Ein Nach-Denkzettel von Axel Troost: 5 Jahre DIE LINKE – im Hier und Heute
DIE LINKE als gemeinsames Parteiprojekt von PDS und WASG wäre ohne die gesellschaftliche Auflehnung gegen den neoliberalen Kurs der rot-grünen Regierung Schröder-Fischer nicht entstanden. Es ist ein Ausweis einer Demokratie, dass sich eine solche gesellschaftliche Auflehnung ins Parteiensystem übersetzt. Umgekehrt dürfen wir uns nicht wundern, dass es der LINKEN angesichts der derzeitigen fast beklemmenden gesellschaftlichen Starre nicht gut geht. Es gibt keine breite Bewegung, kaum symbolträchtigen Widerstand, keine gefühlten politischen Erfolge.
Damit will ich die existierenden Ansätze wie z.B. die Blockupy-Proteste in Frankfurt/Main nicht kleinreden, sie sind vielmehr der verbleibende Hoffnungsschimmer. Aber zur Zeit eben nur ein Schimmer von Hoffnung.
In so einer Situation ist es leider die Regel und nicht die Ausnahme, dass sich gesellschaftliche Organisationen – seien es Vereine, Gewerkschaften oder Parteien - in oftmals destruktiver Weise mit sich selber beschäftigen. Anders ausgedrückt: Wir brauchen gesellschaftliche Bewegung nicht nur, um in diesem Landes etwas zu verändern, sondern auch, um als Partei zu bestehen und uns weiterzuentwickeln.
Natürlich sollten wir alles unternehmen, um ein zuträgliches Klima für die Entstehung gesellschaftlicher Bewegung zu bereiten. In diesem Sinne finde ich z.B. die Ankündigung der neuen Parteivorsitzenden, das Zustandekommen eines Bewegungsratschlag zu Euro-Krise und Fiskalpakt zu befördern, sehr begrüßenswert. Es gilt aber auch: Partei kann gesellschaftliche Bewegung weder initiieren noch ersetzen. Für die Durststrecken zwischen gesellschaftlichen Impulsen muss daher die Devise lauten: Konzepte entwickeln, Kontakte aufbauen, Vernetzen und darüber hinaus Geduld haben, keine Fehler machen und sich als Partei nicht in Selbstzerfleischung ergehen.
Der Parteitag in Göttingen hat gezeigt, dass uns das mit der „Keine Selbstzerfleischung“ derzeit nicht besonders gut gelingt, dass es aber auch alles noch schlimmer sein könnte und werden kann. Wir müssen sehr viel pfleglicher miteinander umgehen und uns besser kennenlernen. Es wird immer wieder betont, dass zwischen den verschiedenen Strömungen und den Quellparteien zu 80-90 Prozent Übereinstimmung herrscht. Das stimmt aber nur, soweit es um Inhalte geht. Wir haben alle noch nicht hinreichend verinnerlicht, dass inhaltliche Übereinstimmung nur einen Teil eines gemeinsamen Projektes ausmacht. Es muss auch Übereinstimmung oder mindestens wechselseitiges Verständnis und Respekt in Fragen der politischen Kultur geben. Um ein Beispiel zu geben: Für viele aus dem Osten war die PDS der zentrale Ort, wo sie sich als ehemalige Bürger der DDR nicht als Bürger zweiter Klasse behandelt fühlen. Da hat die Partei schnell auch die Funktion, ein Rückzugsraum und ein soziokultureller Ort von Heimat zu sein. Heimat – oder bildlich das eigene Wohnzimmer – ist nicht der Ort, wo man ruppig und mit harten Bandagen in der Sache mit Freunden in die Auseinandersetzung geht. Diese Heimeligkeit ist aus westdeutscher Perspektive sehr gewöhnungsbedürftig, da viele von uns den Gang durch viele Parteien – z.B. von DKP oder KBW und/oder der SPD und/oder den Grünen zur WASG und dann in DIE LINKE – absolviert haben und daher ein etwas kühleres Verhältnis zur Formation Partei an sich haben. Desweiteren haben einige mit der Regierung Schröder-Fischer leidvoll erfahren, was aus ihren „Wohnzimmern“ werden konnte, als es ihnen in diesen Parteien nicht gelang, ihre linken Positionen auf Parteitagen als Pflöcke einzurammen.
Was ich damit sagen will: Das vertiefte Kennenlernen und den persönlichen Austausch sollten wir in den nächsten 5 Jahren nicht dem Zufall überlassen, sondern dafür als Partei gezielt Kommunikationsmittel und Formate schaffen. Das Fest der Linken finde ich in dieser Hinsicht z.B. eine gute Gelegenheit. Aber wir brauchen auch noch viel mehr Partnerschaften zwischen ost- und westdeutschen Landes- und Kreisverbänden.
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