Ein Gespräch mit Bernd Riexinger: »Wir werden als Gesprächspartner anerkannt«
Die Spitze der Linkspartei diskutierte bei »Bewegungsratschlag« mit Aktivisten aus vielen sozialen Bereichen.
Bernd Riexinger ist einer der Vorsitzenden der Partei Die Linke
Sie und Ihre Kovorsitzende Katja Kipping hatten zum Wochenende nach Berlin zu einem »Bewegungsratschlag« geladen – gibt es jetzt frischen Wind in der außerparlamentarischen Opposition?
Auf welche Inhalte konnten Sie sich einigen?
Wir haben drei Schwerpunkte herausgearbeitet: Zum einen gibt es einen weitgehenden Konsens darin, daß der gesellschaftliche Reichtum umverteilt werden muß. Alle beteiligten Gruppen sind sich einig, daß wir offensiver in Sachen Vermögens-, Millionärs- oder Erbschaftssteuer werden müssen. Die Kosten der Krise dürfen nicht länger den Rentnern und Arbeitnehmern aufgedrückt werden, statt dessen müssen Vermögende herangezogen werden.
Ein zweites Themenspektrum, das uns allen wichtig ist, war die Wiederbelebung der sozialen Frage. Es reicht nicht mehr aus, das Thema und die Forderung: »Hartz IV muß weg!« alleine in den Vordergrund zu stellen. Wir sind uns einig, daß Millionen Menschen – Erwerbstätige, Leiharbeiter, Arbeitslose und Minijobber – in Deutschland von der Krise betroffen sind. Die Spaltung auf dem Arbeitsmarkt ist deutlich größer, immer mehr Menschen arbeiten zu Niedriglöhnen, und die Arbeitsverhältnisse werden immer prekärer. Das alles müssen wir in den Mittelpunkt stellen, wobei wir nicht vergessen dürfen, daß auch diejenigen Lohnverluste hinnehmen müssen, die noch in festen Arbeitsverhältnissen sind. Die Leute arbeiten und arbeiten und kommen aber nie auf einen grünen Zweig.
Der dritte Punkt lag besonders den Jüngeren aus dem Teilnehmerkreis am Herzen: Ihnen geht es um die öffentliche Daseinsvorsorge und um den Kampf um den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, zu Energie, Wasser, Nahverkehr, Schulen, Bibliotheken, Krankenhäusern. Zu diesem Komplex gehören auch die Stichworte Kampf gegen Privatisierung und Rekommunalisierung.
Diese drei Punkte sollen jetzt weiter bearbeitet werden.
Die Beratung war nicht angekündigt worden – warum so geheim?
Können sich aus diesen Kontakten heraus konkrete Aktionen für den Herbst entwickeln?
Wir unterstützen natürlich mit allen Kräften dieses Bündnis. Es liegt ja eine gewisse Tragik darin, daß Massenproteste, wie in anderen europäischen Ländern, bei uns ausbleiben, obwohl gerade Deutschland ein entscheidender Faktor für die ganze Euro-Krise ist. Wir werden übrigens zum Thema Millionärssteuer noch in dieser Woche ein Plakat herausbringen, mit dem unsere Kreisverbände in den Sommermonaten im Straßenbild Präsenz zeigen können.
Vor und während des Göttinger Parteitags Anfang Juni wurde von allen Seiten beklagt, daß die Partei mit ihren ständigen Personaldebatten ein Bild der Zerrissenheit abgibt. Hat sich das gelegt, sind die Genossinnen und Genossen disziplinierter geworden?
Von allen Bundestagsparteien sind wir die einzigen, die diesen Fiskalpakt ohne Wenn und Aber ablehnen – und darin werden wir auch von der breiten Mehrheit der Bevölkerung bestätigt. Daß wir gegen diesen unsozialen Pakt beim Bundesverfassungsgericht geklagt haben und das höchste Verfassungsorgan unsere Klage jetzt prüft, beweist doch unsere Politikfähigkeit.
Die nächste wichtige Wahl findet im Januar in Niedersachsen statt. Muß sie nach den Mißerfolgen der letzten Monate der Wendepunkt sein?
Wer soll denn Ihrer Meinung nach Spitzenkandidat der Linkspartei bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr sein?
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