Euro-Austritt: Was sagen linke Parteien in Europa?

Von Dominic Heilig

17.05.2013 / Neues Deutschland vom 16.05.2013

Welche währungspolitische Position SYRIZA, Bloco, Izquierda Unida und andere vertreten. Eine Übersicht

Seit knapp drei Wochen diskutiert die Partei DIE LINKE intensiv über die Frage, ob sie sich programmatisch für einen Austritt aus der Eurozone aussprechen sollte. Angestoßen hatte diese Debatte über den Umweg eines Zeitungsinterviews der ehemalige LINKE-Vorsitzende, Oskar Lafontaine. Seither sind viele Parteimitglieder bemüht, diese Debatte in die Partei selbst zurück zu holen und dort solidarisch zu führen. Die übergroße Mehrzahl der Beiträge, die vor allem im Onlineangebot der Tageszeitung «neues deutschland« veröffentlicht und zusammengefasst wurden, negiert die Forderung Lafontaines nach einem Schlussstrich unter den Euro. Stattdessen wird von vielen ein Kurswechsel in der europäischen Sozial-, Finanz- und Wirtschaftspolitik gefordert.

Doch wie sieht es bei den Partnerparteien der deutschen LINKEN in Europa aus? Hier einen Blick über den deutschen (Suppen)Tellerrand zu werfen, erscheint notwendig und sinnvoll in dieser Debatte, soll sie nicht als rein deutsche oder deutsch-zentrierte daherkommen. Was zum Beispiel denken die GenossInnen in den durch die Krise am meisten getroffenen Eurozonenstaaten, wie Zypern, Portugal, Spanien und Griechenland? Wohin steuert hierin die Debatte innerhalb der Europäischen Linkspartei (EL), in der auch die deutsche LINKE maßgeblich aktiv ist? Einige wenige aufklärende Darstellungen zu den Haltungen der europäischen linken Partnerparteien:

SYNASPISMOS/SYRIZA-USK (Griechenland)

Die Partei des populären Linkspolitikers, Alexis Tsipras hat im gesamten Krisenprozess in Griechenland immer zum Ausdruck gebracht, dass sie sich für eine Zukunft Griechenlands innerhalb der Eurozone einsetzt. Das dürfte nicht zuletzt damit zu tun haben, dass die Kredite griechischer Bürger auf Euro laufen und mit einer abgewerteten nationalen Währung noch schwerer zu bedienen wären. Der frühere Synaspismos-Vorsitzende Alekos Alavanos – Synaspismos ist der prägende Teil von Syriza-USK – plant gegenwärtig die Gründung einer neuen Partei »Plan B« (Gründungskongress 18./19.5.2013), die den Austritt aus der Eurozone und die Rückkehr zu einer nationalen Währung als Vorbedingung zur Rettung des Landes und zum Wiederaufbau der Wirtschaft und eines Wohlfahrtsstaates ansieht.

Bloco de Esquerda (Portugal)

Beim jüngstenParteitag des Bloco in Lissabon wurde ebenfalls umfangreich über die Frage nach dem Euroaustritt debattiert.Das Fazit lautet: Der Bloco ist gegen einen Euro-Ausstieg. Zwar wurde dies in der Partei – auf Führungsebene und in vielen Seminaren – debattiert, letztlich aber verworfen. Hintergrund ist, dass entgegen der Zeit der Euroeinführung die Mehrheit der Bevölkerung nunmehr gegen einen Euroausstieg ist. Die Erinnerungen an die schwache und schwankende Landeswährung sind noch lebendig. Viele haben Angst, dass in der Wirtschaftskrise ein Ausstieg noch mehr Krisen hervorbringen würde. Deshalb hat auch der Bloco das Thema verworfen und ist nunmehr dabei, alternative Mechanismen für die Eurozone zu erarbeiten

Parti Communiste Francais, PCF (Frankreich)

Der PCF hat sich auf ihrem 36. Parteitag (7.-10. Februar 2012) für eine »monetäre Revolution« ausgesprochen, »um der Vorherrschaft des Dollar ein Ende zu setzen, um schrittweise eine gemeinsame Weltwährung zu schaffen, die darauf zielt, den Erfordernissen der Zusammenarbeit und der gemeinsamen Entwicklung zu entsprechen, dafür die existierenden und notwendigen Mittel zu mobilisieren und dabei die Entwicklung der öffentlichen Dienstleistungen in den Vordergrund zu stellen.« Bezüglich einer Auflösung der Eurozone werden die französischen GenossInnen deutlich: »Dort, wo Kräfte ihre Ohnmacht, Europa zu ändern, eingestehen und einer Auflösung der Eurozone das Wort reden, die jedes Volk auf eine andere Art in den gleichen ökonomischen Krieg zurückwerfen würde, halten wir es für unabdingbar, gegen die Teilungen und die Nationalismen zu kämpfen und in europäischem Rahmen solidarische Kräfteverhältnisse zwischen Völkern aufzubauen, um den Kontinent aus dem gegenwärtigen Einfluss der Märkte zu befreien.«

Izquierda Unida (Spanien)

Die Izquierda Unida ist ebenfalls für den Verbleib Spaniens in der Euo-Zone. Die Debatten in der deutschen LINKEN haben laut Information der IU fürein wenig Nervosität gesorgt. Ziel der von den spanischen GenossInnen geplanten Euro-Konferenz (mit anderen großen EL-Parteien) ist eine Abstimmung, wie die Sparpolitik innerhalb der Euro-Zone bekämpft werden kann und in welcher Weise die Mechanismen der Euro-Zone verändert werden müssten. Inhaltlich wird festgestellt, dass die schnelle Schaffung von Arbeitsplätzen DIE wichtigste Aufgabe im Zusammenhang mit der Überwindung der Krisenfolgen darstellt. Dazu wolle die IU an der Seite der Gewerkschaften und sozialen Bewegungen in einen kritischen Dialog mit der Regierung eintreten. Man wolle erreichen, dass die Regierung ihren Sparkurs vor einer breiten Öffentlichkeit rechtfertigen müsse. Dem wolle man linke Vorschläge entgegenstellen, die unter Mitarbeit linker Wissenschaftler erarbeitet worden sind. Bei dem vorgeschlagenen Maßnahmenkatalog handelt es sich vor allem um die Stimulierung, Reaktivierung und Diversifizierung der Wirtschaft – und damit von Beschäftigung – durch öffentliche Investitionen. Zugleich sollen die sogenannten »Maßnahmen zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes« zurückgenommen werden und damit weitere Massenentlassungen und Lohndrückerei verhindert werden. Unter anderem über eine Anhebung der Mindestlöhne, der Arbeitslosenunterstützung und der Renten soll der Binnenmarkt stimuliert werden.

Die rot-grüne Einheitsliste (Dänemark – nicht Mitglied der Eurozone)

»Ganz offen wird in der Partei … über einen Austritt aus der Europäischen Union diskutiert. In den vergangenen Wochen (vor dem Parteitag am 27.-28.4. 2013) wurde per Mitgliederbefragung darüber abgestimmt, ob die Partei mit einer eigenen Liste zu den Europawahlen 2014 antreten soll oder erneut im Bündnis mit sogenannten Euroskeptikern. Am Ende gab es lediglich 28 Ja-Stimmen mehr für eine eigenständige Kandidatur. Vor dem Parteitag vermochte so niemand zu sagen, wie sich die Delegierten entscheiden würden. Schließlich setzten sich die Gegner einer eigenen Liste mit 222 zu 158 Stimmen durch. Die Einheitsliste wird also für das eurokritische Bündnis »Volksbewegung gegen die EU« mobilisieren. Wichtig sei, so der Europaabgeordnete Søren Søndergaard, »den EU-Gegnern der Volksbewegung weiterhin eine Stimme zu geben und ihnen eine politische Präsenz zu ermöglichen«.« (siehe hier)

Fortschrittspartei des werktätigen Volkes, AKEL (Zypern – EL-Beobachterpartei)

Die AKEL, bis vor kurzem noch in Regierungsverantwortung,hat einen koordinierten Austritt Zyperns aus der Eurozone nach einer Volksabstimmung vorgeschlagen. Ein entsprechendes Dokument billigte das Zentralkomitee der Partei. Die jüngsten Entscheidungen der Eurogruppe seien nach Ansicht der Partei »katastrophal« für Zypern. Im Falle eines »Ja« für den Austritt sollte er koordiniert ausgehandelt werden. (siehe hier)

Kommunistische Partei Portugals, PCP (Portugal – keine EL-Partei)

»Auch in dieser Frage setzt sich die PCP von anderen linken Kräften ab. Zwar will sie »weiter in der gemeinsamen Europafraktion GUE/NGL« wirken, doch an die Reformierbarkeit der EU glaubt sie nicht mehr. Unter dem alten und neuen Vorsitzenden Jeronimo de Sousa orientiert sie auf die Rückgewinnung der Unabhängigkeit Portugals. Der Kampf für eine »alternative, patriotische und linke Politik« führe nicht über das Modell der Neugründung der EU. Vielmehr müssten zunächst die Partei und die nationalen Kämpfe selbst gestärkt werden.« (siehe hier) Diese Äußerungen dürften die Forderung des Austritts Portugals aus der Eurozone beinhalten.

Fazit

Die Debatte in der Europäischen Linkspartei zielt mehrheitlich darauf ab, wie der Währungsunion weg von einem Instrument des Marktradikalismus in eine echte Wirtschafts- und Sozialunion verwandelt werden kann. Außer der AKEL spricht sich keine bedeutende EL-Partei innerhalb der Eurozone für eine Aufgabe des Euro aus.