Viel Dienst, wenig Verdienst. Who cares? Wer trägt Sorge? Frauen! Keine Gesellschaft kann ohne ihre Arbeit überleben
LOTTA Ausgabe 6
Editorial: Equal Pay zum und nach dem Internationalen Frauentag
Liebe Leserin, lieber Leser,
Sie hatten nach der Bundestagswahl sicherlich auch so manche Erwartungen an eine andere Politik. Es wurde viel versprochen. Entgeltgleichheit – unser Thema in der Lotta – hatte auch die SPD in ihrem Wahlprogramm. Die Frauenquote in Führungsetagen sollte neu und endlich verbindlich geregelt werden. Den schleunigen Kitaausbau und familienfreundliche Arbeitszeiten trugen viele Politikerinnen und Politiker vor sich her. Mehr Rentengerechtigkeit für Frauen, handfeste Angebote für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Sie ließ sich Zeit, die Große Koalition. Die beschlossenen Vorhaben der neuen Regierung: Die Miniquote für gerade einmal 200 Aufsichtsratsgremien, die „Mütterrente“, ein bisschen Entgeltgleichheitsgesetz – was wird das grundsätzlich ändern?
Immerhin ist der Druck von Frauenverbänden anhaltend hoch. Das zwingt die SPD-Minister Heiko Maas und Manuela Schwesig zu allerhand Ankündigungen. Doch warum soll es eine Begutachtung des ausbleibenden Equal Pay erst in Betrieben über 500 Beschäftigte geben, während weiterhin Frauen durchschnittlich 22 Prozent weniger Lohn als Männer erhalten? Weshalb ist nur ein individueller Auskunftsanspruch zur Entgeltgleichheit angedacht und wieder kein Verbands- klagerecht? So wird sich an der gängigen, tief in Traditionen verwurzelten Praxis, dass Frauen in vielen sorgenden Berufen mies bezahlt werden, gar nichts ändern. Lohnraub aber ist kein Kavaliersdelikt!
Die Folgen kennen wir: Für eine Frau wird daraus eine durchschnittliche Rente von 645 Euro, während die durchschnittliche Rente eines Mannes bei 1595 Euro liegt. Das sind 59,6 Prozent Unterschied und die Koalition verschließt davor die Augen. Da ist der halbgare Mindestlohn ein kleiner Schritt, aber keine nachhaltige Lösung.
In dieser neuen und ersten Lotta des Jahres 2014 werden wir uns zugleich mit dem Rollback bei den sexuellen und reproduktiven Rechten von Frauen auseinandersetzen. Nicht nur die Ablehnung des „Estrela-Berichts“ im Europäischen Parlament war ein Warnschuss für viele Frauen in Europa. In Frankreich, Spanien, der Schweiz, in Polen – über- all wird systematisch am Abbau von Selbstbestimmungs- rechten der Frauen gearbeitet. Hinnehmbar ist das in einem sozialen und demokratischen Staat auf keinen Fall.
Bleiben Sie also kämpferisch, wenn es um Frauenrechte geht, zeigen Sie das am 8. März und an jedem normalen Tag mit Stolz und Hartnäckigkeit. Ich mach das auch.
Ihre
Cornelia Möhring
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