Strategien gegen die Große Koalition
Von Axel Troost
Noch wird wochenlang verhandelt werden, aber die Tendenz zeichnet sich ab: eine schwarz-rote Koalition. Im Bundestag werden künftig sich rund 20 Prozent der Bundestags-abgeordneten (LINKE und GRÜNE) gegenüber einer erdrückenden Mehrheit von CDU/CSU und SPD zu behaupten und eine demokratische Kontrolle der Regierungsmacht durchzusetzen haben. Die angekündigte Stärkung der Parlamentsrechte für die Opposition wird die faktische Zusammenballung der Macht nicht aufhalten können, zumal die Koalition auch im Bundesrat über eine 60-prozentige Mehrheit verfügt.
Auch nach der Wahl befürwortet eine deutliche Mehrheit diese Machtverteilung. 61 Prozent aller Befragten halten eine Große Koalition für am ehesten geeignet, die anstehenden Probleme in Deutschland zu lösen. Das sehen nicht nur Mehrheiten der Anhänger von CDU/CSU (76 Prozent) und SPD (67 Prozent) so, sondern auch 64 Prozent derjenigen der AfD. Eine Koalition unter der Führung der CDU/CSU kann einige verschleppte Probleme im Bereich von Arbeit und Soziales bewegen, aber ein substantieller Politikwechsel wird aus der Regierungspraxis nicht herauskommen. Diese Machtverteilung bedeutet auch die Fortführung einer Austeritätspolitik, die ganz Euro-Europa tief spaltet und zu schweren sozialen Verwerfungen vor allem in Südeuropa geführt hat.
Nachdem sich auf dem Parteikonvent 85 Prozent der Delegierten für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen ausgesprochen haben, geht die SPD-Führung mit einem Forderungskatalog, der erhebliche Abstriche von den eigenen politischen Zielvorstellungen aufweist, in die Verhandlungen: Einen Wechsel in der Steuerpolitik, um die Verteilungsverhältnisse
ausgewogener zu gestalten und die Finanzierung notwendiger staatlicher Ausgaben und wichtiger Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen, wird es nicht geben. Zu Recht hatte die SPD vor den Wahlen wegen der starken Zunahme des privaten Reichtums, zahlreicher Steuergeschenke und der teuren Rettung privater Finanzvermögen Steuererhöhungen gefordert. Der Verzicht auf Steuererhöhungen seitens der SPD wurde erkauft mit der Bereitschaft der Union, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Die SPD wiederum akzeptiert die Beibehaltung der bisherigen Rentenregelung, also die Absegnung der Altersrente mit 67 Jahren. Allerdings sollten Möglichkeiten geschaffen werden, schon früher und ohne Abschläge aus dem Erwerbsleben auszusteigen, wenn jemand 45 Jahre gearbeitet hat.
Schauen wir auf Sachsen, dürfen wir das Bundestagswahlergebnis durchaus als Blaupause für die Landtagswahl verstehen: Die CDU hat 42,5 Prozent erreicht und gegenüber 2009 noch zugelegt. Dagegen sind die Verluste des gelben Partners FDP desaströs: Sie verlor 10,2 Prozent und damit 227.876 Wähler_innen. Dagegen erzielte die AFD aus dem Stand 6,8 Prozent. Es ist nicht auszuschließen, dass die AFD in den Landtag einzieht und einen weiteren Drift nach rechts in Sachsen verstärkt. Die SPD hat in Sachsen ihren Status als Volkspartei weitgehend verloren. Sie verharrt auf dem Stand von 14,6 Prozent mit geringem Zugewinn bei den Zweitstimmen. Auch die GRÜNEN mussten deutliche Verluste hinnehmen. 4,9 Prozent deuten an, dass für die kommenden Landtagswahlen 2014 ein Wiedereinzug in den Landtag nicht sicher ist. DIE LINKE stellt in Sachsen mit 20 Prozent (467.045 Zweitstimmen) zwar die zweitstärkste Kraft, hat aber gegenüber 2009 4,5 Prozent bzw. gut 84.000 Stimmen verloren.
Politikwechsel in Sachsen? In Sachsen sehen wir seit längerem, dass die CDU – obwohl unbestritten stärkste Kraft – tendenziell ihre Mehrheitsfähigkeit verliert. Die sächsische CDU sieht die Gefahr, Wähler an das rechte Spektrum abzugeben, weil diese vor allem von der Europapolitik enttäuscht sind. Bei der kommenden Europawahl will die CDU daher gegen diese Stärkung des rechten Rands vorgehen, d. h. die CDU will das Feld des „soliden Wirtschaftens“ nicht der „Alternative für Deutschland“ überlassen.
Gegenwärtig gibt es in Sachsen weder rein rechnerisch eine rot-rot-grüne Mehrheit noch zeichnet sich auf absehbare Zeit eine politisch belastbare Mehrheit für eine gesellschaftliche Alternative ab. Das liegt vor allem daran, dass die SPD auf ihrem historischen Tiefpunkt von 2009 hängengeblieben ist und für das Land keine eigenständige Entwicklungsperspektive entwickelt hat. Letztlich schielt die sächsische SPD bestenfalls auf die Rolle eines Juniorpartners mit der CDU. Auch die Grünen in Sachsen haben überdurchschnittlich verloren und werden sich mit ihrer Rückwendung zur Mitte mit einer Ablösung der CDU schwer tun.
Die LINKE muss daher noch stärker ihre alternativen politischen Lösungen in Sachsen und auf Bundesebene verdeutlichen. Wir müssen die Herausforderung einer starken Union und deren politisch halbherziger Kritiker von Grünen und Sozialdemokratie ernst nehmen. Der Druck der
LINKEN auf die anderen Parteien muss durch realisierbare politische Alternativen verstärkt wer den. Eine umfassende Erneuerung des politischen Spektrums jenseits der CDU kann nur gelingen, wenn wir die Inhalte einer gesellschaftlichen Alternative konkretisieren und mit Bürgerbewegungen, Gewerkschaftsgruppen und Sympathisanten Allianzen eingehen, um gemeinsame politische Ziele durchzusetzen.
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