitgliedsstaat, der für seine eigene Verbindlichkeiten gegenüber seinen Gläubigern haftbar bleibt, eine Finanzhilfe gewähren«. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass die daran geknüpften Auflagen geeignet seien, das um Hilfe suchende Land »zu einer soliden Haushaltspolitik zu bewegen«. Auch stellten die Richter in dem viermonatigen Schnellverfahren fest, dass für die Einführung des Rettungsschirms keine Volksabstimmungen nötig waren. Denn die europäischen Staats- und Regierungschefs hätten in einem einfachen Verfahren die für den Stabilitätsmechanismus notwendigen Änderungen beschließen können, da es sich bei dem ESM um Wirtschafts- und nicht um Finanzpolitik handelte.
Im Sommer 2012 hatten auch deutsche Politiker gegen ESM und Fiskalpakt geklagt. Die Bundestagsfraktion der LINKEN monierte vor dem Bundesverfassungsgericht, dass mit den beiden Verträgen die Haushaltsrechte der nationalen Parlamente eingeschränkt würden, ohne dass das EU-Parlament vergleichbare Rechte bekommen habe. Der CSU-Politiker Peter Gauweiler sah die Eurozone mit dem ESM auf dem Weg zu einer Haftungsunion, die mit dem Grundgesetz nicht mehr vereinbar gewesen sei. Im September entschied das höchste deutsche Gericht dann, dass der Fiskalpakt und der Europäische Stabilitätsmechanismus nicht dem Grundgesetz widersprechen.
Weitere Informationen finden Sie auch im Artikel: "EuGH gibt grünes Licht für Euro-Rettungsschirm ESM", auf www.euractiv.de
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