Botschaft des Friedens
Von Bodo Ramelow, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Thüringer Landtag, Protestant
Ostern ist, vielleicht noch mehr als Weihnachten, ein Fest des Friedens. Die Kinder freuen sich über den Osterhasen. Die Christen feiern die Auferstehung. Viele Menschen nehmen an Ostermärschen teil. Und alle begrüßen voll Hoffnungsglück den sich entfaltenden Frühling. Die richtige Zeit, um mit großen Nachdruck Frieden überall in der Welt einzufordern.
Das Hoffnungsglück ist in diesem Jahr gefragter als sonst. Am Horizont werden die Wolken immer dunkler. Die US-amerikanischen Drohnenkriege werden wohl von Rammstein gesteuert. Die NATO bietet ihren "Schutz" immer weiter östlich an, und Deutschland ist zu einem der größten Waffenproduzenten der Welt geworden. Bei den Ostermärschen zu Beginn der Achtziger Jahre sangen wir immer dieses Lied: „Marschieren wir gegen den Osten? Nein! Marschieren wir gegen den Westen? Nein! Wir marschieren für ne Welt, die von Waffen nichts mehr hält, denn das ist für uns am besten!" Daran hat sich nichts geändert. Nur gibt es die Blöcke Ost und West nicht mehr, und unsere Absatzmärkte haben sich deutlich erweitert. Aber was ist mit der Friedenssehnsucht der Menschen?
Wenn der Papst am Sonntag in Rom den Segen Urbi et Orbi spricht, haben wir das alle schon oft gehört und trotzdem lohnt es sich darüber nachzudenken. Die Osterbotschaft ist eine Botschaft des Friedens. Urbi et Orbi – der Stadt und dem Erdkreis, das macht auf ganz einfache Weise deutlich, dass die Welt nicht in unterschiedliche Lager aufgeteilt werden muss. Alle Menschen leben zusammen in diesem Erdkreis, es gibt keinen Zwang dazu, sich auf die eine oder die andere Seiten zu schlagen. Unsere Heimat ist der Erdkreis und die unserer Nachbarn auch.
In vielen Konflikten heißt es immer wieder, aggressives Handeln sei nur eine Reaktion auf eine vorausgegangene Provokation. Jeder reagiert angeblich nur und kann nicht anders – und so entwickelt sich eine Spirale hin zur Gewalt. Es ist egal, ob wir von einem christlichen oder einem humanistischen Menschenbild ausgehen, oder ob wir gar beide Vorstellungen nicht als Gegenüber sondern als etwas miteinander Verschmolzenes verstehen: Der Mensch kann immer anders. Wir können sagen, jetzt und hier ist genug. Die Provokation muss ein Ende haben. Was der andere getan hat, gefällt mir nicht, aber alles andere, als mit ihm darüber zu reden, ist keine Option. Es ist höchste Zeit umzukehren, zur Rüstungskonversion, zum Abrüsten, in den Herzen und auch ganz praktisch.
Am Ende des Dreißigjährigen Krieges ließ Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha, auch bekannt als Ernst der Fromme, in Gotha das Residenzschloss "Schloss Friedensstein" erbauen. Nach den Verheerungen dieser üblen Kriegszeiten war das ein großes ziviles Arbeitsprogramm. Und in den Schlussstein wurde vor über 350 Jahren geschrieben: „Frieden ernähret – Unfrieden verzehret." Wenn diese Erkenntnis doch endlich und endgültig überall ankommen würde