Wohin geht die Linkspartei?
Joachim Bischoff / Hasko Hüning / Björn Radke: Eine neue Führung ist nicht alles
Die Landtagswahlen im Jahr 2012 (Saarland, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen) haben einen seit längerem unübersehbaren Trend bestätigt: DIE LINKE verliert Mitglieder und sie kann ihren bis 2009 errungenen wahlpolitischen Einfluss nicht erhalten.
Neuerdings werden der Linkspartei in Meinungsumfragen bundesweit nur noch rund 5% Zustimmung prognostiziert. Der Wiedereinzug ins bundesdeutsche Parlament bei den nächsten Bundestagswahlen ist keineswegs gesichert.
Seit Monaten wird die offenkundige Krise der LINKEN vor allem den Konflikten um das Führungspersonal zugeschrieben. Die unverkennbaren persönlichen Konflikte und gravierende politische Differenzen innerhalb des Führungspersonals tauchen die Partei vor allem bei den Medien, aber auch bei einem Teil der WählerInnen in ein schlechtes Licht. In einer Zeit, wo die Piraten nicht zuletzt wegen der Kritik an »Hinterzimmerpolitik« massive Zustimmung erfahren, lieferte die Linkspartei mit der teilweise unwürdigen Art und Weise des »Führungsstreits« im Vorfeld des Göttinger Parteitags Anfang Juni sicherlich keinen Beitrag zur Zurückdrängung von Parteienverdrossenheit. Das ist allerdings nur die eine Seite. Die andere, die ebenfalls angesprochen werden muss, besteht darin, dass die bisherige Parteiführung den sich abzeichnenden Niedergangstrend lange Zeit hingenommen und auf jede Initiative verzichtet hat, frühzeitig einen politischen Kurswechsel auf den Weg zu bringen.
Denn schon die Ergebnisse der Landtagswahlen im Frühjahr 2011 in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg waren ein deutliches Warnzeichen. DIE LINKE verpasste in beiden Ländern den Einzug in die Parlamente. Die Linkspartei war 2005 mit dem zentralen Anspruch angetreten, jenseits des neoliberalen Einheitsbreis eine sozial-ökologische und friedenspolitische Alternative anzubieten. Von den damaligen Ansprüchen und der einstigen Aufbruchstimmung, mit der DIE LINKE sich in den vergangenen vier Jahren in sieben westdeutsche Parlamente hineingekämpft hat, war wenig übriggeblieben. Der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, sprach damals davon, dass auch DIE LINKE ihre inhaltliche Position und ihre strategische Konzeption überprüfen sollte. Das soziale Thema, für das die Partei steht, sei von der Atomkatastrophe in Japan total überlagert worden. Die These von der Überlagerung der gesellschaftspolitischen Konflikte verdeckte allerdings letztlich die innerparteilichen Konflikte und das Festhalten an einem »Weiter so«.
In Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen hat die Partei massiv an Stimmen verloren und den Wiedereinzug in die Landtage verpasst. Damit ist die Linke jenseits der Sozialdemokratie in der Mehrheit der westdeutschen Bundesländer nicht mehr in den Landesparlamenten vertreten. Der Einzug in den Landtag von NRW mit 5,6% im Mai 2010 wurde weithin als Durchbruch für die Westverankerung gefeiert. Heute verliert DIE LINKE nicht nur ihre Ausdehnung in die alten Bundesländer, sondern hat zudem einen deutlich negativen Trend in den Mitgliederzahlen zu verzeichnen – mit entsprechenden organisatorisch-finanziellen Rahmenbedingungen.
Defizite politischer Kultur
Zweieinhalb Jahre nach dem fulminanten Bundestagswahlergebnis (11,9%) und fünf Jahre nach dem Zusammenschluss von WASG und Linkspartei.PDS, der ein wichtiger Schritt war, die Spaltung der Linken in Deutschland durch trennende politische Lager wie auch die Ost-West-Spaltung zu überwinden, zeigt sich, dass das politische Projekt einer vereinigten Linken massiv infrage gestellt ist.
Der offenkundige politische Abwärtstrend setzte bereits nach den Bundestagswahlen 2009 ein. Ein Mitgliederverlust von ca. 8.000 Mitgliedern unter die Marke von 70.000 – Tendenz weiter fallend – und ein sichtbarer Verlust des politischen Einflusses sprechen eine eindeutige Sprache. Es häufen sich die Meldungen über den Rückzug von wichtigen Funktionären und Mandatsträgern und Übertritte zu anderen Parteien. Die Partei ist zerstritten und viele Protestwähler sind zu den Piraten weitergezogen.
So wichtig die Neubesetzung der Führungspositionen in der Partei auch sein mag, entscheidend für die weitere Zukunft einer vereinigten politischen Linken in der »Berliner Republik« bleibt, ob es gelingt, eine Veränderung von Organisation und politischer Gesamtkonzeption auf den Weg zu bringen. Insofern muss als Fortschritt festgehalten werden, dass im von Mitgliedern des »Forum demokratischer Sozialismus« auf den Weg gebrachten Ersetzungsantrag zum Leitantrag des Parteivorstands zum Göttinger Parteitag selbstkritisch festgehalten wird: »Viele Mitglieder haben uns verlassen oder sind für uns einfach nicht mehr erreichbar. Dies hat zuvorderst mit uns selbst zu tun. Es sind aufkeimende Dogmatismen, die unserer Streitkultur, unserer Solidarität untereinander und unserer Offenheit nach außen wie nach innen geschadet haben. Das Wort hinter vorgehaltender Hand ist ehrlicher geworden, als die Reden und Beiträge auf Parteitagen und oder in Versammlungen. Die Gräben zwischen den Quellparteien, zwischen Ost und West, sind nicht überbrückt, sondern tiefer geworden... Deshalb darf es nicht mehr ›Kurs halten‹ heißen oder ein ›Weiter so‹ geben. Nur wenn wir uns wieder – wie 2007 – öffnen, zuhören, akzeptieren und andere mitnehmen, gewinnen wir gemeinsam an Profil und Eigenständigkeit. Die Akzeptanz von Kampagnen, politischen Forderungen und Personen entsteht eben nicht durch Verordnung von oben, sondern durch Partizipation, Überzeugungskraft und Solidarität.«[1]
Die mehr oder minder schweren Niederlagen bei Landtagswahlen, aber auch die unübersehbaren Schwächen in den außerparlamentarischen Aktionen wurden bislang nicht als Aufforderung zu einer selbstkritischen Neuerfindung des Projektes verarbeitet. Der Verweis auf eine stärkere Betonung des gesellschaftlichen Konfliktpotenzials und die Protestbewegungen hilft auch nicht weiter. Und das seit längerem feststellbare dissonante Agieren des Führungspersonals ist nur ein Krisenfaktor. Der politische Niedergang hat aber weitere Ursachen, denen nachgegangen werden müsste. Insofern werden wir mit einer neuen Führung politische Erneuerung nur verwirklichen können, wenn in der gesamten Partei die Methode der politischen Arbeit auf den Prüfstand kommt.
Denn die politische Kultur eines breiten linkspluralistischen Parteiprojektes ist erstens da, wo sie überhaupt als eigenständige Aufgabe verstanden und in Angriff genommen wurde, erheblich beschädigt worden. Zweitens – und dies ist aus unserer Sicht ein weiterer zentraler Faktor der Schwäche und des Niedergangs – haben wir uns eine zu lange Zeit bewilligt, um die in den Jahren 2007/2008 ausgebrochene Große Krise des Kapitalismus in einem Grundsatzprogramm zum zentralen Bezugspunkt unserer Politik zu machen. Zugleich wurden die Kontroversen in Formelkompromissen zugedeckt, anstelle sie auszutragen, und es wurden in der Alltagsarbeit aus dem anhaltenden Krisenprozess keine Schlussfolgerung gezogen.
Zur Verdeutlichung dieser Schwäche der theoretischen und politischen Kultur kann erneut auf die kontroversen Leitanträge zum Göttinger Parteitag verwiesen werden. Der Bundesvorstand argumentiert in seinem Leitantrag: »Deutschland ist bislang relativ glimpflich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen… Wenn die jetzt schon brüchige wirtschaftliche Entwicklung weiter an Dynamik verliert, drohen angesichts der herrschenden Politik auch in Deutschland erhebliche soziale Einschnitte. Was auf uns zukommen kann, zeigen die Verhältnisse in Griechenland, Portugal, Spanien, Irland und Italien: Löhne und Renten werden dramatisch gekürzt, Ausgaben für Bildung und andere staatliche Aufgaben zusammengestrichen, Rechte von Beschäftigten massiv beschnitten. Statt demokratischer Parlamente bestimmen Stadthalter der Banken, wohin die Reise geht... Die Politik ordnet sich den Märkten unter, anstatt die gesellschaftliche Entwicklung zu gestalten. Demokratie- und Sozialabbau sind die Folgen. Die Idee eines demokratischen, sozialen und friedlichen Europas droht auf der Strecke zu bleiben.«[2]
Dagegen wenden die Antragsteller aus dem Forum Demokratischer Sozialismus ein: »Wir können nicht davon ausgehen, dass der kommende Wahlkampf durch eine offene Systemkrise des Kapitalismus und der sozialen Marktwirtschaft und anwachsende Klassenkämpfe in Deutschland geprägt sein wird. Tatsächlich gibt es viele Anzeichen dafür, dass das Vertrauen in die herrschende Ordnung, in die Eliten abgenommen hat. Eine übergroße Mehrheit vertritt die Auffassung, dass die ›soziale Marktwirtschaft‹ die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer macht und ›nicht mehr so funktioniert wie früher‹. Etwa 50% der Menschen machen sie ›verantwortlich für die Ungerechtigkeit in Deutschland‹ und sagen, sie ›muss grundlegend geändert werden‹. Doch darüber, ob und wie Gesellschaft und Wirtschaft verändert werden könnten, herrscht große Orientierungs- und Ratlosigkeit. Auch bei uns selbst! Diese Offenheit ist keine Kapitulation. Diese Offenheit ist das Fundament der Öffnung unserer Partei – für die Aufnahme der Widerstände, Visionen und Ideen einer noch existierenden bunten Gesellschaft in unser Denken und Handeln... Diese Ängste anzusprechen, ist eine unserer Aufgaben. Diese Ängste in unsere Politik aufzunehmen, ist unsere Pflicht.«
Natürlich ist es nicht einfach im sechsten Jahr einer Großen Krise die Notwendigkeit eines grundlegenden Politikwechsels einem größeren Kreis von WählerInnen zu vermitteln. Ein Teil leidet immer heftiger unter den Folgen, bei anderen stellt sich eine Krisengewöhnung oder Gleichgültigkeit ein. Allerdings ist sowohl die Betonung der eigenen Orientierungslosigkeit, selbst wenn sie als »Offenheit« daherkommt, als auch die vermeintliche Sicherheit einer ideologischen »Linkshaberei« der beste Weg, die eigene Bedeutungslosigkeit zu unterstreichen, anstelle eine andere Methode von Aufklärung und politischer Arbeit durchzukämpfen. Zu der gehört, die Rahmenbedingungen der eigenen Entwicklung nüchtern zu analysieren.
Die Linkspartei entwickelte sich in den Jahren 2005 bis 2007 vor dem Hintergrund einer beispiellosen Neujustierung aller sozialen Sicherungssysteme durch die rot-grüne Regierung – mit einer tief verunsicherten sozialdemokratischen Partei. Viele Mitglieder verließen die SPD und wandten sich dem Projekt zu. Nach der verlorenen Bundestagswahl 2009 hat die Sozialdemokratie in der Opposition politisches Terrain und damit auch Teile der früher kritischen BürgerInnen zurückgewinnen können. Mindestlohn und Kampf gegen Altersarmut sind kein »Alleinstellungsmerkmal« der Linkspartei mehr. Das Hartz-IV-Regime ist wegen der Expansion des Sektors prekärer Beschäftigung zu einer flächendeckenden Alltagsstruktur geworden, auf die auch die SPD reagiert. Mit der Abschaffung der Wehrpflicht, dem angekündigten Abzug von NATO und Bundeswehr aus Afghanistan sowie dem Ausstieg aus der Kernenergie sind auch in anderen – lange Zeit strittigen – Bereichen politische Änderungen eingeleitet worden.
Die spannende Frage – auch, aber nicht nur – an die neu bestellten Führungskader lautet daher: Wie kann DIE LINKE ihre deutlich systemkritischere Sicht auf die anhaltende Große Krise des Kapitalismus als die SPD in einen größeren politischen Einfluss umsetzen? Eine erste Voraussetzung dafür ist, dass die anstehenden Herausforderungen sowohl in der Gesellschaft wie im politischen Raum (Bundestag und Landesparlamente) aufgegriffen und dafür Deutungen und Antworten entwickelt werden:
- Es steht die Abstimmung über den europäischen Fiskalpakt an, der den Staaten Europas unter Führung der schwarz-gelben Bundesregierung die »griechische Rosskur« verschreibt, und eine massive Verschärfung der gesellschaftlichen Spaltung billigend in Kauf nimmt.
- Für Nordrhein-Westfalen zeichnet sich die Fortführung der rot-grünen Koalition ab, die einer entsprechenden politischen Konstellation für den Bund Auftrieb verleihen wird. Insofern müsste die Notwendigkeit eines Drucks von links auf eine solche politische Gestaltung verdeutlicht werden.
- Durch das Erstarken der Piraten, denen nach letzten Umfragen nicht nur der Einzug in die Landesparlamente, sondern auch in den Bundestag (aktuell 11%) prognostiziert wird, ist eine neue Situation entstanden: Die CDU bleibt stärkste Kraft, die SPD ist zum »Zentrum von Mehrheitsbildungen jenseits der Union« aufgerückt.
- n Die schwarz-gelbe Mehrheit ist marode, das bürgerliche Feld sortiert sich neu und ist keineswegs stabil. Aber auch die sicher geglaubte rot-grüne Mehrheit ist keine stabile Konstellation. Bei der Abstimmung über den Fiskalpakt ist klar, dass alle Parteien – außer der LINKEN – ihm zustimmen werden. SPD und Grüne fordern für ihre Zustimmung die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Beide betonen, mit einem Fiskalpakt allein komme Europa nicht aus der Krise. Nötig seien auch Wachstumsprogramme. Aber die konkreten Schritte bleiben offen.
Veränderte Rahmenbedingungen
Nun hat sich die politische Großwetterlage noch in anderer Hinsicht verändert: Der Wahlsieger in den französischen Präsidentschaftswahlen, der Sozialist François Hollande, hat sich dafür ausgesprochen, den Fiskalpakt durch ein Wachstums- und Investitionsprogramm zu ergänzen. Die Sozialistische Partei in Frankreich hat realistische Chancen, mit einer parlamentarischen Mehrheit eine Verschiebung der bisherigen Austeritätspolitik in Europa durchzusetzen. Der Front de Gauche konnte deutlich machen, dass ein grundlegender Politikwechsel möglich ist, und damit den Druck auf die Sozialistische Partei erhöhen. Auf die Zerrissenheit der französischen Gesellschaft versucht das Bündnis um Mélenchon, mit der neuen Konzeption einer solidarischen und gemischten Gesellschaft (»société métissée«) zu antworten. Die zentrale Orientierung auf Teilhabe ist eingebettet in die Forderung nach einer sechsten Republik, einer sozialen Neugründung des Staates, in dem das Volk selbst eine größere Rolle einnehmen soll. Mit gut 11% gelang es der Linksfront, das einst zerfallene Lager von Kommunisten, Globalisierungsgegnern, Linkssozialisten und Linksradikalen wieder zusammenzuführen. Die Linksfront versteht sich als eine Partnerschaft von linken Parteien und gesellschaftlichen Bewegungen – in Respektierung unterschiedlicher Herkunft und der jeweiligen politischen Kultur. Es wurde ein gemeinsamer Raum geschaffen, in dem neben den Mitgliedern der Parteien und Bewegungen auch unorganisierte BürgerInnen auf unterschiedlichen Ebenen mitarbeiten und sich einbringen können, ohne Mitglied einer der drei Parteien zu werden.
In den Niederlanden erlebt die (Links-)Sozialistische Partei (SP) einen rasanten Aufschwung, nachdem der Rechtspopulist Geert Wilders die amtierende bürgerliche Regierungskoalition wegen der Ausweglosigkeit der Austeritätspolitik aufgekündigt hatte. Geht man von den aktuellen Umfragewerten von fast 20% aus (bei der letzten Wahl erreichten sie 9,8%), könnte sie zur zweitstärksten Kraft werden. Die SP lehnt »einen von der EU aufgezwungenen Neoliberalismus« ab, Sparmaßnahmen im sozialen Bereich sind mit ihr nicht zu machen.
In Irland, wo im Juni ein Referendum über den Fiskalpakt stattfindet, kommen die Gegner des Vertrags bereits auf knapp ein Viertel der Stimmen. In Tschechien werden die Proteste lauter. In Griechenland hat es bei den vorgezogenen Neuwahlen ein Desaster der etablierten Parteien gegeben.
Dies sind die veränderten Bedingungen, die DIE LINKE bei ihrer strategischen Ausrichtung für die kommenden Auseinandersetzungen bis hin zu den Bundestagswahlen in Rechnung stellen müsste. Insofern ist der Hinweis im Leitantrag des Parteivorstands richtig, dass »das wirtschaftliche, soziale und politische Umfeld schwieriger geworden« ist.
Allerdings greift die Analyse deutlich zu kurz. Es ist zwar richtig, dass »eigene Fehler ... das politische Gewicht der LINKEN [haben] geringer werden lassen. So hat sich die Partei oft allzu sehr mit sich selbst beschäftigt. Personalfragen und interne Streitereien ließen den politischen Auftrag und die politischen Inhalte in den Hintergrund treten, womit sich DIE LINKE von den Menschen und ihren Sorgen, Nöten, aber auch Wünschen entfernt hat.« Und in der Tat hat die quälend lange Debatte um das Führungspersonal die notwendige Verständigung über die Entwicklung und Umsetzung einer »revolutionären Realpolitik« in Verbindung mit politisch-strategischen Perspektiven, um Alternativen zu der aus den Fugen geratenden gesellschaftlichen Entwicklung zu präzisieren, in den Hintergrund gedrängt. Insofern ist eine Rückbesinnung auf Analysen & Alternativen dringend geboten.
In der Bestandsaufnahme des Leitantrages heißt es weiter: Bei aller Bedeutung der Sonderrolle der Berliner Republik, »die wirtschaftliche Besserung in den Jahren 2010 und 2011 ist bei den Menschen nicht angekommen... Arbeit wird immer unsicherer. So hat in den letzten Jahren der Anteil der prekären Arbeit, also Leiharbeit, befristete Beschäftigung, Minijobs oder auch der Missbrauch von Werkverträgen stark zugenommen. Rund ein Fünftel aller Beschäftigten arbeitet im Niedriglohnsektor. Die Arbeitsprozesse selbst werden immer mehr verdichtet.« Das ist unbestreitbar, allerdings fehlt im Leitantrag die Zuspitzung. Die gesellschaftlichen Welten stehen nicht neben- und gegeneinander, sondern haben einen inneren Zusammenhang: Das »zweite deutsche Wirtschaftswunder«, die arbeitsmarktpolitische Bewältigung der Großen Krise, ist nur unter der Voraussetzung der Absenkung der Löhne, der Schaffung von Niedriglohnsektoren, der Ausweitung prekärer Jobs, und nochmals verdichteter, intensivierter Arbeitsprozesse bei wieder verlängerten Arbeitszeiten möglich geworden. Und die Mehrheitsperspektive für das Gemeinwesen kommt geradezu schnörkellos daher: Sozialstaatsabbau, Leistungsverschlechterungen und Privatisierung in Gestalt einer Schuldenbremse.
Auch wenn die »Märkte« für das Alltagsleben der Menschen weit weg sind und undurchsichtig erscheinen, ist es schwer vorstellbar, dass die mit dem Fiskalpakt einhergehende Umverteilungslogik, nach der die Bevölkerungen in der Euro-Zone sich auf Jahrzehnte mit höheren Steuern, niedrigeren Renten und steigenden Krankenkassenbeiträgen abfinden sollen, widerstandslos hingenommen wird. »Durch kleinere Korrekturen die Krise überwinden zu wollen, und damit weiterzumachen wie bisher, ist illusionär. Notwendig ist vielmehr eine politische Alternative: Ohne mehr soziale Gerechtigkeit und mehr demokratische Teilhabe geht es nicht – weder in Deutschland noch in Europa!« Auch hier kann man den AutorInnen des Leitantrags zustimmen.
Leider – und das ist der gravierendste Mangel des Antrags – findet sich keine Skizze für eine strategische Option, wie und mit wem diese politische Alternative gestaltet und umgesetzt werden soll. Das Verhältnis zur Sozialdemokratie bleibt unbestimmt. Da die SPD sich als das »Zentrum von Mehrheitsbildungen jenseits der CDU« sieht, kann das für DIE LINKE nur heißen, den Druck auf diese zu erhöhen. Wenn der Sozialdemokratie europaweit tragfähige strategische Konzepte zu einem europäischen Ausweg aus der Großen Krise fehlen, dann sollte die Linke jenseits der SPD dieses Strukturdefizit in den Mittelpunkt ihrer Politik rücken. Das Bekenntnis der Sozialdemokratie zur Schuldenbremse ist im Kern auch ein Bekenntnis zur Alternativlosigkeit. Abgewehrt werden muss ein autoritäres, in wiederholten und langen Krisenprozessen mit sozialen Ängsten aufgeladenes Europa, in dem Finanzmarktakteure der politischen Funktionselite den Schneid abgekauft haben. Positiv geht es um ein Europa, das Armut und soziale Spaltungen überwindet, neue gesellschaftliche Entwicklungshorizonte eröffnet und national geschleifte politische Handlungsfelder transnational neu erschließt.
Die SPD will dem europäischen Fiskalpakt nur »konditioniert zustimmen«, was darauf hinausläuft, eine geringfügig sozial abgemilderte, aber letztendlich krisenverschärfende Austeritätspolitik abzusegnen. Würde die SPD ihre Erklärungen zu Wachstum (»ökologisch ausgewiesen«) und Beschäftigung (»nicht in prekarisierten Formen«) ernst nehmen, müsste sie den Fiskalpakt ablehnen. Ein paar Milliarden für Wachstum und Beschäftigung würden nicht annähernd die Kürzungen bei öffentlichen Investitionen, öffentlichem Konsum, öffentlicher Beschäftigung und Privatisierungen ausgleichen. DIE LINKE hätte also sehr wohl Möglichkeiten, durch Vorschläge für eine Politik des sozialen Wachstums den Druck auf die SPD zu erhöhen – wenn sie sich auf die offensive Auseinandersetzung mit ihr einließe.
Während die Linke in vielen europäischen Nachbarländern diese Herausforderung angenommen hat und als politisch-organisatorische Kraft deutliche Konturen gewinnt, hat DIE LINKE in Deutschland wachsende Schwierigkeiten sich diesen politisch-strategischen Anforderungen zu stellen. Und auch mit Blick auf die massiven Strukturprobleme in der Ökonomie und in anderen gesellschaftlichen Bereichen (z.B. bei Bildung, Gesundheit und sozialer Sicherheit) hat die politische Linke massive Orientierungsschwierigkeiten. Verbunden damit ist eine Unterschätzung der rechtspopulistischen Herausforderung und ihrer Ursachen.
In den 1980er Jahren gehörten in Westdeutschland zwei Drittel der BürgerInnen zur Mittelschicht. 64% betrug der Anteil im Jahr 2000. Heute sind es laut DIW nicht mehr als 60%. Die Oberschicht ist gewachsen, noch viel stärker jedoch die Unterschicht. Die Einkommensungleichheit hat Ausmaße angenommen wie selten in den vergangenen Jahrzehnten. Zentrales Thema nicht nur der »Berliner Republik« ist die »Abwärtsmobilität«. Wer heute unten ist, bleibt länger unten als früher. Das macht Angst. Gerade bei den mittleren Schichten, deren Status sich auf Einkommen und nicht auf Besitz gründet, besteht eine große Sensibilität für Entwicklungen, die diesen Status bedrohen. Ihr Lebensstandard, der sich in beachtlichem Ausmaß auf die Verfügbarkeit und den Zugriff auf öffentliche Güter und Einrichtungen stützt, wird durch die Haushaltskonsolidierungen bedroht, ihre Zukunftsperspektiven verengen sich.
Die Auszehrung der gesellschaftlichen Mitte setzt insbesondere den Konservatismus von unten und oben gleichermaßen unter Druck. Von unten durch den Rechtspopulismus. In einer wachsenden Zahl von Staaten ist das konservative Lager auf deren Unterstützung angewiesen, um regieren zu können. In Frankreich und Österreich drohen die rechtspopulistischen Parteien 2012 und 2013 gar zur stärksten politischen Kraft zu werden. Drei Themen garantieren gegenwärtig deren Erfolg: Ausländerfeindlichkeit mit islamophobischer Zuspitzung, ein Solidaritätsverständnis, das auf dem Sozialstaat aufbaut, diesen aber in ein Instrument der Exklusion (gegen MigrantInnen, »Leistungsverweigerer« etc.) verwandelt, und ein Europapessimismus bis hin zu Europafeindlichkeit. Von oben wird dieser Aufstand des Ressentiments gestützt durch eine »rohe Bürgerlichkeit«, bei der das »klassische Leistungsprinzip zunehmend durch das Prinzip des Erfolgs ersetzt«, strikt nach »Gewinnern« und »Verlierern« sortiert und eine Politik verfolgt wird, die »dazu dient, eine zunehmend dichotome Sozialstruktur zu zementieren und zu legitimieren«.[3] Beide Entwicklungen haben auch im Deutschland Einfluss in der Bevölkerung, aber noch keinen distinkten politisch-organisatorischen Ausdruck gefunden.
Re-Kommunalisierung als Element linker Politik von unten
»Deutschland und Europa brauchen einen Politikwechsel. DIE LINKE steht dafür bereit. Wir unterstützen alle, die ebenfalls für eine solidarischere, gerechtere, demokratischere und friedlichere Gesellschaft streiten: Gewerkschaften, Sozialverbände, Erwerbsloseninitiativen, Kirchen, Attac, Friedens-, Occupy- und andere Bewegungen. Wir wollen ein breites gesellschaftliches Bündnis. Wir wissen, dass es ohne eine breite gesellschaftliche Bewegung keinen Politikwechsel geben wird.« So die Aussage im Leitantrag des Parteivorstands, der wir zustimmen. Dazu muss DIE LINKE aber die offensive Auseinandersetzung mit dem Lager »jenseits der CDU« aufnehmen. Nur dann eröffnet sich die Chance, dass die WählerInnen nachvollziehen können, dass eine linke Oppositionskraft vonnöten ist, um die SPD und andere von krisenverschärfender Austeritätspolitik abzubringen und unter den Druck einer sozial orientierten Wachstumsperspektive zu setzen, statt ihre Profilierung gegen die CDU/CSU in Nebengefechten wie dem um das »Betreuungsgeld« zu suchen.
Der Leitantrag formuliert im Abschnitt »Schaffung guter Arbeits- und Lebensbedingungen« noch einmal die politische Kernforderung »Gute Arbeit – Gutes Leben« der Partei DIE LINKE: »Wir wollen, dass die Menschen vor den Folgen wirtschaftlicher Krisen geschützt werden, von einer guten wirtschaftlichen Entwicklung profitieren und jeder und jedem gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht wird.« Dies muss vor allem im unmittelbaren Lebensumfeld, im kommunalen Lebensraum angegangen werden. Hier werden eine Reihe wichtiger Einzelforderungen erhoben (bestmögliche medizinische Versorgung, eine wohnungspolitische Offensive für bezahlbaren Wohnraum und Sozialen Wohnungsbau, Verhinderung von Armut von Kindern und Ausbau von guter Teilhabe- und Entwicklungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche, die vor Ausgrenzung und Diskriminierung schützen etc.), die in einer breiten Option für Re-Kommunalisierung zusammengefasst werden könnten. Denn »Re-Kommunalisierung« steht auch für ein neues Bewusstsein für den Wert des Öffentlichen sowie für eine Suche nach sachlich begründeten besten Lösungen für die konkrete Erbringung grundlegender Leistungen der Daseinsvorsorge.
Re-Kommunalisierung wäre neben dem Kampf um Gute Arbeit ein weiteres wichtiges Element einer tragfähigen Strategie linker Politik von unten. Mit ihr könnte die Abkehr von Positionen neoliberaler »Eigentümerdemokratie« verbunden werden mit der Popularisierung von alternativen, nichtkapitalistischen Eigentumsformen. Denn die Menschen bringen sie praktisch mit den Erfahrungen mit kommunalen Stadtwerken in Verbindung: Wohnen, Energie, Wasser, Abwasser, überhaupt Ver- und Entsorgung, aber auch öffentlicher Personennahverkehr und die Erzeugung, Erhaltung und Ausbau öffentlicher Infrastruktur. Mit der Tendenz des Staates, sich aus den Öffentlichkeitsbeteiligungen zurückzuziehen, fand und findet eben keine Entscheidungsverlagerung auf zivilgesellschaftliche und transparente Strukturen statt, sondern Entscheidungen wurden und werden auf privilegierte Gruppen mit Marktzugang übertragen.
Re-Kommunalisierung bedeutet auch finanzielle Stärkung der Kommunen, um überhaupt die Voraussetzungen für neue Formen der Demokratie zu schaffen. Dazu muss die Akzeptanz in der Bevölkerung für diese Fragen erhöht werden. Die Kommunen stecken in der tiefsten Haushaltskrise seit Bestehen der Bundesrepublik: Nothaushalte, Streichkonzerte und Sparkommissare sind in aller Munde, die Bundes- und viele Landesregierungen schauen seit langem weg. Stadtpolitik gerät unter den Druck der Prekarisierung des Erwerbslebens einerseits und der nicht mehr kontrollierten Entwicklung der Immobilienpreise andererseits. Die damit verbundene »Logik der leeren Kassen« muss und kann jedoch durchbrochen werden. Ohne Schritte in diese Richtung wird es keine Verringerung von sozialen Ungleichheiten in der Fläche und insbesondere in den Stadtvierteln und Gemeinden mit besonderem Erneuerungsbedarf geben. Viele Kommunen fordern daher eine finanzielle Mindestausstattung als absolute Untergrenze, denn durch Fiskalpakt und Schuldenbremse drohen weitere Belastungen. Allerdings lässt sich die Finanznotlage der Kommunen auf lange Sicht nur durch eine grundlegende Neugestaltung der kommunalen Einnahmequellen lösen.
Der Grundkonflikt, wie eine Sanierung der öffentlichen Finanzen in Übereinstimmung mit den grundlegenden Aufgaben eines leidlich akzeptabel gestalteten Gemeinwesens zu kombinieren ist, wurde in Nordrhein-Westfalen zugunsten von Rot-Grün entschieden. »Der Schuldenabbau ist Teil unserer Politik… Man darf aber das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. (Wir) müssen gleichzeitig auch investieren, gerade in Kinder, Bildung und Vorbeugung. Wir wollen kein Kind mehr zurücklassen. Fakt ist, dass die sozialen Reparaturkosten dramatisch wachsen. Außerdem müssen wir auch über die Einnahmeseite reden.« (Hannelore Kraft) Die Koalitionsregierung hatte – zum politischen Ärger der bürgerlichen Oppositionsparteien – schon in den zurückliegenden Jahren die Nettokreditaufnahme zurückgefahren, gleichwohl Investitionen in dem Bildungsbereich und ein Entlastungsprogramm zugunsten der Kommunen durchgekämpft.
Bislang wurde die etablierte Politik begünstigt durch passable wirtschaftliche Rahmenbedingungen (Arbeitsmarkt, Steuereinnahmen). Bis zu den Bundestagswahlen im Herbst 2013 will die schwarz-gelbe Bundesregierung über den europäischen Fiskalpakt auch die Spielräume für die Kreditaufnahme von Bundesländern und Kommunen enger ziehen. Eine entscheidende Frage wird sein, ob Sozialdemokraten und Grüne, gestützt auf den Politikwechsel in Frankreich, eine wirksame Ergänzung des europäischen Fiskalpaktes und somit mehr Impulse für Wirtschaftswachstum in Berlin durchsetzen können und wollen. Nur so könnten die Kommunen mehr Zeit für den Entschuldungsprozess erhalten.
»Weiter so!« oder Neuerfindung der LINKEN?
Die »Parteiendemokratie« fächert sich aus, ohne dass dies zu einer Revitalisierung des politischen Systems und zu einer Aufwertung zivilgesellschaftlicher Initiativen führen würde. Und auch parteipolitischer Niedergang scheint nur begrenzt neue Lebensgeister freizusetzen. Das Wahlergebnis für die LINKE in NRW (2,5%) war antizipiert und Wochen vor dem Urnengang als letztlich nicht mehr änderbar hingenommen worden. Erst danach sollen nun Weichen neu gestellt werden. Doch auf der Grundlage welcher Wahlauswertung?
Für DIE LINKE ist das Ergebnis eine schwere Niederlage, es bedeutet faktisch »Zurück auf Anfang!«. Die Partei steht wieder da, wo sie 2005 als WASG gestartet war. Doch sie stellt sich heute als ein Sammelbecken von ideologischen Überzeugungstätern dar und weniger als Aufbruch des sozialen Protests. Ihre Wählerinnen blieben zu Hause oder wanderten zur SPD und den Piraten ab. Denn für sie sind Bildungsfragen nicht unbedingt mobilisierend, weil mit der Erfahrung individueller Selektionsniederlagen verbunden. Studiengebühren sind für an den Rand gedrängte Kinder ebenfalls zweitrangig, da hier schon die Erlangung der Hochschulreife den Kostenrahmen ihrer Familien überschreitet. Das Sozialticket wiederum verschreckte jene, die versuchen müssen, mit wenig Geld aus eigener Arbeit über die Runden zu kommen.
Ein politisches »Weiter so!« wird sich DIE LINKE nicht mehr leisten können. Das betrifft nicht nur die nach zum Teil abstoßenden innerparteilichen Auseinandersetzungen zustandegekommene neue Parteiführung. Das betrifft vor allem die mit Blick auf die Personalfrage in den Hintergrund gedrängte Verständigung über die anhaltende Krise und über eine strategische Konzeption. Es wäre schon viel gewonnen, wenn eine erneuerte politische Führung den inhaltlichen und organisatorischen Neuaufbau angehen könnte. Dafür ist eine handlungsfähige, erneuerte Partei auf Bundesebene und im Bundestag gewiss unverzichtbar. Aber wie bereits seit dem Einzug in das Bundesparlament 2005 geht es heute vor allem wieder um die Frage, ob und wie die Fraktionen einen quicklebendigen parteilichen Unterbau bekommen. Das wird aber nur zu erreichen sein, wenn das Eintreten für theoretische Anstrengung und verbesserte politische Analyse nicht als unnützes und zeitraubendes Beiwerk behandelt wird. Und das wird nur funktionieren, indem die Frage einer eigenständigen politischen Kultur der LINKEN wieder in den Vordergrund rückt. Anstelle von Ergebenheitserklärungen und taktischen Spielereien, auch wenn sie im Gestus resignierter Hilflosigkeit daherkommen, dürfte für DIE LINKE auf allen Organisationsebenen wichtig sein, dass sich die verschiedenen Strömungen im Sinne der »Brückenbau-Intention des Grundsatzprogramms« aufeinander zubewegen, die rechthaberischen Gräben verlassen und so die zu lange praktizierte Sprachlosigkeit zwischen den Positionen überwinden. Der neu bestimmten Parteiführung käme dafür eine wichtige Rolle zu. Es muss ja nicht die komplette Neuerfindung der Partei sein, aber Neujustierung und Neuorientierung wären schon erforderlich. Neue Formelkompromisse dürften dabei nicht hilfreich sein, auf bestimmte Zeit verabredete politisch-inhaltliche Allianzen allerdings könnten dazu beitragen, aus der faktischen Sprachlosigkeit herauszukommen.
Die kapitalistische Gesellschaftsformation hat in den Hauptländern mit der Krise der irrationalen Verwendung des Surplus – leistungslose Ansprüche an das Wertprodukt zur Verwertung des eingesetzten Kapitals – zugleich die materiellen Bedingungen einer entwickelteren Produktionsform, zum Übergang zu einem rationellen Umgang mit dem Surplus geschaffen. Die kritischen Potenziale der Zivilgesellschaft und die politische Linke müssen dies thematisieren und zugleich Vorschläge zur Lösung der angesprochenen Probleme und zur Reorganisation sozialer Sicherheit sowie eines Übergangs zur Überflussgesellschaft entwickeln.
Die Alternative zum finanzmarktgetriebenen Kapitalismus kann also nicht einfach nur in der Forderung nach Verstaatlichung etwa des Banken- oder Finanzsystems bestehen, sondern unterstellt einen weitreichenden Prozess gesellschaftlicher Reformen, der die Verschuldungsproblematik nicht nur der Kommunen nicht klein- oder wegredet, sondern eine sozial und ökonomisch tragfähige Perspektive an ihre Lösung knüpft. Dies deutlich zu machen, könnte dazu beitragen, Grüne und Sozialdemokratie zu stellen, der Forderung nach einem Politikwechsel eine eigenständige Kontur zu geben und den Bürgerinnen und Bürgern die Notwendigkeit eines Korrektivs von Seiten der Partei DIE LINKE plausibel zu machen. Es gilt, gesellschaftliche Spielräume für linke Politik auszuloten und gegen den entleerten Sinn der Marktbewegung zu setzen. Dies ist die strategische Herausforderung nicht nur für die nächste Zeit.
Joachim Bischoff, Hasko Hüning und Björn Radke sind Mitglieder der Partei DIE LINKE.
[1] Für eine neue Ära der Solidarität. Für eine offene, streitbare und solidarische Linke. Ersetzungsantrag zum Leitantrag des Parteivorstandes. Dokumentiert unter solidarischelinke.blogsport.de
[2] www.die-linke.de/partei/parteitage/3parteitag1tagung/leitantrag/
[3] Eva Gross/Julia Gundlach/Wilhelm Heitmeyer: Die Ökonomisierung der Gesellschaft. Ein Nährboden für Menschenfeindlichkeit in oberen Status- und Einkommensgruppen, in: W. Heitmeyer (Hrsg.): Deutsche Zustände. Folge 9. Berlin 2010, S. 140.
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