Vier Jahre Schwarz-Rot: Keine Fortschritte
„Ich habe gehofft, dass die große Koalition auch große Probleme angeht, aber das ist eine komplette Fehlanzeige.“ So kommentierte Dietmar Bartsch für die LINKE 2013 den Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot. Schon unser Wahlprogramm sparte nicht mit Kritik. Demnach wäre eine katastrophale Entwicklung zu erwarten gewesen.
Doch die wirtschaftlichen Rahmendaten stimmen eher positiv. Die Wirtschaft expandiert, getragen von einem gestiegenen Konsum. Die öffentlichen Finanzen entwickeln sich positiv, ohne Kürzungsprogramme und ohne Steuererhöhungen werden Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich verbessert, der Trend zur Prekarisierung ist gestoppt. Dies liest sich für den ökonomischen Laien wie eine einzigartige Erfolgsgeschichte.
Doch die Arbeit der Bundesregierung hat mit der guten wirtschaftlichen Entwicklung nur bedingt zu tun. Wichtigster Wachstumsfaktor war in den letzten Jahren der private Konsum. Die gefallenen Energie- und Rohstoffpreise haben die internationalen Tauschrelationen (Terms of Trade) für Deutschland massiv verbessert. 2016 stiegen die Nettolöhne je Arbeitnehmer um 2,2 Prozent. Gleichzeitig sorgten vor allem die sinkenden Ölpreise dafür, dass die Verbraucherpreise sich nur um 0,5 Prozent erhöhten. Das bedeutet einen Reallohnanstieg von 1,7 Prozent. Zum Vergleich: 2013 stiegen die Löhne um 1,9 Prozent, die Preise um 1,5 Prozent – ein Reallohnanstieg von lediglich 0,4 Prozent. Die günstigen Rahmenbedingungen haben der deutschen Ökonomie einen Nachfrageschub beschert, für den man die Bundesregierung nur schwer verantwortlich machen kann.
Auch der Bundeshaushalt wurde vor allem durch externe Einflüsse saniert. Drei Faktoren haben das Zinsniveau massiv gesenkt: Der internationale Überschuss an anlagesuchendem Kapital, die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und der Ansturm auf deutsche Staatsanleihen angesichts der Krise in Südeuropa. Durch das Zinstief hat der deutsche Staat seit 2008 die riesige Summe von 240 Milliarden Euro eingespart, so die Bundesbank. Allein im vergangenen Jahr hätte er sonst 47 Milliarden mehr an Zinsen ausgeben müssen. Dann wäre die Schuldenbremse kaum einzuhalten gewesen. Die Bundesregierung hat auch hier von den Rahmenbedingungen und weniger von einer erfolgreichen Politik profitiert. Die nachhaltigsten Erfolge gab es auf dem Arbeitsmarkt. Für die Jahre seit 2014 erklärt sich der Anstieg des Arbeitsvolumens ganz klassisch über das Wirtschaftswachstum. Als maßgebliche Reform ist allein die Einführung des Mindestlohnes zu nennen. Erstmals seit vielen Jahren wurde damit die neoliberale Logik durchbrochen, dass „Reformen“ immer zu schlechteren Lebensbedingungen führen müssen. Doch der Mindestlohn ist zu niedrig, um eine echte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, gerade in den Ballungsgebieten.
Trotz des leichten Rückgangs der Arbeitslosenzahlen erreichen die Erfolge auf dem Arbeitsmarkt viele Arbeitslose nicht. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen liegt seit Jahren stabil bei über einer Million. Und mit fast drei Millionen offiziellen und 4,5 Millionen tatsächlichen Arbeitslosen sind wir immer noch Lichtjahre von einem „normalen“ Umfang der Arbeitslosigkeit oder gar von Vollbeschäftigung entfernt. Das ist Massenarbeitslosigkeit mit allen Konsequenzen für die Betroffenen.
Im Grunde stehen wir bei der Benennung der Herausforderungen am selben Punkt wie vor vier Jahren. Die derzeitige Bundesregierung hat nichts zur Lösung der zentralen Probleme beigetragen. An der Verteilungssituation hat sich nichts geändert. Die Investitionen liegen immer noch darnieder, der öffentliche Kapitalstock verfällt. Die staatlichen Strukturen, von der sozialen Sicherheit, der Bildung, der inneren Sicherheit, der Pflege bis hin zur originären Verwaltung sind stark geschwächt. Der ökologische Umbau kommt nur mühsam voran. Die günstige wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre hat vieles überdeckt, aber die Zeit wurde nicht dazu genutzt, die Probleme ernsthaft anzugehen.
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