Kann die SPD-Basis CETA noch kippen?
Von Axel Troost
Bei den Verhandlungen zu Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) und Kanada (CETA) könnte uns eine Vorentscheidung bevorstehen, die vor allem von der SPD-Basis abhängen wird.
Offiziell soll der transatlantische Handel erleichtert werden. Zudem sollen ausländische Firmen einen leichteren Marktzugang bekommen, etwa durch einen Schutz vor nachteiligen Gesetzesänderungen – langfristig getätigte Investitionen könnten durch einen Federstrich einer neuen (linken) Regierung unrentabel werden. Die Befürworter prophezeien Wachstumsimpulse, Arbeitsplätze, höhere Einkommen und niedrigere Preise.Es gibt aber auch Kritik: Die Verhandlungen bleiben geheim. Transparenz bei der Gesetzgebung ist aber die Voraussetzung, als Öffentlichkeit eine Meinung äußern zu können, bevor das Paket „eingetütet“ ist. Der Vertragstext zu CETA lässt erahnen, worum es bei TTIP geht: Für öffentliche Dienstleistungen und Daseinsfürsorge gibt es eine grundsätzliche „Liberalisierungsverpflichtung“. Alles, was nicht ausgeklammert wird, muss tendenziell privatisiert werden. Bei Arbeitsschutznormen und Umweltstandards werden nur „Bemühungen“ versprochen, ohne Sanktionen bei Verstößen. Deshalb warnen Umwelt- und Verbraucherschützer beiderseits des Atlantiks davor, dass die mühsam erkämpften Standards auf den kleinsten gemeinsamen Nenner abgesenkt werden. Ein besonders kritisches Kapitel ist die Privilegierung von Konzernen durch Investoren-Sonderklagerechte bei Gesetzesänderungen. Die Problematik solcher Sonderrechte ist spätestens bekannt, seitdem Vattenfall die Bundesrepublik vor einem US-Schiedsgericht auf knapp fünf Mrd. Euro verklagt, die ihm durch den vorzeitigen Atomausstieg an Gewinn entgehen würden.
Aktuell scheint TTIP auf Eis gelegt, es wird von Experten bereits als gescheitert betrachtet – vor allem weil die amerikanische Seite nicht einmal mehr zu kleinsten Zugeständnissen bereit ist. Kompromisse wären jedoch die Voraussetzung dafür, dass das Abkommen durch das EU-Parlament und gegebenenfalls die nationalen Parlamente käme, sowie der Öffentlichkeit vermittelt werden könnte. Die kanadische Seite zeigt sich dagegen beim schon weiter fortgeschrittenen Handelsabkommen CETA flexibel, was gerade in der SPD zu einer Diskussion darüber führt, ob das Abkommen mitgetragen werden könnte. Auf großen Druck, auch durch die LINKE, werden statt privater Schiedsgerichte nun öffentliche Investitionsgerichtshöfe mit verbeamteten Richtern und öffentliche Verhandlungen angedacht. Dies ändert aber nichts daran, dass Konzerne in Geheimverhandlungen Schadensersatz von Staaten einklagen könnten.
Mit CETA würde ein paralleles Rechtssystem entstehen, maß- geschneidert nach Konzerninteressen. Demokratische Entscheidungen, Menschenrechts-, Arbeits- und Umweltstandards zu verbessern, würden zu riskant und teuer. Über die Investorenklagerechte hinaus stehen auch bei weiteren Punkten unverbindliche und kosmetische Änderungen im Raum, die nichts an der Ausrichtung ändern. Nur dank starken Protests sollen nun nicht nur das EU-Parlament, sondern auch die nationalen Parlamente gefragt werden. Aber das kann Jahre dauern, das Abkommen würde vorläufig gelten und Fakten schaffen. Eine Rücknahme wäre unwahrscheinlich, selbst bei späterer Ablehnung durch Bundestag oder Bundesrat. Zudem ist eine spätere Kündigung des Abkommens für ein Land bei 20 Jahren Übergangsfrist und bei gleichzeitigem ZwangsAustritt aus der EU kaum realistisch. Nicht zuletzt sind auch nachträgliche Veränderungen des Vertrags ohne jede demokratische Kontrolle möglich.
Die aktuell beworbenen Kompromisse im Detail kratzen zwar nicht an der Substanz von CETA, würden der SPD-Spitze jedoch eine gesichtswahrende Zustimmung erlauben, falls ihr die Basis am für den 19. September angesetzten Parteikonvent nicht einen Strich durch die Rechnung macht. Es gilt, erneut öffentlich ein deutliches Zeichen zu setzen – gegen TTIP und CETA und für Demokratie, Menschenrechte und Umweltschutz! Deshalb muss es gelingen, am 17. September auf sieben dezentralen Anti-TTIP/ CETA-Demonstrationen erneut hunderttausende Menschen auf die Straße zu bekommen. Für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen unterstützt DIE LINKE das breite Bündnis, das viele tausend Menschen auf dem Leipziger Marktplatz versammeln will.
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