Axel Troost: "Es gab durchaus Alternativen"
Der Linken-Politiker äußerte früh Skepsis zur schnellen Währungsunion, zusammengestellt und aufgeschrieben von Götz Hausding
Die "Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik", deren Geschäftsführer ich zu Zeiten der Wende war, äußerte sich schon im April 1990 sehr skeptisch, was die Pläne zur Währungsunion anging. Wir befürchteten den Zusammenbruch der DDR-Ökonomie, weil sie durch die Währungsumstellung schlagartig flächendeckend nicht mehr konkurrenzfähig war. Damals gab es durchaus Alternativen. Nicht zur Währungsumstellung grundsätzlich - dazu war der Druck der DDR-Bevölkerung zu stark. Aber man hätte die Umstellung in der Volkswirtschaft differenzierter vornehmen müssen und hätte es so manchen leistungsfähigen Betrieben erleichtern können, die ersten Jahre in der neu erklommenen Marktwirtschaft zu überleben. So wie es gemacht wurde, waren die Betriebe chancenlos.
Ich habe später die Arbeit der Treuhand begleitet - als sogenannter "Anker-Berater" des Wirtschaftsministeriums in Mecklenburg-Vorpommern. Damals war ich auch noch optimistischer, was das Überleben kleinerer herausgeschälten Industriekerne anging. Aber auch das ist fast alles in die Hose gegangen. Daher sage ich heute noch: Ein Teil der großen Skepsis der Bevölkerung der ehemaligen DDR gegenüber Gewerkschaften hat nicht nur mit der Ablehnung des FDGB zu tun, sondern auch damit, dass man sich von den westdeutschen Gewerkschaften - insbesondere von der IG Metall - verraten gefühlt hat. Da wurde versprochen, Auffanggesellschaften zu bilden für zwei, drei Jahre und danach sollten die Beschäftigen wieder einen Job finden. Nahezu niemand von denen hat aber Arbeit gefunden.
Für mich persönlich begann mein Leben als "Wossi" in Rostock, wo das von mir 1984 gegründete und in Bremen ansässige PIW Progress-Institut für Wirtschaftsforschung einen ersten größeren Auftrag bekam. Um den umzusetzen, habe ich dann ganz kurzfristig das Büro für Strukturforschung Rostock GmbH (Büstro) gegründet und zehn Jahre lang in Rostock gearbeitet. Dabei habe ich quasi nur mit Ostdeutschen zusammengelebt und so lernte ich die Mentalität besser kennen, die auch heute noch eine andere als in Westdeutschland ist.
1998 wurde eine rot-rote Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern gebildet. Obwohl ich mit Parteipolitik nichts zu tun hatte, haben wir als Büstro mit dem Arbeitsminister der PDS ein Modellprojekt zu gemeinwohlorientierten Arbeitsförderprojekten in der Region Rostock umgesetzt. Ich habe darüber dann auch viele Vorträge in den anderen ostdeutschen Bundesländern gehalten und war dann bald mit den PDS-Vertretern, die für Arbeitsmarktpolitik zuständig waren, bekannt.
Meinen Wohnsitz hatte ich aber mit meiner Familie unverändert in Bremen. Nach Gründung der WASG war ich einer der vier Parteivorsitzenden und als solcher für den Wahlkampf zuständig. Durch die Listenverbindung mit der PDS war ich für die Bundestagswahl 2005 Direktkandidat in Bremen und zugleich auf einem Listenplatz in Sachsen abgesichert. Ursprünglich auf Platz vier. Schließlich rückte ich aber auf Platz zwei vor, weil der Schauspieler Peter Sodann aus Halle an der Saale, der dafür vorgesehen war, sich schlussendlich doch dafür entschied, weiter Tatort-Kommissar zu bleiben. So hatten wir einen Tatort-Kommissar verloren, aber einen Wirtschaftskriminalisten gewonnen.
Anfangs war die Zeit im Deutschen Bundestag ziemlich schwer. Ich habe noch in Bremen gewohnt, hatte in Berlin viel Arbeit und in Sachsen wurde auch erwartet, dass ich dort ein Büro habe und mich um die Landespartei kümmere. Direkt nach der Wahl im Jahr 2009, bei der eine Bremerin über die Bremer Liste in den Bundestag einzog, haben dann meine Frau und ich sofort beschlossen: Jetzt ziehen wir auch richtig nach Sachsen. 2010 sind wir Neu-Leipziger geworden, haben uns eine Wohnung gekauft und werden hier bleiben.
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