SPD will mit Traumschiff Rendite einfahren
Politikerinnen und Politiker der LINKEN gründen eine Genossenschaft, um 11.500 Wohnungen der Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TLG) zu kaufen und vor den Hedgefonds zu bewahren, doch auch die SPD geht ins unternehmerische Risiko – mit Kreuzfahrten. Da wirkt Kritik aus den Reihen der SPD an den Genossenschaftsplänen unfreiwillig komisch. Einen "Witz" nannte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, die Pläne.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Hacker hielt es für problematisch, wenn sich "Parteien in das Wirtschaftsgeschehen reinhängen". Dabei sind Genossenschaften eine Form solidarischer Ökonomie, während es bei den vielfältigen Unternehmensbeteiligungen der SPD vor allem um Einfluss und Rendite geht. "Freuen Sie sich auf erlebnisreiche Tage an Bord von MS Princess Daphne."
Das verspricht Ambiente-Kreuzfahrten auf seiner Website zukünftigen Kunden. "Erlebnisreisen" nach Grönland, auf die Azoren oder ans Schwarze Meer werden angeboten. Was die Kunden möglicherweise nicht wissen: Ambiente Kreuzfahrten ist eine Marke der FFR Ferien-, Freizeit- und ReiseService GmbH. Die wiederum ist eine hundertprozentige Tochter der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft mbH (DDVG). Und deren Eigentümerin ist die SPD. Das Kreuzfahrt-Angebot gibt es bei der in der SPD-Beteiligungsholding DDVG organisierten Reisetochter erst seit 2012. Die Partei baut jedoch ihre Reisefirma seit Jahren weiter aus. 2010 erzielte der Reisezweig nach einem Bericht des Handelsblatts bei einem Umsatz von acht Millionen Euro einen Gewinn von 240.000 Euro. Die unternehmerischen Tätigkeiten der SPD beschränken sich aber nicht auf die Sparte Tourismus.
Über die DDVG ist die SPD an zahlreichen Verlagen und Regionalzeitungen beteiligt. Das Mediengeflecht lässt sich nicht auf einen Blick durchschauen. An über 70 Zeitungen mit einer Gesamtauflage von mehr als sechs Millionen Exemplaren soll die SPD beteiligt sein. Die SPD-Medienholding hält unter anderem Anteile an Regionalzeitungen wie der "Westfälischen Rundschau", der "Hannoversche Allgemeinen" und der "Sächsischen Zeitung". 40 Prozent der Anteile besitzt die DDVG an der "Frankfurter Rundschau". Über das Druckhaus Bayreuth Verlagsgesellschaft mbH, an der die DDVG 47,5 Prozent hält, ist man zum Beispiel mit 62,5 Prozent an der Nordbayerischen Kurier GmbH & Co. Zeitungsverlag KG beteiligt. Das Magazin Öko-Test ist über die Öko-Test Holding AG (65,67%) angeschlossen. Auch Druckereien, Verlage, Rundfunk- und TV-Gesellschaften sind Teil des Konzerns.
2010 lief das Geschäft mit den Medien nicht ganz so gut wie gehabt. Zum ersten Mal seit 1993 musste die DDVG mit 14,3 Millionen Euro einen Verlust ausweisen. Grund für die roten Zahlen soll die Krise bei der Frankfurter Rundschau gewesen sein. Die SPD machte dennoch und wie jedes Jahr ihren Schnitt – 6,5 Millionen Euro netto flossen 2010 an die Partei. Dabei soll es nicht bleiben: "Die ddvg öffnet sich aber auch für andere Engagements, sofern sie eine solide wirtschaftliche Perspektive haben und eine attraktive Rendite erwarten lassen", schreibt die DDVG über sich selbst.
Ähnliche Artikel
- 01.04.2012
Politische Ökonomie des Gemeinwesens - Überlegungen zur fds-Strategie der Re-Kommunalisierung
- 16.02.2012
- 25.10.2011
GREGOR GYSI: 90 Prozent unserer Zeit darauf verwenden, Politik zu machen
- 29.12.2010
Kreisverband Westsachsen:Was 2010 im Kreisverband geschah...
- 21.11.2010