Ein Blick zurück - ein Blick nach vorn
Von Gregor Gysi
Lässt man das zu Ende gehende Jahr noch einmal Revue passieren, dann stechen als wichtigstes Ereignis die Enthüllungen vom Whistleblower Edward Snowden über das Ausmaß der Datenausspähungen vor allem amerikanischer, aber auch britischer Geheimdienste hervor. Wir seien nur noch ein kurzes Stück vom totalitären Staat entfernt, die Regierung habe Informationen über jeden Bürger, die NSA kontrollierten 80 Prozent der weltweiten Datenkommunikation, warnte der frühere NSA-Direktor Bill Binney. Das globale Ausspähen von milliardenfachen personenbezogenen und anderen Daten hat die herkömmlichen Formen der Spionage, die es schon immer gab, weit hinter sich gelassen.
Die Menschheit verfügt erneut, nach der atomaren Kernspaltung, über eine Technologie, die sie nicht beherrscht und die die Gesellschaften verändern wird. Einen Schutz der Privatsphäre, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das das Bundesverfassungsgericht bekräftigte gibt es tatsächlich nicht mehr. Die grenzenlose Technologie ist sehr gefährlich, weil sich weder die USA, noch Russland oder China dagegen schützen und man auf die Möglichkeiten kriegerischer Auseinandersetzungen zusteuern könnte, wenn die Codes zum Einsatz solcher Waffen geknackt würden. Die Staaten müssen endlich ein System der gegenseitigen Kontrollen vereinbaren, damit die Gefahren eines Cyberwar gebändigt und, wenn möglich, ausgeschlossen werden.
Dass wir überhaupt von der weltweiten Überwachung der Menschheit erfuhren, haben wir allein Edward Snowden zu verdanken. Wir fordern einen sicheren Aufenthalt und Schutz für ihn und schlagen ihn für den Friedensnobelpreis vor.
Für DIE LINKE war 2013 ein erfolgreiches Jahr. Wir sind als drittstärkste Kraft in den Deutschen Bundestag eingezogen und seit kurzem die stärkste Oppositionspartei gegen eine zahlenmäßig übermächtige Große Koalition aus Union und SPD. Das ist eine große Herausforderung. DIE LINKE kann sich im Bundestag bei umstrittenen Themen nicht mehr bequem zurücklehnen, um ihre Meinungsverschiedenheiten auszudiskutieren. Sie muss auf alle Maßnahmen der Bundesregierung rasch reagieren und zugleich mit glaubwürdigen politischen Alternativen zeigen, wie es anders und sozial gerechter ginge.
Sie muss künftig auch denjenigen Bürgerinnen und Bürgern eine oppositionelle Heimat bieten, die zuvor Union, SPD, FDP oder gar nicht wählten, aber eine wirksame Opposition wollen und beziehungsweise oder von der Politik der Großen Koalition zumindest partiell enttäuscht sein werden.
Dabei bleiben unsere Themen weiter aktuell. Es wird um mehr soziale Gerechtigkeit, den Kampf gegen prekäre Beschäftigung ebenso gehen wie um die Herstellung von mehr Steuergerechtigkeit durch Entlastungen bei unteren und mittleren Einkommen und stärkeren Belastungen bei Spitzenverdiensten und Vermögen. Wir wollen verhindern, dass die über 1.000 Milliarden Euro, die bei vielen Privatbanken als Risiken in ihren Bilanzen schlummern, letztlich von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern bezahlt werden müssen.
Wir werden einer Koalition des Stillstands gehörig Dampf machen. Das ist versprochen und das werden wir auch halten.
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